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Der Stachel des Skorpions

Der Stachel des Skorpions

Titel: Der Stachel des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Hardy
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Versammlung hat?«
    Jonah schaute Kessel gerade in die Augen. »Ja. Glaub mir, ich habe mir reichlich Gedanken darüber gemacht.«
    »Das wusste ich. Während die anderen Spielchen treiben, befasst du dich mit ernsthafter Arbeit.«
    Jonah seufzte und hoffte, dass Kessel es bemerkte. Schmeicheleien waren der unvermeidbare erste Schritt einer politischen Werbung.
    »Du und Victor«, setzte Kessel hinzu.
    »Victor?«
    »Es geht das Gerücht, dass er eine Menge Zeit in ein geheimes Projekt investiert. Was auch immer es ist, die Chancen stehen gut, dass es den Ausgang der Wahl entscheiden könnte. Obwohl ich sicher bin, du selbst hast auch schon etwas in der Art läuten gehört.«
    »Ich achte nicht sonderlich auf Gerüchte«, sagte Jonah und legte eine abfällige Note in das letzte Wort.
    Kessel ignorierte dies. »Dann solltest du damit anfangen. Ich weiß, du glaubst, ich verschwende meine Zeit mit dummen Spielchen, aber hier geht es um die Zukunft der Republik. Es ist nichts Dummes daran, den Richtigen an Ort und Stelle zu setzen.«
    Jonah stellte fest, dass Kessel noch nicht bereit war, sich auf einen Namen für diesen >Richtigen< festzulegen. Genau in diesem Moment lenkte lautes Gebrüll von Owens und der ihn umgebenden Menge Kessel ab, und Jonah nutzte die Gelegenheit, sich abzusetzen.
    Er fand eine Ecke ohne andere Paladine. Von dort aus ließ er den Blick über den Saal schweifen und dachte daran, wie all diese Menschen hier in Genf festsitzen würden, bis sie sich auf den nächsten Exarchen geeinigt hatten. Ursprünglich waren die
    Paladine eine enge Gemeinschaft gewesen, vereinigt in ihrer Loyalität zu Devlin Stone und der Republik. Aber wie jede kleine Gruppe, die lange Zeit zusammenarbeitete, hatte diese Nähe ihre eigenen Spannungen und Streitereien zur Folge gehabt. Die Schwierigkeiten der letzten Jahre, die durch Devlin Stones Rücktritt und Verschwinden entstandene Lücke und die Tatsache, dass die Größe der Republik die Paladine die meiste Zeit voneinander fern hielt, hatten die Situation noch verschlimmert. Damien Redburn war ein guter Mann und Devlin Stones selbst gewählter Nachfolger, aber er schaffte es nicht, in den Paladinen eine ebenso tiefe emotionale Hingabe zu wecken. Und nun wurde von ihnen erwartet, jemanden aus ihren eigenen Reihen in diese Position zu wählen.
    Die Situation erinnerte Jonah Levin an die Geschichte über einen alten Einsiedler in der nordamerikanischen Wüste, die er einmal gehört hatte. Der hatte sich damit die Zeit vertrieben, Skorpione zu fangen und in ein Glas zu werfen, das er fest verschloss. Er hielt das Glas über Nacht verschlossen, und am nächsten Morgen waren alle Skorpione im Innern tot - von ihren Mitgefangenen erstochen.
    Ein Schauder lief Jonah den Rücken hinab. Sonderlich amüsant war diese Anekdote nicht... aber möglicherweise war sie eine Erklärung dafür, warum Damien Redburn die Wahl so früh wie gesetzlich möglich angesetzt hatte. Der Mann lebte seit Jahren in diesem Skorpionglas.
    Wohnung Paladin Victor Steiner-Davions, Santa Fe, Terra Präfektur X, Republik der Sphäre
    26. November 3134
    Wieder war die Nacht über Santa Fe angebrochen und Victor Steiner-Davion saß vor seinem Schreibtisch. Er lehnte sich im Bürosessel zurück, ein Glas Whisky in der Hand. Der Whisky bekam ihm nicht, aber das war ihm egal. Ganz gleich, was der medizinische Stab hier fand, er hatte ein Alter erreicht, in dem ein Mann das Recht auf ein paar kleine Laster hatte. Schließlich brauchte er sich wirklich keine Gedanken mehr über irgendwelche Langzeitfolgen zu machen.
    Außerdem hatte er Grund zu einer wenigstens moderaten Feier. Sein Bericht an die anderen Paladine war fertig. Sowohl in der ausführlichen Version zur Veröffentlichung, mit sämtlichen Quellenhinweisen und allen Beweisen, als auch in der kurzen, zusammenfassenden Ansprache, die er morgen in seiner Live-Verbindung den anderen vortragen würde. Dazu würde er zum ersten Mal seit Jahren wieder die volle Ausgehuniform anlegen, würde hinunter ins Trividstudio des Hauptquartiers gehen und den anderen Paladinen persönlich erklären, wie ernst das Problem tatsächlich war.
    Er hätte es vorgezogen, persönlich nach Genf zu reisen und seine Rede dort zu halten, aber er hatte von Anfang an gewusst, dass ein solcher Auftritt wahrscheinlich nicht möglich sein würde, ganz gleich, wie sehr er ihn sich wünschte. Seine Kräfte ließen ihn dafür zu schnell im Stich, und die bloße Erwähnung einer derartigen

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