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Der Spion der Fugger Historischer Roman

Der Spion der Fugger Historischer Roman

Titel: Der Spion der Fugger Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Kessing
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durch ein unglückliches Schicksal verloren ging?
    Amman Sachs lehnte sich für einen Augenblick mit dem Rücken an das Achterkastell, von dem aus der Navigator später seine für die sichere Überfahrt so entscheidenden Kommandos geben würde, und blickte beschwörend über das nun vor ihm liegende Schiff, als wollte er die
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mit der Kraft seiner Gedanken schützen und vor den Widrigkeiten der langen Überfahrt bewahren. Doch die Angst vor dem eigenen Versagen blieb.
    »Herrgott, wir bitten dich«, betete er leise, »beschütze dieses Schiff und die Männer, die es über das große Meer fahren wollen. Schicke ihnen günstige Winde. Mach sie und ihr Schiff stark und wende alles Unheil von ihnen ab.«
    Sachs atmete tief durch und wollte sich gerade von der hölzernen Wand des Achterkastells abstoßen, um seinen Rundgang fortzusetzen, als er im Augenwinkel unter dem Aufgang zum Kastell eine leichte Bewegung wahrnahm. Reflexartig fuhr er herum, doch schon legte eine weiche Hand sich auf seinen Mund, und zu seiner Überraschung trat Tecuichpo für einen Moment aus dem Schatten des Aufgangs in das spärliche Licht der Laternen, um sofort wieder in der undurchdringlichen Finsternis ihres Verstecks zu verschwinden.
    Mit der Hand, die sich eben auf Amman Sachs’ Lippen gelegt hatte, um ihn verstummen zu lassen, zog die Mexikanerin den verdutzten Agenten nun mit sich in die dunkle Nische.
    »Seid leise«, flüsterte sie.
    »Was ist denn?« Sachs war die Sache nicht geheuer.
    »Pssst, seid still. Sonst bringt man Euch um.«
    Die Mexikanerin hatte ruhig und gelassen gesprochen; umso schwerer wogen ihre Worte, und der Fugger-Agent gehorchte, auch wenn ihm die Situation höchst seltsam vorkam.
    Ganz entspannt, wie es schien, beobachtete Tecuichpo die Finsternis und lauschte still in die Nacht, wobei sie zwischen den Stufen des Aufgangs zum höher gelegenen Kommandodeck hindurch auch das vor ihnen liegende Hauptdeck beobachtete. Irgendetwas veränderte sich, ohne dass Sachs sofort hätte sagen können, was es war. Ein zischendes Geräusch vermischte sich mit den anderen nächtlichen Lauten, die vom Land herüber klangen. Dann endlich erkannte Sachs, was sich in seinem Blickfeld verwandelte.
    »Sie löschen die Lichter . . .«, sagte er flüsternd. Er fühlte mehr das zustimmende Nicken der Mexikanerin, als dass er es sah. Sachs fragte sich verwirrt, wo die Wachen waren, die an Land und auf dem Schiff das Gold in den Frachträumen bewachen sollten. Und er wunderte sich immer mehr darüber, was die schöne Mexikanerin zu dieser Zeit und an diesem Ort eigentlich machte. Dass ihr Hiersein ihm selbst und seiner Sicherheit galt, auf diesen Gedanken kam Amman nicht.
    Für einen Moment umfing ihn und Tecuichpo völlige Finsternis. Sämtliche Lichter waren von unbekannter Hand gelöscht worden. Amman Sachs fühlte, wie das Verlangen in ihm wuchs, die Frau neben sich zu berühren und ein verbotenes Spiel zu spielen, wie nur die Nacht es erlaubte. Doch augenblicklich, als hätte die Mexikanerin ihn mit einem bloßen Gedanken dazu ermahnt, wurde er sich wieder dereben erst ausgesprochenen Warnung bewusst.
    Erneut waren verräterische Laute zu vernehmen: ein leichtes Schaben auf Holz, als würde jemand barfuß über das Deck schleichen. Rasch waren es mehr als ein Paar Füße, und bald schon glaubte Amman Sachs, eine ganze Prozession nackter Sohlen vernehmen zu können, die sich über Deck bewegten. Doch so sehr er sich auch anstrengte, in der völligen Finsternis auf der Galeone konnte er nichts und niemanden ausmachen.
    Ein beklemmendes Gefühl machte sich in der Brust des Fugger-Agenten breit, eine unbestimmte Sorge, beinahe schon Angst, wie man sie nur in unerforschten Regionen des eigenen Innern verspüren kann, oder in einem fremden Land auf einem fremden Kontinent unter einem fremden Sternenhimmel mit fremdartigen Geräuschen, unbekannten Gerüchen und mit fremdartigen Menschen um sich herum, über die man wenig mehr wusste, als man in ein paar Begegnungen mit diesen Menschen erlebt hatte.
    Amman Sachs hätte nicht sagen können, was es auslöste – ob der Mond durch die Wolkendecke brach oder gar die Goldgaleone selbst zu leuchten begann –, doch allmählich konnte er Schemen auf dem Deck erkennen, dunkle Silhouetten, die sich vor einem nur wenig helleren Hintergrund abzeichneten. Sachs erkannte die massigen Körper großer, kräftiger Männer; er sah das Spiel der Muskeln unter nackter Haut und vermeinte,

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