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Der Spion der mich liebte

Titel: Der Spion der mich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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neugieriger Schnüffler befand sich immer am Schauplatz des Verbrechens. Verbrechen? Ja, natürlich war es eines, das schlimmste im puritanischen England.
    Automatisch hatte ich mein Haar und mein Aussehen etwas in Ordnung gebracht. Ich warf einen letzten Blick in den Spiegel. Dann eilte ich die Straße hinauf und bog ab, lief, eng an die Mauer gepreßt, den Windsor Hill hinunter, in der Angst, daß die Menschen stehen bleiben und mit den Fingern auf mich zeigen würden. »Da läuft sie, das dreckige kleine Schwein!«
    4
    Meine Qualen waren an jenem Sommerabend noch nicht beendet. Gegenüber von Füller stand ein Polizist bei Dereks Wagen und redete auf ihn ein. Derek drehte sich um und sah mich. »Da ist sie, Herr Wachtmeister. Ich sagte ja, sie würde jeden Augenblick wieder da sein. Sie mußte - äh - ihre Nase pudern. Nicht wahr, mein Schatz?«
    Ein neuer Schreck! Neue Lügen! Atemlos sagte ich ja und stieg in den Wagen. Der Polizist grinste mich verständnisinnig an und sagte zu Derek: »Na schön, junger Mann. Aber vergessen Sie nächstesmal nicht, daß am Berg Parken verboten ist. Selbst in einem Notfall wie diesem.« Derek dankte dem Polizisten, zwinkerte ihm zu, als hätten sie sich soeben einen unanständigen Witz erzählt, und endlich fuhren wir ab. Derek hüllte sich in Schweigen, bis wir am Fuß des Hügels nach rechts abbogen. Ich dachte, er würde mich zum Bahnhof bringen, doch er fuhr weiter die Straße nach Datchet entlang. »Puh!« Er seufzte erleichtert auf. »Das ist noch einmal gut gegangen. Ich dachte schon, es hätte uns erwischt. Wenn ich mir vorstelle, daß meine Eltern morgen in der Zeitung einen Bericht über uns lesen ... Reizend! Und Oxford! Ich wäre abgemeldet gewesen.« »Es war grauenhaft!«
    In meiner Stimme lag so viel Entsetzen, daß er mich von der Seite anblickte.
    »Na ja, der Pfad der wahren Liebe und so weiter.« Seine Stimme klang unbefangen. Er hatte sich schon wieder erholt. Wann würde ich es überwunden haben? »Eigentlich verdammtes Pech«, fuhr er leichthin fort. »Gerade, als wir so weit waren.« Er legte Eindringlichkeit in seine Stimme, um mich, mitzureißen. »Ich sag' dir was! Dein Zug geht erst in einer Stunde. Gehen wir doch ein bißchen am Fluß spazieren. Der Weg ist bei den Liebespärchen von Windsor sehr beliebt. Völlig einsam. Wäre doch schade, das alles ungenutzt zu lassen.«
    Ich war entsetzt. »Derek, nein!« erwiderte ich beschwörend. »Ich kann nicht. Ich kann einfach nicht. Du hast ja keine Ahnung, wie scheußlich mir nach dem, was vorgefallen ist, zumute ist.«
    Er streifte mich mit einem flüchtigen Blick. »Wieso scheußlich? Ist dir übel, oder was?«
    »Nein, das meine ich nicht. Es - es war nur alles so gräßlich. So beschämend.«
    »Ach so!« Verachtung schwang in. seiner Stimme. »Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, oder nicht? Komm, sei kein Spielverderber.«
    Da war es wieder. Doch ich hatte den Wunsch, getröstet zu werden, seine Arme um meinen Körper zu spüren, sicher zu sein, daß er mich noch liebte, obwohl alles für ihn so verpfuscht worden war. Trotzdem begann ich innerlich zu zittern bei dem Gedanken, noch einmal alles von vorn durchmachen zu müssen. Ich umfaßte ineine Knie mit den Händen und sagte: »Na ja ... «
    »So mag ich mein kleines Mädchen!«
    Wir fuhren über die Brücke, und Derek steuerte den Wagen an den Straßenrand. Er half mir über ein Gatter auf ein Feld, legte seinen Arm um mich und führte mich einen schmalen Ziehweg entlang, am Hausbooten vorbei, die im Schutz der Trauerweiden verankert lagen. »So eines müßten wir haben«, meinte er. »Sollen wir einfach in eines einbrechen? Mit einem schönen Doppelbett und sicherlich etwas Trinkbarem im Schrank.«
    »Nein, Derek, um Himmels willen! Wir haben schon genug Ärger gehabt.«
    Derek lacht. »Vielleicht hast du recht. Das Gras ist ja genau so weich. Bist du nicht aufgeregt? Du wirst sehen; es ist wunderbar. Dann sind wir wirklich Liebende.« »O ja, Derek. Aber du wirst doch zärtlich zu mir sein, nicht wahr? Es ist das erstemal, und ich mache sicher alles falsch.« Derek preßte mich an sich. »Keine Angst. Ich zeig's dir schon.«
    Ich fühlte mich wohler, stärker. Es war wunderschön, mit ihm im Mondlicht durch das Gras zu wandern. Doch vor uns erhob sich eine Baumgruppe, und ich blickte scheu und voller Angst dorthin. Ich wußte, daß es dort geschehen würde. Ich mußte es ihm leicht machen und schön. Jetzt durfte ich nicht albern sein und

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