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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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Lendenschurze ausmachen zu können, mit denen die Männer spärlich bekleidet waren.
    Als seine Augen sich immer besser an die Dunkelheit gewöhnten, sah er die scharf umrissenen Profile der Gesichter, erblickte die festen Kinnpartien, die kühnen geraden Nasen und seltsame Frisuren: Das Haar der Männer schien in unnatürlich langen Strähnen von den Köpfen abzustehen. Dann aber erkannte Sachs seinen Irrtum. Im Spiel der Schatten sah er lange Vogelfedern, die den Männern als Kopfschmuck dienten.
    Die Hand von Tecuichpo legte sich auf seinen Arm, doch er hatte keine Gelegenheit, diese beinahe zärtliche Berührung auszukosten – zu sehr drückte Tecuichpos Geste die Sorge aus, sich durch irgendeine Regung, eine Bewegung, ja einen Atemzug zu verraten. Die ungeheure Spannung, die über dieser verschwörerischen Szenerie lag, war beinahe mit den Händen zu greifen. Und Amman Sachs konnte sich ausmalen, dass die Akteure dieses seltsamen und auf eine nicht zu entschlüsselnde Weise gefährlichen Schauspiels die Wachen auf der
Flor de la Mar
entweder bestochen oder beseitigt hatten, um diesem gewiss verbotenen Treiben ungestört nachgehen zu können.
    Das unbestimmte Leuchten wurde heller und klarer. Amman Sachs konnte jetzt einzelne Gesichter der Männer erkennen, die sich um die große Ladeluke zwischen Besanmast und Großmast aufgestellt hatten. Einer von ihnen, ein hoch gewachsener, würdevoller Indianer, der die anderen um Haupteslänge überragte, war offensichtlich der Häuptling dieser düsteren Gruppe von vielleicht einem Dutzend Männern.
    Mit wachsender Beklemmung erkannte Sachs jetzt auch, dass die Gesichter und die glänzenden nackten Oberkörper der Gestalten mit ihm unbekannten Symbolen und Zeichen bemalt waren; grobe Linien und Zick- Zack- Muster, die die menschlichen Gestalten im fahlen Nachtlicht merkwürdig verfremdeten und ihnen eine seltsame mystische Aura verliehen.
    Plötzlich entstand Bewegung. Der fremde Häuptling hob einen Gegenstand in die Höhe, der wie ein grauer Stoffballen aussah. Doch der Ballen musste sehr schwer sein: Amman sah aus seinem Versteck, wie die Muskeln des großen Mannes sich spannten, als er das Bündel mit beiden Armen hoch über den Kopf hob, als wollte er ihn den anderen mit besonderem Nachdruck zeigen. Stummer, lautloser Jubel schien loszubranden. Die anderen Männer hoben ebenfalls ihre zu Fäusten geballten Hände und schüttelten sie, die Köpfe in den Nacken gelegt, die Münder weit geöffnet, ohne dass ein Laut zu hören gewesen wäre, wie die stummen Schreie von Gespenstern.
    Jetzt nahm der riesenhafte Indianer die Arme und das Bündel wieder herunter, und auch die anderen Männer beruhigten sich. Dann begann der Häuptling die Reihen seiner Leute abzuschreiten, wobei er jedem das schwere Bündel zeigte. Und jeder Mann legte für einen kurzen Moment seine Stirn auf das Bündel. Der Hüne umschritt einmal die Ladeluke, bis er wieder den Ausgangspunkt seiner Wanderung erreichte. Alles geschah in völliger Stille, ohne das leiseste Geräusch.
    Schließlich blickte der Hüne seine Anhänger an, einen nach dem anderen. Dann trat er einen Schritt zurück und nickte bedächtig. Mit einer Plötzlichkeit, die Amman Sachs, den heimlichen Beobachter, vor Schreck zusammenfahren ließ, schritten nun alle anderen Männer auf den Häuptling zu, wobei jeder ein langes Messer aus dem Gürtel an der Schürze zog und sich in einer ruckartigen Bewegung den Unterarm ritzte.
    Augenblicke später erreichten die Männer den Häuptling, der das seltsame Bündel noch immer in Händen hielt, und drückten die blutenden Unterarme auf den offenbar mystischen Gegenstand.
    Zum ersten Mal fragte sich Amman Sachs, was in dem Bündel sein mochte, das durch einen heidnischen Zauber verflucht zu sein schien.
    Als der Häuptling das Bündel jetzt nahm und durch die Luke hinunter in den Laderaum stieg, überlegte der Fugger-Agent erneut, was es mit diesem Bündel wohl auf sich hatte. Doch ihm fiel keine Erklärung ein.
    Für einen Moment herrschte wieder völlige Stille auf dem Schiff, als würde die Zeit den Atem anhalten. Selbst die Tiere an Land ließen keine Geräusche mehr vernehmen. Dann kam der schön geschnittene Kopf des hünenhaften Indianers im schwarzen Viereck der offenen Luke wieder zum Vorschein; in einer geschmeidigen Bewegung kletterte er zurück ins Freie, allerdings ohne das Bündel. Er musste es irgendwo im Laderaum versteckt haben. Amman Sachs nahm sich vor, später einmal

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