Der Spitzenkandidat - Roman
bleibt ein Tritt in den Allerwertesten. So war der Kerl, er gab gerne den Politiker mit Zivilcourage. Ich habe seinen Dauerspruch ‚Man muss Mut zu unliebsamen Entscheidungen haben‘ noch gut im Ohr. Und bei seiner Geliebten hat er gekniffen. Sei es drum. Die Geliebte als Täterin wäre gut. Eifersucht, Rache, Hass, schön niedrige Beweggründe und sehr privat. Nichts, was man mit der Partei in Zusammenhang bringen kann.“
„Oder mit Politik“, warf Krause ein.
„Was? Genau. Oder mit Politik. Vor allem aber nicht mit der Partei. Warum nehmt ihr sie nicht fest? Die Menschen draußen im Land warten auf einen Ermittlungserfolg. Biete ihnen was an, damit sie wieder ruhig schlafen können. Für meinen Schlaf wäre das übrigens auch von Vorteil.“
„Meine Leute haben nichts Konkretes gegen sie in der Hand. Die hätte im Knast noch nicht einmal ihre Zelle bezogen, wäre sie schon wieder draußen.“ Krause zögerte einen Moment, bevor er sagte: „Du bist auch noch nicht völlig aus der Schusslinie, Albi. Es hat sich herumgesprochen, dass du Stein nicht aufs Fell gucken konntest. Und dein Handicap kann jeder nachlesen, steht ja auf deiner Internetseite, dass du passionierter Golfspieler bist.“
„Dann sag deinen Leuten von der Spurensicherung, sie sollen ausnahmsweise mal nicht um vier Feierabend machen und meine Golfschläger bevorzugt durchleuchten.“
„Natürlich läuft das mit höchster Sensibilität ab. Ritter weiß das.“
Albi schnaubte: „Wenn es nicht so ärgerlich wäre, wäre es nur lächerlich. Warum sollte ich Uwe Stein erschlagen, kannst du mir das vielleicht verraten?“
„Erspare uns das, Albi. Ich weiß, dass du nicht der Täter bist. Aber Frau Hauser vom LKA kennt dich nicht so gut wie ich.“
„Wenn es nur daran liegt, das können wir ändern. Ich lade sie zum Essen ein. Vielleicht hat sie Ambitionen ins Ministerium zu wechseln, wer weiß.“
„Verkneif dir das. Es würde nicht gut ankommen. Nicht bei der. Wenn die kriminaltechnische Analyse abgeschlossen ist, wird sich der Verdacht von allein erledigen.“
„Und ich meine Schläger zurückerhalten. Wehe, ihr macht Kratzer rein. Ich habe große Lust auf eine Runde Golf. Es gibt nichts Schöneres als morgens der Erste auf dem Platz zu sein. Einfach grandios. Ich verstehe gar nicht, wieso Golf immer noch dieses Großkotz-Image hat. Morgens siehst du keine Menschenseele, nur du, der Wald, die frische Luft, die Vögel, ab und zu ein Reh oder ein Hase und der Platz, den du bezwingen willst.“
„Hm, nichts für mich. Ich sehe keinen Sinn darin, hinter einem kleinen Ball herzulaufen. Dann schon lieber die Jagd. Das ist was für richtige Männer.“
„Pah, auf wehrlose Tiere schießen! Ein 250-Meter-Abschlag, damit kannst du deine Power unter Beweis stellen, mein Lieber.“
Bevor das Gespräch in freundschaftliche Belanglosigkeiten abdriftete, wandte sich der Innenminister wieder dem Mordfall zu. „Und wenn etwas völlig anderes dahintersteckt? Keine zufällige Gewalttat, nichts mit Eifersucht, sondern ein Auftragsmord?“
Albi schaute ihn entsetzt an: „Auftragsmord? Was redest du denn da! Das klingt nach Mafia. Mafia in Niedersachsen? Das können wir so kurz vor den Wahlen gar nicht gebrauchen. Habt ihr etwa Hinweise in diese Richtung?“
„Du weißt sehr gut, dass die Mafia hier eine zweite Heimat gefunden hat. Dennoch, bisher ist es nur eine Vermutung, aus dem Bauch heraus. Aber Stein war lange genug Anwalt. Er hatte Mandanten in einer Preisklasse, die mehr Geld haben, als unser Etat für das Schulwesen. Du kennst doch die Zahlen. Jeder dritte Euro, der bei uns investiert wird, stammt aus illegalen Geschäften. Das geht nur mit Anwälten. Oder anders herum: Ohne die schwarzen Schafe unter den Anwälten würden bei uns andere Verhältnisse herrschen. Anwälte treten als Treuhänder auf, waschen illegale Gelder, schließen Verträge mit Kommunen ab. Und die Kommunen sind alle dermaßen pleite, dass sie jedem Investor den Hintern küssen, der ihnen Bauland abkauft oder notwendige Investitionen in öffentliche Gebäude abnimmt. Die fragen nicht danach, ob die Investoren solide sind und wo das Geld herkommt.“
Albi kannte die Geschichten. Wenn Gewerbeflächen zum Verkauf standen, war die Mafia regelmäßig dabei. Mit Mafiageld entstanden überall in Deutschland Wohnhäuser und Bürotürme. Das Geld, das sie mit Menschenhandel, Waffengeschäften oder Rauschgift verdienten, wollte investiert werden. Oft standen die neuen
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