Der Spion der Fugger Historischer Roman
Unterredung in Tomar nachdrücklich um Bestätigung gebeten hatte, dass die »
Flor de la Mar,
dieses verfluchte Schiff, auch wirklich und wahrhaftig für immer und für alle Zeit verloren sein wird – und verloren bleibt!« So hatte der Monarch damals gesprochen. Und der König hatte ihm befohlen: »Er wird sich Gewissheit verschaffen und uns dann auf sein Leben einen Eid leisten, dass nichts, auch nicht der kleinste Kienspan von diesem Schiff jemals wieder in dieser und allen anderen Welten wird auftauchen können!«
Ja, es war wohl von außergewöhnlicher Wichtigkeit für den spanischen Thron, dass die Goldgaleone – wenn sie schon ihr Ziel nicht erreichen konnte – so doch auch für den Rest der Welt verschwunden blieb. Amman Sachs hatte kein gutes Gefühl, dass er nun dem König würde beibringen müssen, dass zumindest die Ladung der
Flor
doch nicht ganz verschwunden war, sondern dem mächtigsten Feind Spaniens noch viel mehr Macht in die Hände gab.
27.
Amman Sachs wurde auf die
caravela latina
gebracht. Der Fugger-Agent entdeckte dort, dass die gesamte Besatzung aus Mönchen und ihren Novizen zu bestehen schien, auch wenn nur die Höherrangigen Kutten trugen. Es wurden kaum mehr Worte gewechselt, als für den sicheren Betrieb des Schiffes nötig. Und alle nannten sich untereinander »Bruder«.
Sachs wurde gleich nach seiner Ankunft an Bord des seltsam wirkenden Seglers in eine kleine Kajüte eingesperrt, was ihn doch sehr erstaunte. Man versorgte ihn aber regelmäßig mit gutem Essen und Trinken und leerte seinen Eimer, doch auf Deck durfte er nicht. Als er einen seiner Wächter einmal fragte, warum man ihn nicht hinaus lasse – er sei doch kein Feind, sondern vielmehr ein Freund –, sagte der Mann zu Sachs’ grenzenlosem Erstaunen, dass man ihn zu seiner eigenen Sicherheit nur unter Deck lassen könne. Man wolle so vermeiden, dass er vielleicht aus Unachtsamkeit über Bord ginge.
Auch die Tatsache, dass seinem Essen stets ein Bissen und seinem Trinken ein Fingerbreit Flüssigkeit fehlte, schien zu bestätigen, dass die Mönche sehr auf sein Wohlbefinden bedacht waren. Trotzdem vermisste er bald die freie Bewegung auf dem Schiff und die frische Luft.
Die Überfahrt über den unendlich weiten Atlantik war diesmal ein qualvolles Unterfangen. Kaum war der Segler vom Land freigekommen und auf offener See, setzten starke Winde ein, die sich bald zu einem gewaltigen Sturm steigern sollten. Nach etwa sieben Tagesreisen gab der Besanmast den unentwegt heranbrausenden Böen nach und brach auf halber Höhe ab. Amman Sachs hörte das ohrenbetäubende Krachen, und sein Wächter berichtete ihm später seltsam gesprächig, dass die Mannschaft nur mit großer Mühe die Takelage losschlagen konnte, damit der zerstörte Mast nicht das ganze Schiff ins Verderben riss.
Mit den nur zwei verbliebenen Masten wurde die Karavelle deutlich langsamer, doch jeder an Bord war froh, nach dem Unglück überhaupt noch auf einem seetüchtigen Schiff zu sein. Doch wegen der langsameren Fahrt und des Kampfes mit den Stürmen dauerte die Passage nun deutlich länger, als ursprünglich berechnet – und bald wurden die Lebensmittelrationen gekürzt und die Wasserzuteilungen beschränkt. Allein der offensichtlich so wertvolle Passagier bekam weiter seine vorzüglichen Mahlzeiten und litt keinen Mangel, sodass er vom Darben der anderen Männer an Bord eine ganze Weile nichts mitbekam.
Schließlich erreichte die angeschlagene Karavelle den Ort Vila do Porto auf der Azoreninsel Santa Maria. Obwohl man mit Amman Sachs an Bord sehr unter Zeitdruck stand, weil der Fugger-Agent offensichtlich so schnell wie möglich zum König von Spanien gebracht werden sollte, entschlossen sich die Mönche, ihr Schiff erst reparieren und mit einem neuen dritten Mast ausstatten zu lassen, ehe man die letzte Etappe nach Osten in Angriff nahm.
Auch während die Arbeiten an Deck der Karavelle ausgeführt wurden, blieb Sachs die ganze Zeit in seiner Kajüte. Doch man besorgte ihm nun andere Bücher zur Lektüre als nur die Bibel, mit der er die bisherige einsame Zeit in seinem bequemen Arrest verbracht hatte.
Nach zwei Wochen in Vila do Porto waren sämtliche Reparaturen ausgeführt, und die Überfahrt ging auf ihre letzte Etappe. Jetzt waren die Winde günstiger, auch wenn sie aus Nordwest kamen und das Schiff leicht nach Süden abdriften ließen. Man machte aber sichere Fahrt, wobei Sachs ein seltsames Gefühl beschlich, als sie aufgrund der Winde jene
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