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Der Spion und die Lady

Der Spion und die Lady

Titel: Der Spion und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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konnte Desdemona noch dadurch ausweichen, daß sie sich behende auf die Seite rollte. Aber schon als sie sich hochrappeln wollte, wußte sie, daß ihr Bemühen zum Scheitern verurteilt sein mußte. Doch schon bald würde ihr alles gleichgültig sein…
    Da griffen starke Hände nach ihr und rissen sie in die relative Sicherheit eines schmalen Hauseingangs. Gleich darauf drückte sie ihr Gesicht an die Schulter eines Wollmantels.
    Ohne das Gesicht ihres Retters zu sehen, wußte sie, daß es Wolverhampton war. Er drehte sie herum, daß sie mit dem Rücken zur Tür stand, und sein Körper schützte sie vor den vorbeipreschenden Rindern.
    »Hat man Ihnen eigentlich schon einmal gesagt, daß Ihr Mut wesentlich größer ist als Ihre Vernunft?« ertönte eine amüsierte Baritonstimme an ihrem Ohr.
    »Ja, schon oft.«

    Hinter ihm schien das Getöse der Herde abzunehmen. Fast bedauernd löste sich Desdemona von ihrem Retter. Ihre zittrigen Knie versagten ihr den Dienst, aber bevor sie erneut stürzen konnte, fing er sie auf.
    »Meine Beine wackeln wie Pudding«, sagte sie unsicher.
    »Eine absolut verständliche Reaktion. Sie sind nur sehr knapp entkommen.«
    Sie lehnte sich gegen die Tür und rang um Beherrschung. »Aber ich stehe tief in Ihrer Schuld, Wolverhampton. Sie hätten immerhin meinetwegen zu Tode getrampelt werden können.«
    Er hob nachlässig die Schultern. »Ich habe einige Zeit mit Rindern verbracht, daher kenne ich mich mit ihrem Verhalten ein wenig aus.«
    Obwohl ein Großteil der britischen Aristokratie sein Vermögen der Landwirtschaft verdankte, würden nur wenige von Desdemonas Londoner Bekannten zugeben, Farmer zu sein. Vielleicht verbrachte sie zuviel Zeit in London.
    Mit bebenden Fingern strich sie sich über die Haare. Ihr Kleid war ruiniert, ihre Schute lag zertreten auf dem Pflaster. »Hätte ich gewußt, daß ich mich einer durchgehenden Rinderherde stellen muß, hätte ich mich anders gekleidet.«
    Die Ochsen hatten sich inzwischen soweit beruhigt, daß sie ihren Weg zum Markt wieder aufnahmen. Vom Ende der Herde kam ein Treiber auf sie zu. »Ich hoffe, es ist Euch nichts zugestoßen, Ma’am«, sagte er mit weichem walisischem Akzent. »Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn Euch ein Leid geschehen wäre.«

    »Ich bin heil und unversehrt.« Um das zu beweisen, entfernte sich Desdemona einen vorsichtigen Schritt von der Tür. Diesmal trugen sie ihre Knie* »Es war sehr töricht von mir, genau in dem Moment die Straße zu betreten, als die Herde hindurchgetrieben wurde.«
    Als sich der Treiber wieder entfernen wollte, fragte Giles: »Warum haben Sie die Tiere umdrehen lassen? Das war sehr riskant.«
    Der Viehtreiber blieb mit undurchsichtiger Miene stehen. »Ein Irrtum, Sir. Die Hunde haben den Befehl falsch verstanden.«
    »Ach ja? Dieser Irrtum hat also weder etwas mit den beiden Leuten in Ihrer Gesellschaft zu tun, noch mit den beiden anderen, die sie verfolgten?«
    »Nay«, erklärte der Treiber unerschüttert, »nicht das geringste.« Der Mann legte zwei Finger an seine Mütze. »Jetzt muß ich mich wieder um meine Tiere kümmern. Ich wünsche Euch und der Lady einen guten Tag.«
    Überrascht starrte Desdemona dem breiten Rücken des Mannes nach. »Wollen Sie damit etwa sagen, er hätte Maxima und Lord Robert absichtlich zur Flucht verholfen?«
    »Ohne jeden Zweifel. Es war eindeutig Robin, auch wenn ich von seiner Begleitung unter diesem gräßlichen Hut nicht allzuviel erkennen konnte.«
    Er lächelte leise. »Mein Bruder hat ein ausgesprochenes Talent dafür, sich Verbündete zu schaffen.«
    Besorgt runzelte Desdemona die Stirn. »Aber warum wurden sie von zwei Männern verfolgt?«
    Der Marquis nahm ihren Arm und geleitete sie zum Three Swans zurück. »Darüber können wir beim Mittagessen plaudern.«
    Desdemona öffnete den Mund, um aus Prinzip zu widersprechen, schloß ihn aber wieder. Ihr war nicht nach Protest.

Kapitel 13
    VÖLLIG UNBEEINDRUCKT VON der Höhe der Steinmauer nahm Robin Anlauf und sprang –
    gerade hoch genug, um sich mit ausgestreckten Händen auf der Mauerkrone festzukrallen. Dann zog er sich hinauf. Er schnallte sich seinen Rucksack ab und ließ dessen Gurt zu Maxie hinunter.
    Maxie ergriff den Gurt. Er spannte sich unter ihrem Gewicht, hielt aber. »Ganz offensichtlich hast du deine Kindheit mit nützlicheren Dingen als dem Sticken verbracht«, erklärte er grinsend, als sie schwer atmend neben ihm auf der Mauer stand.
    »Für mich war es eine Sache der Ehre,

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