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Der Spion der mich liebte

Titel: Der Spion der mich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Schmetterlingen die Flügel und Beine ausreißen würde, und ich wünschte mir voll Verzweiflung, ich hätte Kleider angezogen, die weniger herausfordernd wirkten.
    Als er sein Taschentuch eingesteckt hatte, musterte er mich von oben bis unten. Dann ging er um mich herum und ließ einen langen Pfiff hören, als er wieder vor mir stand. »Mensch, Horror!« Er zwinkerte dem anderen Mann zu. »Das ist 'ne Puppe! Tolles Untergestell! Schau dir das mal an!« »Jetzt nicht, Sluggsy. Später. Mach dich auf die Socken und durchsuche die Zimmer. Die Dame hier wird uns inzwischen was zu essen machen. Wie willst du deine Eier?« Sluggsy grinste mich noch immer an. »Rührei, mein Schatz! Nicht so trocken. So wie Muttern sie gemacht hat. Sonst muß Papa dich verhauen. Direkt auf dein appetitliches Hinterteil! Menschenskind!« Er tänzelte wie ein Boxer, der Fußarbeit übt, auf mich zu, und ich wich zurück bis zur Tür. Ich tat so, als sei ich ängstlicher, als ich wirklich war, und als er in Reichweite kam, schlug ich ihm mit aller Kraft ins Gesicht. Bevor er sich noch von seiner Überraschung erholt hatte, stürzte ich zur Seite, hob einen der kleinen Metallstühle und hielt ihn so vor mich hin, daß die Beute auf ihn gerichtet waren. Der magere Mann ließ ein bellendes Lachen hören. »Nichts da, Sluggsy. Später, habe ich gesagt. Laß das kleine Miststück in Ruhe. Du hast noch die ganze Nacht Zeit. Los, nimm dir jetzt die Zimmer vor.«
    Die Augen in dem bleichen Mondgesicht waren vor Erregung gerötet. Die feuchten Lippen verzogen sich zu einem widerlichen Lächeln. »Weißt du was, mein Schatz? Du hast dir eben die Nacht deines Lebens verdient. Kapiert?« Ich blickte die beiden hinter meinem Stuhl hervor an. Innerlich zitterte ich. Doch irgendwie gelang es mir, mit ruhiger, unbewegter Stimme zu sprechen. »Wer sind Sie? Was soll das alles? Zeigen Sie mir endlich Ihre Ausweise! Sobald das nächste Auto vorbeifährt, schlage ich ein Fenster ein und schreie um Hilfe. Ich bin aus Kanada. Wenn Sie mir etwas tun, dann werden Sie morgen Ihr blaues Wunder erleben.« Sluggsy lachte. »Morgen ist morgen. Darüber brauchst du dir doch heute keine Sorgen zu machen, Baby.« Er wandte sich an den Mageren. »Vielleicht solltest du ihr lieber reinen Wein einschenken, Horror! Dann ist sie vielleicht nicht mehr so widerspenstig.« Horror blickte mich an, kalt, ohne Interesse. »Sie hätten Sluggsy nicht schlagen sollen, verehrte Dame. Der Bursche hat's in sich. Er mag es nicht, wenn er bei der Weiblichkeit keinen Anklang findet. Dann meint er, das kommt von seinem Aussehen. Das hat er sich in San Quentin geholt. Eine nervöse Krankheit. Wie heißt sie gleich wieder, Sluggsy?« Sluggsy plusterte sich stolz auf. Langsam und sorgfältig sprach er die lateinischen Wörter aus: »Alopecia totalis. Das heißt, kein Haar, verstanden? Nicht eines.« Er deutete auf verschiedene Körperstellen. »Hier nicht, und hier auch nicht, und da auch nicht.«
    »Deshalb gerät Sluggsy leicht in Wut«, fuhr Horror fort. »Er fühlt sich nämlich vom Leben zurückgesetzt. Wenn du so 'ne Krankheit hättest, wärst du vielleicht auch so. Er hat einen interessanten Beruf. Die Leute bezahlen ihn, damit er andere zwingt, das zu tun, was seine Auftraggeber wollen. Verstehst du mich? Er arbeitet für Mr. Sanguinetti, und Mr. Sanguinetti hielt es für ratsam, uns hierherzuschicken. Wir sollen aufpassen, bis der Lastwagen kommt. Mr. Sanguinetti wollte eine junge Dame wie Sie nicht die ganze Nacht allein hierlassen. Deshalb hat er uns geschickt. Richtig, Sluggsy?« »Genau.« Der Kahle lachte leise. »Wir wollen dir Gesellschaft leisten, Baby. Damit dich die Wölfe nicht überfallen können. Bei deinen Kurven brauchst du bestimmt manchmal Schutz.«
    Ich senkte den Stuhl ein wenig. »Also, wie heißen Sie? Wo haben Sie Ihre Ausweise?«
    Auf dem Regal über der Bar stand die letzte Büchse MaxwellKaffee. Sluggsy wirbelte plötzlich herum, und in seiner rechten Hand - ich hatte gar nicht gesehen, wie er den Revolver gezogen hatte - blitzte es auf. Ein Schuß krachte. Die Büchse stürzte um und fiel vom Regal. Sie hatte den Boden noch nicht erreicht, da peitschte ein zweiter Schuß, und braunes Kaffeepulver spritzte auseinander. Dann war es still. Der Revolver war verschwunden. Sluggsy drehte sich nach mir um. Seine Augen blickten mich fast heiter an.
    »Na, zufrieden mit unseren Ausweisen, Baby?« fragte er sanft.
    Die kleine Wolke blauen Rauchs erreichte mich, und ich

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