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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
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ziehe diese Identität auch vor. Aber jetzt muß ich gehen …«
    Guthrie sah ihn überrascht an.
    »Waren Sie denn nicht hergekommen, weil Sie mit mir sprechen wollten?«
    »Doch, aber nachdem ich Sie jetzt gesehen habe, geht es mir schon besser«, sagte er. »Schauen Sie mich nicht so an, das ist die reine Wahrheit. Auch hierin täuscht sich Casparius nicht: Ihre Gegenwart hat auf mich eine therapeutische Wirkung. Aber das, was Sie mir erzählt haben, verlangt die rasche Lösung einiger Probleme.«
    »Sie sind in Schwierigkeiten, in großen Schwierigkeiten. Wer ist diese Frau, die Ihren Freunden so große Angst einjagt?«
    Ogden setzte sich wieder Guthrie gegenüber.
    »Wahrscheinlich eine Frau wie alle anderen, daher nehme ich an, daß meine Vorliebe für sie doch auf Liebesgefühle schließen läßt. Sie ist schön, intelligent, möglicherweise hysterisch. Außerdem ist sie auf ungewöhnliche Weise vom Schicksal geschlagen, und das macht sie doch unwiderstehlich, meinen Sie nicht auch?«
    »Das kommt darauf an …«
    »Aber Guthrie, machen Sie doch nicht so ein Gesicht wie ein Bernhardiner, dessen Fäßchen leer ist. Ich bin ja noch gar nicht in den Abgrund gestürzt.«
    »Das dauert aber nicht mehr lange, wenn Sie die Augen nicht offen halten.«
    Ogden zuckte die Achseln.
    »Es wird nicht viele geben, denen das leid täte. Hören Sie: Wenn Casparius sich bei Ihnen meldet, sagen Sie ihm, daß wir über Veronica, so heißt sie, gesprochen haben, und daß ich Ihnen anvertraut habe, sie sei die einzige Liebe in meinem kargen Leben, und Geschichten dieser Art. Sie können ja, um glaubhaft zu wirken, aus dem Fundus der Geständnisse Ihrer Patienten schöpfen, alle Liebesgeschichten gleichen sich. Aber wecken Sie unter keinen Umständen ihren Verdacht, daß ich Ihnen anvertraut haben könnte, Veronica in Wien getroffen zu haben. Das ist äußerst wichtig für Ihre persönliche Sicherheit, Doktor.«
    Guthrie erinnerte sich an die Wanzen und machte ihm ein Zeichen, zu schweigen.
    »Keine Angst«, beruhigte ihn Ogden, indem er einen Gegenstand aus der Tasche zog, der einer Zigarettenpackung ähnelte. »Dieser Scrambler hier hat unsere Worte für die Lauscher in ein lästiges Brummen verwandelt.« Er lächelte. »Man muß ja auch ein paar Vorteile davon haben, daß man mit einem Spion verkehrt, meinen Sie nicht? Ich rufe Sie bald an; falls Sie mir etwas Wichtiges mitzuteilen haben, hinterlassen Sie im De France eine Nachricht für mich, mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen. Aber benutzen Sie nicht Ihren Apparat, rufen Sie aus einer Telefonzelle an.«
     
     
    Ogden stellte das Auto in der Garage ab, setzte die Alarmanlage außer Betrieb und trat ein. Er schloß die Tür hinter sich und gab den Sicherheitscode ein. Von nun an hätte nicht einmal Casparius in die Villa eindringen können: er hatte den Code geändert, ohne Berlin zu benachrichtigen. Ein schweres Vergehen: wenn ein Haus einmal zu konspirativen Zwecken eingerichtet war, mußte es für jeden Agenten, der an der Operation beteiligt war, jederzeit zugänglich sein.
    »Veronica?« rief er.
    Sie stand plötzlich lautlos vor ihm, als habe sie die ganze Zeit hinter der Glastür des Wohnzimmers auf ihn gewartet. Sie trug ein Kleid, das ihren Rücken frei ließ und eng an ihrem Körper anlag, der Ogden schlanker erschien, als er in Erinnerung hatte.
    »Endlich kommst du«, sagte sie leise.
    »Ich mußte noch einen Freund besuchen.«
    »Hast du tatsächlich Freunde?«
    Ihre Stimme klang heiser, die Augen blickten matt, als wäre sie ein wenig betrunken.
    »Geht es dir gut?« fragte er und betrachtete sie aufmerksam.
    »Bestens.«
    »Wir müssen reden. Aber zuerst essen wir etwas«, fuhr er fort, um seine harten Worte ein wenig abzumildern. »Die Dame des Hauses ist eine hervorragende Köchin, in der Gefriertruhe gibt es ein paar fertige Gerichte, die brauchen wir nur in den Mikrowellenherd zu stecken.«
    »Schon geschehen«, sagte sie mit einem boshaften Lächeln. »Wenn du willst, können wir uns ins Eßzimmer setzen, ich habe einen Braten in die Röhre geschoben. Den Wein solltest du auswählen.«
    Ogden lächelte und faßte sie unter.
    »Wunderbar, dann können wir die beneidenswerte Rolle eines glücklichen Paares spielen …«
    Er spürte, wie sie sich versteifte.
    »Wenn du etwas nicht haben kannst, bleibt dir immer noch die Möglichkeit, es zu erdichten. Das ist ein Spiel, das ich als Kind oft gespielt habe. Auch noch als Erwachsene«, fügte sie leise

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