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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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nickte bedächtig. „Es wird nicht ganz leicht werden. Er hat die Braunschweiger und Harzer hinter sich, aber ich will es versuchen. Mich nervt er genauso.“
    Krause grinste verhalten.
    „Was den Staatsanwalt betrifft: Der kriegt eine Sonderbehandlung. Bei mir im Haus wird demnächst eine Referatsleiterstelle frei, B 2, habe sie ihm schon in Aussicht gestellt. Er hat sich fast ins Hemd gemacht vor Freude. Der Mann war so glücklich, geradezu rührend. Jetzt hat er A 15. Er sitzt bestimmt schon am Rechner und addiert, was er sich künftig alles leisten kann. Um den müssen wir uns keine Sorgen machen. Um den Anwalt und die Witwe sowieso nicht. Die freuen sich, wenn die Sache niedergeschlagen wird. Der Staatsanwalt wird ihnen einen Deal vorschlagen. Was haben wir nur früher gemacht, als es noch keine Deals gab?“
    „Kann mich an solche Zeiten nicht erinnern, muss lange her sein.“
    „Du musst es ja wissen. Es gibt also keine Anklage, die Beweisstücke bleiben bei uns, auch das Fotoalbum. Vor allem das Fotoalbum.“
    „Ich möchte bei Gelegenheit einen Blick reinwerfen.“
    „In Ordnung. Frau Stein verpflichtet sich, den Mund zu halten und bezeichnet ihren Ausflug ins Frauenhaus als Petitesse. Außer Rand und Band geratene PMS-Phase oder was Frauen sonst so draufhaben.“
    Auf der Liste waren sie beim Namen Sänger angelangt.
    „Das könnte ein Problem werden“, murmelte Bitter. „Sie hat die Verletzungen gesehen.“
    „Um die kümmerst du dich. Ich habe mir in aller Eile von der Polizeiabteilung ein Briefing erstellen lassen. Die kann schnell sein, wenn es schnell gehen muss. Die Frau ist 58 und in letzter Zeit oft krank gewesen. Außerdem alleinstehend. Sie hat sich Anfang des Jahres für eine Stelle im Innendienst des Sozialdezernats der Landeshauptstadt beworben. Sie wurde damals nicht genommen. Zu alt, zu oft krank. Sie will auf ihre alten Tage eine ruhige Kugel schieben. Da will man doch spontan helfen.“
    Bitter spielte mit seiner Zigarettenschachtel und legte sie wieder zur Seite.
    „Okay“, murmelte er, „ich übernehme das und kümmere mich um das alte Mädchen. Es wird sich schon ein windstilles Eckchen im Sozialministerium für sie finden.“
    Nächster Name: Professor Zorn. Der war nicht ohne Risiko, denn er war eitel. Bitter erinnerte sich mit Schaudern an eine Begegnung auf einem Kongress der Medizinischen Hochschule. „Zorn hält sich für den Größten, er faselte von einem Forschungspreis, den er gewinnen will. Wenn der eine Kamera sieht, geht ihm einer ab.“
    Zorn würde sich über zusätzliche Mittel für sein Institut freuen und noch viel mehr über den Niedersächsischen Forschungspreis, der im kommenden Jahr den Weg zu ihm finden würde.
    Krause trank den Kaffee aus und sagte: „Wir werden ihn also glücklich machen. Soll er seinen Preis bekommen. Mit dem Wissenschaftsminister kann ich gut, wir haben schon oft abends einen gehoben. Er erzählt fast so gute Witze wie du, Albi.“
    „Einen haben wir noch“, erinnerte Bitter. „Die Journalistin der Allgemeinen Niedersachsenzeitung erwähnt in ihrem Artikel einen Informanten.“
    Sie teilten sich Bitters letzte Zigaretten und vernebelten versonnen die Luft.
    „Bei der beißen wir auf Granit“, murmelte der Minister. Wagner bestätigte das. „Ich kenne sie, sie ist unbestechlich und ehrgeizig, die will noch was werden. Sie wartet auf den Ruf von außerhalb: Hamburger Wochenblatt, Deutsche Wochenzeitung, Deutsches Fernsehen – um nichts in der Welt wird sie ihren Informanten preisgeben. Kann ich sogar verstehen, das wäre das Ende ihrer Karriere. Ist ja nicht wie in der Politik. Da steht man zur Strafe ein Jahr in der Ecke und darf dann wieder mitspielen.“
    Krause grinste, Bitter sagte: „Na, na, Wagner, Ihre Scherze sind fehl am Platz.“
    Wagner verkniff sich die Bemerkung, dass es ihm bitter ernst gewesen war. Die beiden Politiker beugten sich über die Liste und fanden zwei Kandidaten, die als Informanten infrage kamen: die Leiterin des Frauenhauses und die Fotografin.
    Bitter sagte: „Ich werde die Sänger ins Gebet nehmen. Aber erst, nachdem ich ihr eine Anstellung im Sozialministerium versprochen habe. Zuckerbrot und Peitsche, damit habe ich gute Erfahrungen gemacht. Gerade bei Beamten. Anwesende ausgenommen.“
    Krause lächelte, auch wenn er früher Beamter gewesen war, hielt er Bitters letzte Bemerkung für einen Scherz.
    Dann schossen sie sich auf die Fotografin ein. Krause hatte auch von ihr ein Briefing:

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