Der Spion der mich liebte
Empfangssekretärin des Motels am vorhergehenden Tag gegangen war, daß ihr und ihrem Mann infolge der Vorbereitungsarbeiten für die Schließung jedoch keine Zeit blieb, ständig am Empfang zu sein. Ob ich nicht Lust hätte, diesen Posten für die letzten zwei Wochen zu übernehmen? Sie würden mir freie Unterkunft und Verpflegung bieten und dreißig Dollar Gehalt in der Woche.
Mir kam der Vorschlag gar nicht ungelegen, denn ich hatte auf meinen Besichtigungsfahrten in den Adirondacks fünfzig Dollar zuviel ausgegeben. Wenn ich mir hier sechzig Dollar verdienen und dazu frei leben konnte, würde das das Defizit wieder ausgleichen. Sehr sympathisch waren mir die Phanceys zwar nicht, doch ich sagte mir, daß sie auch nicht schlimmer sein würden als andere Leute, denen ich auf meiner Fahrt begegnet war. Zudem war dies die erste Stellung, die man mir in den Vereinigten Staaten angeboten hatte, und ich war neugierig, wie es sich anlassen würde. Vielleicht würden sie mir sogar ein Zeugnis schreiben, das es mir erleichtern würde, später auf meinem Weg nach Süden ähnliche Stellungen zu finden.
Nachdem ich mich also höflich über die Pflichten, die mir oblagen, erkundigt hatte, erklärte ich mich einverstanden. Die Phanceys schienen sehr erfreut zu sein, und Millicent, so mußte ich Mrs. Phancey jetzt nennen, zeigte mir die Bücher und warnte mich vor Gästen mit wenig Gepäck und großen Kombiwagen.
In diesem Zusammenhang lernte ich die weniger erfreuliche Seite des Motelgeschäfts kennen. Offenbar gab es Leute, insbesondere Jungverheiratete Paare, die, um den Schein zu wahren, mit einem einzigen Koffer in einsam gelegenen Motels einkehrten. Dieser Koffer enthielt in Wirklichkeit nichts anderes als einen Werkzeugkasten und falsche Nummernschilder für den Wagen. Nachdem das Pärchen sich in seinem Zimmer eingeschlossen hatte, würde es warten, bis im Büro das Licht ausging. Sobald das Motelpersonal im Bett war, würde das Paar rasch und tatkräftig ans Werk gehen, Bettwäsche, Handtücher und Duschvorhänge einsammeln, die Beleuchtungskörper abnehmen, die Toilettensitze, ja die Toilette selbst, wenn das möglich war, abmontieren. Sie arbeiteten natürlich im Dunkeln, mit kleinen Taschenlampen bewaffnet, und wenn alles bereit war, etwa gegen zwei Uhr morgens, trugen sie einfach alles hinaus und luden es in ihren Wagen. Zum Schluß pflegten sie die Teppiche aufzurollen und mit der Unterseite nach oben zur Tarnung über ihr Diebesgut im Wagen zu breiten. Dann tauschten sie im allgemeinen die Nummernschilder aus und machten sich still und heimlich davon, um ihr neues unmöbliertes Schlafzimmer einzurichten. Zwei oder drei weitere Fischzüge dieser Art würden genügen, um auch das Wohnzimmer und das Gästezimmer einzurichten. Wenn sie einen Garten oder eine Veranda besaßen, pflegten sie häufig noch einer Villa in einem guten Stadtviertel einen Besuch abzustatten, um sich dort Gartenmöbel, vielleicht sogar einen Rasenmäher und ähnliche Gartengeräte zu holen.
Mrs. Phancey erklärte mir, daß die Motels solchen Diebstählen nur in beschränktem Umfange vorbeugen könnten. Natürlich war alles, was sich festschrauben ließ, festgeschraubt und mit dem Namen des Motels gekennzeichnet, aber das half nicht viel. Die einzige Hoffnung bestand darin, die Räuber schon zu erkennen, wenn sie sich einschrieben, und sie dann entweder abzuweisen oder die ganze Nacht mit einer Schußwaffe auf der Lauer zu liegen. In den Städten mußten sich die Motels mit anderen Problemen herumschlagen, mit Prostituierten, die dort ihr Hauptquartier aufschlugen, Mördern, die Leichen im Duschraum zurückließen, und von Zeit zu Zeit mit einem Raubüberfall. Doch ich brauchte mir darüber keine Sorgen zu machen. Wenn mir etwas nicht hasenrein vorkam, sollte ich nur Jed zu Hilfe rufen. Er konnte sich seiner Haut wehren und besaß eine Waffe. Mit diesem kühlen Trost überließ man mich meinen Gedanken über die dunklere Seite der Motelindustrie.
Natürlich ging alles glänzend, und die Arbeit war kein Problem. Es gab so wenig zu tun, daß ich mich eigentlich wunderte, wieso die Phanceys mich eingestellt hatten. Doch sie waren beide faul und bezahlten mich ja nicht aus ihrer Tasche, und ich vermutete, daß ein weiterer Grund Jeds Hoffnung gewesen war, mit mir leichtes Spiel zu haben. Doch auch das war für mich kein Problem. Ich mußte lediglich dem Griff seiner Hände ausweichen und ihn durchschnittlich einmal pro Tag von oben herab
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