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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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dieses Haus einbruchsicher machen kannst. Bis ich wiederkomme, mußt du dich entschieden haben, welche Geschichte du mir erzählen willst. Einverstanden?«
    Er trat auf sie zu und küßte sie auf die Wange.
    »Im Schrank sind Kleider und Sachen zum Lesen, die Speisekammer ist wohlgefüllt. Wenn du mich brauchst, kannst du mich im De France anrufen. Komm«, sagte er und schob sie sanft vor sich her, »du mußt lernen, wie die Videosprechanlage und die Schlösser funktionieren. Hier klingelt kein Briefträger, also mach nie die Tür auf und nimm das Telefon nur ab, wenn du mein Signal hörst: ich lasse es dreimal klingeln und hänge wieder ein, gleich darauf rufe ich noch einmal an, dann kannst du abnehmen. Gut so?«
    Sie nickte entnervt.
    Als er ging, blieb Veronica hinter dem Vorhang stehen, um ihm nachzusehen. Sie hätte am liebsten geweint.
     
     
    Guthrie ließ das Taxi anhalten, als er die Telefonzelle gleich neben einem Zeitungsstand sah. Er wollte Renn anrufen. Als sein Freund nicht abnahm, machte er sich keine Sorgen, sondern dachte, daß er vielleicht irgendwo außerhalb der Stadt zum Essen geblieben war. Er konnte nicht wissen, daß Renn in diesem Augenblick noch als Gast in dem Sandsteinhaus weilte und, mit Pentotal vollgestopft, gerade dabei war, Franz sein ganzes Leben zu offenbaren, einschließlich der Geschichte, wie er einem alten Freund einen Gefallen erwiesen hatte.
    Guthrie verließ die Telefonzelle und stieg wieder ins Taxi. Es war fast drei Uhr nachmittags, er wollte jetzt noch zum Kongreß und danach in seine Praxis, wo ihn um fünf Uhr ein Patient erwartete. Anschließend wollte er sich mit dem Direktor des Gutenbrunn in Verbindung setzen.
    Der Kongreßsaal war noch voller als am Tag zuvor. Guthrie begab sich zu seinem Sitz, auf dem Platz neben ihm saß bereits Ogden.
    »Guten Tag«, sagte Guthrie und setzte sich.
    »Guten Tag, Doktor. Gut amüsiert heute früh?« fragte Ogden leise, ohne den Blick vom Podium zu wenden.
    »Nicht besonders. Aber ihr habt mich langsam allzusehr eingeengt.«
    »Im Sarg wird es bald noch enger für Sie, wenn Sie weiterhin so verantwortungslos vorgehen. Kommen Sie«, sagte er und erhob sich. »Wir müssen uns unterhalten. Hier versäumen Sie nichts, Ihre heutigen Kollegen sind so originell, für das Jahr 2000 ein weltweites Massensterben vorherzusagen. Gehen wir hinaus, um nicht zu stören.«
    Guthrie folgte ihm ins Café. Als sie am Tisch saßen, steckte sich der Agent eine Zigarette an und sah ihm nicht gerade wohlwollend ins Gesicht.
    »Wo sind Sie gewesen?« fragte er ohne Umschweife.
    »Sie führen sich ja auf wie eine betrogene Ehefrau«, erwiderte Guthrie lächelnd. »Nehmen Sie es sich doch nicht so zu Herzen.«
    Ogden rief den Kellner und bestellte einen Kaffee.
    »Was trinken Sie?«
    »Das gleiche, danke. Also jetzt machen Sie doch nicht so ein Drama daraus.«
    »Sie haben mit Ihrem Freund Renn eine ganz blödsinnige Geschichte eingefädelt«, sagte Ogden hart. »Ich möchte Ihnen raten, so etwas nicht noch einmal zu machen. Eine ganz unnötige Komödie: im Gutenbrunn wissen sie gar nichts.«
    Guthrie wollte etwas erwidern, aber Ogden hielt ihn mit einer Handbewegung zurück.
    »Hören Sie mal gut zu, wir beschatten Sie zu Ihrem Schutz und nicht, weil uns das Spaß macht. Heute haben Sie Ihr Leben aufs Spiel gesetzt und Renn in Gefahr gebracht, was uns eine Menge Zeit gekostet hat.«
    »Aber …«
    »Ich bin noch nicht fertig. Renn verdaut gerade eine Dosis Pentotal, dank derer wir eine Menge über ihn, sehr wenig über Sie, Doktor, und absolut nichts über Alma erfahren haben. Halten Sie das nicht auch für Kräfteverschleiß?«
    »Sie verdammter …«
    Guthrie gehörte zu jenen, die bei einem Wutanfall eher blaß wurden als rot. Das gefiel Ogden, und er lächelte zum erstenmal.
    »Beruhigen Sie sich, Ihrem Freund geht es bestens. Und was Sie betrifft, dachte ich schon, daß es Sie erwischt hätte; als Franz mir sagte, daß Sie mit dem Taxi in Wien herumfuhren, war ich zwar sehr erleichtert, aber trotzdem möchte ich Ihnen am liebsten eine runterhauen. Wie Sie sehen, bin ich ein sentimentaler Typ.«
    »Sie sind verrückt«, sagte Guthrie verzweifelt. »Sie und Ihre ganze Sippschaft. Wie geht es Renn?«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß es ihm gut geht. Wußten Sie, daß er ein Verhältnis mit der Frau seines Bruders hat? Er verzehrt sich vor Schuldgefühlen, der Ärmste …«
    »Hören Sie auf!«
    »Hören Sie lieber auf, versuchen Sie endlich, mit uns

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