Der Spion und die Lady
hatte man auf englischem Boden seit Zeiten der Kelten nicht mehr gehört.
Entsetzt hielt Simmons’ Hand mitten in der Luft inne. »Allmächtiger, was war denn das?« ächzte er.
Und diesen Moment seiner Ablenkung nutzte Maxie dazu, das Messer aus ihrem Stiefel zu ziehen.
Kapitel 14
ROBIN VERLOR NIE ganz das Bewußtsein, kam aber erst wieder ganz zu sich, als Simmons Maxie übers Knie legte. Er wollte den Londoner vor dieser unüberlegten Handlung warnen, aber seine Stimme schien ihm nicht gehorchen zu wollen.
Benommen und schwerfällig mühte er sich auf die Knie.
Maxies Kriegsgeheul durchfuhr ihn wie ein Adrenalinstoß. Er hob den Kopf und sah, wie sie ihr Messer in Richtung auf Simmons’ Kehle schwang. Fluchend fuhr der Londoner zurück. Die blitzende Klinge verpaßte seinen Hals nur um Zentimeter.
Bevor es seine blutdürstige Gefährtin noch einmal versuchen konnte, krächzte Robin mit letzter Kraft: »Hör auf, Maxie!«
Um Schlimmeres zu verhüten, taumelte Robin aus einer Richtung auf Simmons zu, wo der ihn nicht sehen konnte. Dann schlug er den Londoner mit einem Handkantenschlag bewußtlos. Das war nicht ungefährlich, aber Simmons’
Überlebenschancen standen so weitaus besser, als wenn Maxie zum Einsatz gekommen wäre.
Simmons gab einen erstickten Laut von sich, glitt von der Steinbrüstung und riß Robin um ein Haar mit sich. Maxie fing Robin schnell auf. Ihre Arme waren eine willkommene Hilfe, aber ihre Worte klangen spitz: »Du hättest ihn mir überlassen sollen.«
Robin klammerte sich an sie, während ihm leicht schwarz vor Augen wurde. »Entschuldige«, murmelte er kaum verständlich, »aber ich sehe es nun einmal nicht gern, wenn Leute umgebracht werden.«
Sie gab einen Laut von sich, der sowohl Verachtung als auch den Wunsch ausdrücken konnte, die Unterhaltung zu einem anderen Zeitpunkt fortzusetzen. Aber mit
bewundernswerter Konzentration auf das Wesentliche setzte sie hinzu: »Kannst du gehen?
Die anderen werden bald zurück sein.«
Er ließ sich auf die Brüstung fallen, verbarg das Gesicht in den Händen und versuchte trotz der bohrenden Schmerzen in seinem Kopf, einen klaren Gedanken zu fassen. »Du wirst mir helfen müssen.«
Schnell steckte sie ihr Messer wieder in den Stiefel und half ihm in seinen Rock. Dann holte sie den Schlagstock, hängte sich beide Rucksäcke um, zog Robin auf die Füße und legte sich seinen Arm um die Schulter.
Während sie sich die Straße hinunterschleppten, dachte er darüber nach, wieviel Kraft in ihrem zierlichen Körper steckte. Dennoch konnten sie von Glück reden, daß der Kanal nicht allzuweit entfernt war.
Die Frage war nur, was sie tun sollten, wenn sie ihn erreicht hatten.
Sobald sie das Gasthaus betreten hatten, bat Giles darum, daß ihnen erst Brandy und dann ein Mittagsmahl in einem abgeschiedenen Raum serviert wurde. Lady ROSS war nach ihrer Rettung um Haaresbreite noch so durcheinander, daß sie ihm willenlos folgte. Ein Zustand, der nicht lange anhalten würde, wie Giles wußte. Nachdem er sie zu einem Sessel geleitet hatte, untersuchte er ihren Oberarm, der vom Horn des Ochsen verletzt worden war. Die Haut unter ihrem zerfetzten Ärmel war aufgerissen, aber die Wunde glücklicherweise belanglos. »Es blutet kaum, aber die Prellung werden Sie noch längere Zeit spüren.«
Ein Schankmädchen brachte den Brandy. Giles goß Desdemona ein Glas ein. Sie verschluckte sich zwar fast an dem ersten Schluck, aber immerhin kehrte ein wenig Farbe in ihr Gesicht zurück. »Prellungen habe ich auch an etlichen weniger erwähnenswerten Stellen«, erklärte sie mit einem schiefen Lächeln.
»Das müssen Sie besser wissen als ich.«
Sie strich sich die Haare mit Händen aus der Stirn, die kaum noch zitterten. »Entschuldigen Sie mich für ein paar Minuten, damit ich mich auf meinem Zimmer wieder in einen präsentablen Zustand bringen kann. Dann möchte ich mehr über die Männer erfahren, die hinter Maxima und Lord Robert her sind.«
Lady ROSS stellte ihre ehrfurchtgebietende Erscheinung erstaunlich schnell wieder her. Als sie zurückkehrte, waren ihre Haare gebändigt und unter einer Haube verborgen. Sie hatte ein anderes Kleid angezogen, ebenso schlicht wie das zerfetzte, und hüllte ihre Gestalt zusätzlich in ein voluminöses Tuch. In ihrem zuvorigen Zustand hatte sie Giles besser gefallen, dennoch trug ihr nunmehriges Äußeres nichts zur Dämpfung seiner eindeutig sexuellen Erregung bei.
Sobald sie den Raum betrat, wurde das
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