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Der Spion der mich liebte

Titel: Der Spion der mich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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auf den Teppich und sprach mein Abendgebet. Schließlich nahm ich noch zwei Tabletten Aspirin ein, drehte die Petroleumflamme ganz klein und blies sie durch die Öffnung des Glaszylinders aus. Nachdem ich den Reißverschluß meines Overalls aufgezogen hatte, legte ich mich auf das Behelfsbett und kuschelte mich in die Decken. Ich nehme sonst nie Tabletten. Die beiden Aspirin hatte ich mir, nachdem ich aufmerksam die Gebrauchsanweisung gelesen hatte, aus meiner kleinen Reiseapotheke geholt. Ich war so erschöpft und zerschlagen, daß die Tabletten auf mich wie Morphium wirkten, und ich versank bald in einen wunderbaren Halbschlaf, in dem es keine Gefahr gab, sondern nur dieses dunkle, erregende Gesicht und das Staunen, daß es solche Männer wirklich gab. Ich dachte an die erste Berührung seiner Hand, die das Feuerzeug gehalten hatte, erlebte noch einmal seinen Kuß, und dann, nachdem ich noch einmal flüchtig an den Revolver unter meinem Kopfkissen gedacht hatte, fiel ich in einen tiefen Schlaf.
    Doch plötzlich war ich hellwach. Einen Moment lag ich regungslos da und versuchte, mich zu erinnern, wo ich mich befand. Der Wind hatte sich gelegt, und die Bäume rauschten leise. Ich merkte, daß ich auf dem Rücken lag. Davon war ich erwacht. Ich starrte auf den roten Lichtschimmer an der gegenüberliegenden Wand. Der Mond war wieder hinter den Wolken hervorgekommen. Wie unheimlich still es war! Die Ruhe war so beruhigend nach den Stunden des Sturms. Ich wurde wieder schläfrig und drehte mich zur Seite, mit dem Blick ins Zimmer. Ich schloß die Augen. Doch als der Schlaf mich wieder umfangen wollte, zerrte eine innere Unruhe an mir. Als ich vorhin die Augen geöffnet hatte, war mir irgend etwas Ungewöhnliches im Zimmer aufgefallen. Unwillig schlug ich sie wieder auf. Es dauerte minutenlang, ehe mir klar wurde, was ich gesehen hatte. Aus den Ritzen der Tür des Kleiderschrankes, der an der gegenüberliegenden Wand stand, drang ein kaum wahrnehmbarer Lichtschimmer. Wie dumm! Ich hatte die Tür nicht richtig zugemacht, und das automatische Licht im Innern war aufgeflammt. Widerwillig stand ich auf. Doch nachdem ich zwei Schritte gemacht hatte, fiel mir plötzlich ein, daß in dem Schrank gar kein Licht sein konnte. Der Strom war doch abgestellt! Ich preßte die Hand an den Mund. Und dann, als ich mich umwandte, um den Revolver zu packen, sprang die Schranktür auf, und die gebückte Gestalt Sluggsys stürzte auf mich zu. In der einen Hand hielt er eine Taschenlampe, in der anderen irgend etwas, das hin- und herschwang. Bevor ich schreien konnte, war er schon bei mir. Ein Schlag traf mich an der Schläfe, und ich spürte, wie ich zu Boden fiel. Dann versank ich in Dunkelheit.
    Als ich wieder zu mir kam, empfand ich zunächst ein Gefühl glühender Hitze und spürte, daß ich über den Boden geschleift wurde. Dann roch ich das Feuer, sah die Flammen und wollte schreien. Doch nichts kam aus meinem Mund als der winselnde Klagelaut eines Tieres, und ich begann, mit den Füßen zu strampeln. Doch die Hände hielten meine Knöchel fest umspannt, und plötzlich merkte ich, daß ich durch feuchtes Gras und abgebrochene Äste gezerrt wurde, über holprigen Boden, auf den mein Kopf schmerzhaft aufschlug. Dann lockerte sich der Griff der Hände um meine Knöchel, und ein Mann kniete neben mir, seine starke Hand auf meinen Mund gelegt. Nah an meinem Ohr flüsterte eine Stimme, James Bonds Stimme: »Sei ganz ruhig! Rühr dich nicht. Alles ist gut. Ich bin es.«
    Ich streckte die Hand nach ihm aus und berührte seine Schulter. Sie war unbekleidet. Ich drückte sie zum Zeichen meines Verständnisses, und die Hand hob sich von meinen Lippen. »Warte hier!« flüsterte er. »Rühr dich nicht. Ich bin gleich wieder da.« Dann verschwand er lautlos.
    Lautlos? Wer konnte das sagen. Jedes Geräusch wäre von dem wütenden Fauchen und Prasseln der lodernden Flammen hinter mir verschluckt worden. Die Bäume waren in hellrotes Licht getaucht. Zu meiner Rechten dehnte sich ein breites Flammenmeer, von dem das Gästegebäude rasch verschlungen wurde. Er hatte mich gerettet! Ich betastete meinen Körper und strich mir mit der Hand über das Haar. Ich hatte keinen Schaden erlitten. Nur mein Hinterkopf schmerzte. Ich stand auf und versuchte mir klarzumachen, was geschehen war. Das letzte, woran ich mich erinnern konnte, war der Schlag, der mich getroffen hatte. Das Motel mußte in Brand gesetzt worden sein, und James war gerade noch rechtzeitig

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