Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
Vom Netzwerk:
aus. »Ich muß ganz dringend mit Ogden sprechen, wo finde ich ihn?«
    Der Agent antwortete nicht gleich, und als er es tat, war ihm seine Verlegenheit anzumerken.
    »Ich weiß nicht, wo er ist, ich hatte gehofft, Sie könnten mir helfen …« Er räusperte sich. »Ich leugne nicht, daß ich mir Sorgen mache. Hören Sie, machen wir es so: wenn Ogden sich bei Ihnen meldet, rufen Sie mich gleich an, und ich mache es umgekehrt ebenso. Okay?«
    »Ja, natürlich«, erwiderte Guthrie. »Aber wenn er zuerst Sie anruft, dann sagen Sie ihm, daß ich ihn sprechen muß, aber daß die Sache nichts mit Alma zu tun hat. Verstanden?«
    »Natürlich, so kompliziert ist das nicht …«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Guthrie, über seine Grobheit verwundert. »Ich wollte nicht unhöflich sein.«
    »Keine Sorge. Also, wer zuerst Nachricht erhält, ruft den andern an. Auf Wiederhören.«
    Guthrie kehrte an seinen Schreibtisch zurück. Stuarts Besuch hatte ihn in Unruhe versetzt, weil ihm dabei vor allem auch klar geworden war, daß nicht einmal Ogden die ganze Wahrheit kannte. Und dann war da noch zusätzlich das Geheimnis mit dieser Frau. Wo befand sich Ogden jetzt, bei dem italienischen Mädchen? Man brauchte kein erfolgreicher Psychoanalytiker oder Geheimdienstchef zu sein, um zu bemerken, wie alarmierend sich Ogdens Telefongewohnheiten geändert hatten.
    Trotz seiner Erregung hatte Guthrie Appetit. Er sah auf die Uhr, es war fast Zeit zum Abendessen. Er wollte gerade in seine Wohnung hinaufgehen, als das Telefon klingelte.
    »Guten Abend, Guthrie, hier ist Renn.« Er schlug einen munteren Ton an, allzu munter für einen, der mit Hilfe von Pentotal ausgequetscht worden war.
    »Oh, hallo … Wie geht es?« fragte Guthrie und versuchte, seine Verlegenheit zu überspielen, aber Renn kam ihm zuvor und nahm ihm die Entscheidung ab.
    »Leider habe ich mein gewohntes Kopfweh, ich wollte für heute abend absagen. Es wird besser sein, wenn ich mich mit einem Aspirin ins Bett lege.«
    »Tut mir leid«, sagte Guthrie. »Aber mach dir meinetwegen keine Gedanken, ich bin auch ziemlich müde.«
    Guthrie war sich darüber im klaren, daß er Renn nach der Reise fragen mußte. Er hatte ihn nach Baden geschickt und ihm erzählt, daß er den Verdacht habe, von einer Frau verfolgt zu werden, mit der er ein kurzes Verhältnis gehabt habe. Sein Freund sollte seine Rolle übernehmen und sie bloßstellen, falls sich der Verdacht als richtig erwies.
    »Und, wie war die Reise?«
    Renn ließ ein paar Augenblicke verstreichen, bevor er antwortete, dann tat er es in einem Ton, den Guthrie nicht an ihm kannte: konventionell und hastig.
    »Alles in Ordnung, mein Lieber, alles in Ordnung. Deine kleine Freundin hat mich nicht verfolgt, da hast du dich wohl getäuscht. Ich rufe dich im Laufe der Woche wieder an. Auf Wiedersehen.«
    Das Klicken im Hörer wirkte auf Guthrie wie das Todessignal einer zwanzigjährigen Freundschaft. Mit dem gleichen Zartgefühl, das er seinem Freund gern bewiesen hätte, hängte er ein und verließ die Praxis.
    Während er langsam die Treppe hinaufstieg, dachte er darüber nach, daß er seinen besten Freund verloren hatte, genauso wie er Alma verloren hatte. Er wurde sich erst in diesem Augenblick bewußt, daß er an seine Patientin nicht mehr voller Sorge gedacht hatte, seit Ogden ihm notgedrungen seine Identität hatte preisgeben müssen, gerade so, als sei die Gefahr, in der sie schwebte, deshalb weniger real, weil sie sie nicht selber heraufbeschworen hatte. Das war eine professionelle Deformation, und voller Unbehagen entdeckte er, daß er auch nicht besser war als seine Kollegen, die er so oft kritisiert hatte.
    Er öffnete seine Wohnungstür und nahm schon im Flur Tabakgeruch wahr. Er blieb beunruhigt an der Tür stehen.
    »Kommen Sie nur herein, Doktor, ich bin’s«, Ogdens Stimme kam aus dem Wohnzimmer. Guthrie schlug die Tür zu und ging hinein.
    Der Agent saß in einem Sessel und rauchte. Die Vorhänge waren zugezogen, die Lampe verbreitete ein mildes Licht.
    »Ich wäre froh, wenn Sie mir einmal keine Überraschungen bieten würden«, sagte Guthrie verärgert, als er näherkam.
    »Beschweren Sie sich nur über meine schlechten Umgangsformen, das ist einfacher«, sagte Ogden lächelnd. »Ich wollte Sie sehen, und dies war der schnellste Weg.«
    »Wir suchen Sie schon den ganzen Nachmittag. Wo haben Sie sich denn herumgetrieben?«
    »Die Rollen haben sich also umgekehrt, das ist ja fast schon wieder lustig …«
    Guthrie ließ

Weitere Kostenlose Bücher