Der Spion der Fugger Historischer Roman
über den neuen Kredit für den Habsburger-König zu verhandeln und nachzudenken, würde das Desaster der
Flor de la Mar
schnell vergessen sein. So hoffte der Fugger-Agent zumindest.
Und tatsächlich war Martin Fugger schnell damit beschäftigt, vor seinem Untergebenen laut darüber nachzudenken, wo er – natürlich – so viel Gold würde herbekommen können.
»Eine unglaubliche Summe. Und eine unglaublich kurze Zeit. Zwei Monate für den Gegenwert von einer Millionen fünfhunderttausend Pesos. So viel haben wir natürlich nicht hier in den Truhen.« Wieder das alberne Lachen. »Aber ja, das können wir schaffen. Das werde
ich
schaffen! Wenn die Welt dieses Gold zum Frieden braucht, werden wir es besorgen. Und vielleicht kann Philipp von Spanien in eigener Person dazu beitragen, den Verlust wettzumachen, den er selbst uns mit seinem eigenmächtig proklamierten Staatsbankrott seinerzeit beigebracht hat! Vortrefflich!«
Amman Sachs richtete sich kerzengerade auf. Was hatte der Regierer da gerade gesagt?
Im Jahr 1557 hatte König Philipp sich per Dekret für zahlungsunfähig erklärt, mit der Folge, dass er sämtliche Schuldenzahlungen einstellte. Es hieß, die Fugger als sein größer Gläubiger hätten damals ein Drittel ihres gewaltigen Vermögens verloren. Der alte Anton Fugger selbst hatte diese bis dahin größte Krise des Handelsimperiums schließlich zwar noch bewältigen können, aber vom entstandenen Schaden hatten die Geschäfte sich nie wieder richtig erholt. Und ausgerechnet diese Scharte wollte Martin Fugger als Erbe der Lichtgestalt seines Ahnen Anton Fugger auswetzen?
Amman Sachs hielt das für keine gute Idee. Doch in weiser Voraussicht, dass er an einem solchen, einmal gefassten Entschluss ohnehin nichts würde ändern können, behielt er seine Bedenken für sich – und zog auch sonst still seine ganz eigenen Schlüsse aus dem Gehörten.
Da Martin Fugger offensichtlich bereits mit dem Berechnen des Profits beschäftigt war, den ihm der künftige neue Kontrakt mit dem spanischen König einbringen sollte, bat Amman Sachs um seine Entlassung für heute, weil er seit seiner Rückkehr noch nicht bei sich zu Hause gewesen sei. Der Prinzipal schien froh, den Störenfried in seinen Träumereien loswerden zu können, und winkte seinen Agenten ohne weiteren Kommentar aus der Kanzlei.
Wieder im Flur konnte Amman Sachs sein Glück kaum fassen, so ungeschoren von seinem Misserfolg davongekommen zu sein. Aber er hatte die Rechnung ohne den Hauptfaktor gemacht, der offensichtlich nur darauf gewartet hatte, dass der Schweizer aus der Goldenen Schreibstube herauskommen würde. Er wartete bereits gegenüber in der geöffneten Tür seiner eigenen Kanzlei. Mit dem Kurier war er demnach endlich fertig.
»Ihr seht so gut gelaunt aus, Sachs. Ist das nicht unangebracht, wenn man bedenkt, welchen neuerlichen Misserfolg Ihr verursacht habt? Aber kommt, tretet ein!«
Kaspar Peutinger war ein befehlsgewohnter Mann. Eigentlich war seine Anwesenheit beruhigend, denn seine Zielstrebigkeit war wahrscheinlich das Einzige, was das Fuggerimperium überhaupt am Leben erhielt und noch sicheren Gewinn einbrachte. Trotzdem war der Umgang mit diesem Mann für Amman Sachs aus mancherlei Gründen unangenehm. Und dessen waren beide Männer sich auch bewusst.
Die Kanzlei des Hauptfaktors war wesentlich kleiner als die des Regierers und auch deutlich schlichter ausgestattet. Dafür gab es neben den obligatorischen Schreibpulten große Tische, auf denen eine Vielzahl von Dokumenten, Karten und Kodizes lagen, die von den vielfältigen Arbeiten kündeten, die hier erledigt wurden.
Außer Peutinger und Sachs war noch ein Schreiber anwesend, der mit dem Sortieren von Papieren beschäftigt schien und sich dabei immer wieder Notizen machte.
»Ihr wart bereits beim Fugger?«, begann der Hauptfaktor das Gespräch, wobei er in den Papieren auf dem weiten Tisch zu suchen begann und schließlich eine prächtig gemalte Weltkarte herauszog und vor sich ausbreitete. »Was habt Ihr ihm erzählt?«
Amman Sachs wiederholte seinen Bericht, wobei er die von Peutinger hervorgeholte Karte nutzte, um die Route seiner Reise und auch der Goldgaleone zu zeigen, wie auch den ungefähren Ort, an dem das Schiff verloren gegangen sein musste. Auch von dem Treffen mit dem spanischen König und dessen Forderungen erzählte er ausführlich.
»In der Tat, mit dieser Forderung war nach dem Verlust der
Flor de la Mar
zu rechnen«, kommentierte der Hauptfaktor. Für
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