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Der Spitzenkandidat - Roman

Der Spitzenkandidat - Roman

Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Wagner?“
    „Mau, sehr mau. Wir sind dringend auf neue Spenden angewiesen. Neue Gimmicks, Plakate und Flyer sind für Luft und Liebe nicht zu bekommen.“
    Albi seufzte. „Dann werde ich wohl mit Baumgart reden müssen. Ich kann den Kerl nicht leiden, er gibt den soliden Unternehmer mit sozialem Impetus und ist doch nur ein skrupelloser Geschäftemacher. Aber was bleibt mir anderes übrig? Dann muss die Kleingartensiedlung in Ricklingen wohl daran glauben. Fällt mir echt nicht leicht, Wagner, das können Sie mir glauben.“

36
    Ein Temperatursturz von über zwanzig Grad binnen weniger Tage machte den Menschen zu schaffen. Das Thermometer zeigte nur noch knapp zehn Grad an. Verena Hauser blieb bis mittags im Bett, noch immer ging es ihr miserabel. Die Fahrt nach Papenburg, wo Steins Mutter lebte, musste einen weiteren Tag warten.
    Als sie sich nachmittags ins Büro schleppte, fand sie den Raum unangenehm kalt vor. Der Heizkörper war eiskalt. Die Dienstvorschrift erforderte drei Tage kühles Wetter, sonst blieb die Heizung aus. Der Schreibtisch war bepackt. Zeitungsberichte, Akten, Berichte von Mitarbeitern, Telefonnotizen von Petra Schramm, eine handschriftliche Aufforderung von Ritters Sekretärin, sich umgehend beim Direktor zu melden. Mit Rotstift geschrieben.
    Als sie Jürgens Namen las, fing Verenas Herz an zu klopfen. Gefühlsmäßig war sie noch nicht über den Berg. In ihrem erbärmlichen Zustand vor ihn zu treten – die Haare strähnig, die Haut blass, Ringe unter den Augen –, war eine demütigende Vorstellung.
    Verena zog sich gerade die Lippen nach, als Petra Schramm hereinwehte. Eingehüllt in eine Wolke Parfüm und mit ihrem blauen, eng geschnittenen Wollkleid und ihren schwarzen Pumps, fuhr sie das komplette Arsenal ihrer provozierenden Jugend auf. Sie brachte Frische in das schäbige Büro.
    „Hi, Chefin, wieder an Bord? Ich hoffe, es geht Ihnen besser. Sie sehen schlecht aus, aber das wird schon wieder. Sie sollen übrigens sofort zum Direktor kommen, sein Vorzimmer hat mehrfach nach Ihnen gefragt. Stolli und ich waren schon bei ihm. Es geht um … aber das soll er Ihnen lieber selber sagen.“
    Sie schaute auf ihre Uhr, die sie an einer langen Kette um den Hals trug. „Ich würde jetzt gerne Mittag machen, Chefin. Ich bin verabredet. Stolli ist nach Celle gefahren, um mit der Klaßen zu sprechen. Eigentlich müsste er längst zurück sein, treibt sich wahrscheinlich wieder herum.“
    Ihre Mitarbeiterin rauschte davon, im Raum blieben ihr Geruch und der Nachhall ihrer Energie zurück.
    Ritters Vorzimmer war verwaist, der Direktor saß an seinem Schreibtisch, in Akten vertieft. Von ihm ging, wie er Verena musterte, eine Aura der Unnahbarkeit aus, die durch den dunkelblauen Anzug noch verstärkt wurde. Keine Spur von Zuneigung. Unvorstellbar, dass sie sich vor nicht einmal einer Woche geliebt hatten. Auch seine Begrüßung fiel kühl aus. Verena blieb stehen, ein Platz war ihr nicht angeboten worden.
    „Sie wollten mich sprechen?“
    Er nickte und forderte sie mit einer knappen Geste auf, sich zu setzen.
    „Ich möchte mit Ihnen über Frau Stein sprechen. Sie hat Ihnen die Sache mit dem Arsen gestanden?“
    „Das hat sie. Heute Morgen wollte sie zum Staatsanwalt gehen und ein Geständnis ablegen. Ich habe es gestern Abend noch weitergegeben. Meine Mitarbeiterin wird Kriminaldirektor Hirschmann informiert haben?“
    „Das hat sie getan. Der Innenminister hat sich eingeschaltet. Er hat die Angelegenheit mit Geheimhaltungsstufe 2 versehen und zur Verschlusssache erklärt. Aus übergeordneten Gründen. Für uns hat das Konsequenzen: Akten schließen und Stillschweigen bewahren. Hirschmann weiß Bescheid. Mit Stollmann und Frau Schramm habe ich bereits gesprochen. Beide meinten, dass sonst niemand von der Sache weiß. Ist das korrekt?“
    Verena war sprachlos. Wieso Geheimhaltungsstufe 2? Sie konnte kein übergeordnetes Staatsinteresse ausmachen, das einen solch radikalen und nur selten angewandten Schritt gerechtfertigt hätte.
    Ritter kam ihr zuvor: „Mutet grotesk an, ich weiß. Aber der Minister wird seine Gründe haben. Uns steht es nicht zu, diese Gründe in Zweifel zu ziehen. Unser oberster Dienstherr …“
    Vielsagend ließ er die Worte ausklingen.
    Verena begann sich zu wehren: „Der Minister ist Politiker, er steht zur Wahl an. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass ihn sachfremde Gründe zu seiner abstrusen Entscheidung bewogen haben.“
    Ritter blickte sie an, als würde er

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