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Der Sprung ins Jenseits

Der Sprung ins Jenseits

Titel: Der Sprung ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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Werkzeug benutzten.
    Es war dunkel in meiner Zelle, und ich hatte die Augen geschlossen. Trotzdem sah ich alles ganz deutlich vor mir. Vor fünfzigtausend Jahren – vielleicht etwas früher – hatte es auf der Erde eine Zivilisation gegeben, die die unsrige an Reife und Wissen weit übertraf. Sie muß die ganze Welt umfaßt haben, denn lange vor Kolumbus hatte man Karten gefunden, auf denen Amerika naturgetreu eingezeichnet worden war. Außerdem wiesen architektonische Ähnlichkeiten und Parallelentwicklungen der Pflanzen und Tierwelt auf Zusammenhänge hin. Wie es zur Entwicklung einer derartigen Zivilisation kommen konnte, wußte ich nicht. Vielleicht hatte es Besuche intelligenter Lebewesen aus dem Weltraum gegeben, die eine gewisse Zeit auf der Erde verbracht hatten. Vielleicht waren sie auch hier geblieben und hatten sich mit den Menschen vermischt. Eines Tages aber – und all dies erkannte ich in wenigen Sekunden – geschah die Katastrophe. Vielleicht war es ein Krieg gewesen, vielleicht aber auch nur ein technischer Unfall. Das Atom vernichtete die Welt.
    Was damals, vor fünfzigtausend Jahren, übrigblieb, war nichts anderes als das, was unsere zeitgenössischen Autoren der utopischen Literatur oft genug beschrieben haben: die Welt nach dem atomaren Untergang. Die damaligen Überlebenden fielen in die Barbarei zurück, lebten wieder in Höhlen und waren froh, daß sie eines Tages das Feuer fanden. Jahrtausende vergingen, und niemand konnte sich mehr daran erinnern, was geschehen war. Übrig blieben nur Sagen und Legenden, aus denen später die Religionen wurden. Ich erkannte, daß alle Religionen den gleichen Ursprung haben mußten. Das kommt deutlich in ihnen zum Ausdruck. Und in allen ihren Schriften wird der Weltuntergang erwähnt.
    Der Weltuntergang nämlich, der vor fünfzigtausend Jahren stattfand und den alle vergessen hatten – bis auf die Neun Unbekannten.
    Sie hatten sich unmittelbar nach der Katastrophe zusammengefunden und beschlossen, das Wissen um die Geschehnisse für alle Ewigkeit zu erhalten, aber niemals mehr der Menschheit mitzuteilen. Sie wußten, daß ein allgemeiner Niedergang erfolgen würde. Sie wußten, daß alle Aufzeichnungsgeräte vernichtet worden waren und daß es in den nächsten Jahrtausenden auch keine geben würde. Sie wußten, daß die Menschheit vergessen würde. Also ersannen sie ein einfaches, aber wirksames System, dieses Wissen für die spätere Nachwelt zu bewahren. Immer, wenn einer von ihnen starb, suchten die übrigen acht einen befähigten Menschen, den sie einweihen konnten. So blieb die Zahl Neun erhalten – und mit ihr das Wissen.
    So gab es über fünfzig Jahrtausende hinweg immer Menschen, die ihrer Umwelt weit voraus waren. Wenn sie auch starben, die Zahl Neun blieb unsterblich. Sie lebt heute noch.
    Als diese Sekunden der Erkenntnis vorbei waren, blieb ich ganz ruhig in meinem Bett liegen. Diesmal, so wußte ich, hatte ich die Gelegenheit nicht versäumt. Aus dem Unterbewußtsein hatte sich meine Seele erinnert – oder war es vielleicht ein höheres Bewußtsein? Ich wußte, was geschehen war. Die Konsequenzen dieses Wissens waren ungeheuerlich.
    Zwei Tage später bat ich den alten Mönch, der mir das Essen brachte, Yü Fang zu sagen, daß ich ihn zu sprechen wünsche.
    Er verzog keine Miene, als ich ihm von meinem Erlebnis berichtete. Als ich geendet hatte, sah ich ihn erwartungsvoll an. Er gab meinen Blick zurück, und in seinen Augen leuchtete Freude.
    »Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der solche Sekunden der Erkenntnis nicht kennen würde. Es ist dann so, als sei der Geist plötzlich von allen Fesseln befreit. So, als hätte man nicht nur zwei, sondern zehn oder zwanzig Augen. Man sieht plötzlich in alle Richtungen. Aber es dauert nur wenige Sekunden. Und meistens kommt es unvorbereitet. Ehe man es begreift, ist es schon zu Ende. Und natürlich ist es dann auch zu spät. Man kann sich noch so bemühen, diese wenigen Sekunden zurückzurufen, es gelingt niemals. So grübelt man zum Beispiel über ein Problem nach, und plötzlich hat man die Lösung, man sieht sie deutlich vor sich und möchte nach ihr greifen – aber schon ist sie wieder weg. Kennst du das?«
    »Natürlich kenne ich das«, rief ich erregt aus. »Ich habe es oft genug erlebt, und ich habe mir meine Gedanken darüber gemacht. Mit überdeutlicher Klarheit sah ich immer alles greifbar nahe vor mir. Und dann war es vorbei. Ich glaube, es hängt damit zusammen, daß nur ein

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