Der Stalker
er?
Lass es. Weiter. Sie war über kalten, schmutzigen Beton gegangen. Scharfe Steinchen hatten sich in ihre nassen Fußsohlen gebohrt.
Sonst noch etwas?
Nein. Außer …
Dieses Geräusch. Das Brummen. Stromkabel. Ein Leitungsmast. Oder … ein Generator.
Ein Schauer jagte ihr durch den Körper. Er war so heftig, dass sie sich zusammenkrümmte.
Jetzt wusste sie, was mit Julie passiert war. Aber dieses Wissen flößte ihr keinen neuen Mut ein.
Ein Generator. Ein flaches Becken voller Wasser. Und ein Schrei, sobald Julie sich aus der Kiste befreit hatte.
Eine Falle. Selbst wenn es ihr gelingen sollte, aus der Kiste zu entkommen – sie war und blieb gefangen. Das Wasserbecken war offenbar zu groß, um von der Kiste aus an den Rand springen zu können. Und es stand unter Strom.
Suzanne fühlte sich einsamer und hoffnungsloser als je zuvor.
83 Mickey folgte dem Nemo den King Edward Quay entlang, dann auf die Haven Road und schließlich durch den Kreisverkehr auf den Colne Causeway in Richtung des Magic Roundabout.
Magic Roundabout – zuerst hatte er das bloß für einen ironisch gemeinten Spitznamen der Einheimischen gehalten. Er war ziemlich überrascht gewesen, als er erfahren hatte, dass der Kreisverkehr auch offiziell so hieß. Was ihn allerdings nicht im Geringsten überraschte, war die Tatsache, dass ganz Colchester ihn genauso hasste wie er selbst.
Der Magic Roundabout war ein zentraler Kreisverkehr, der von mehreren kleinen Kreisverkehren unterbrochen wurde, dazu kamen jede Menge frustrierter Autofahrer. Genau dorthin war der Nemo unterwegs.
Bis jetzt war es Mickey gelungen, unentdeckt zu bleiben, aber für ein einzelnes Fahrzeug war es bloß eine Frage der Zeit, bis es Verdacht erregte. Eine Verfolgung war eine heikle Angelegenheit und wurde deshalb in der Regel von einem Team aus mindestens zwei Fahrzeugen durchgeführt. So kannte er es, so war er es gewohnt. Jetzt, ganz auf sich allein gestellt, konnte er bloß improvisieren und auf sein Glück vertrauen.
Das ihn höchstwahrscheinlich am Magic Roundabout verlassen würde.
Er hielt sich zwei Fahrzeuge hinter dem Lieferwagen. Noch waren keine weiteren Zivilfahrzeuge der Polizei zur Unterstützung aufgetaucht, er musste also vorsichtig sein. Kam er dem Nemo zu nahe, konnte er sich verraten. Hielt er zu viel Abstand, bestand die Gefahr, dass er sein Zielobjekt verlor. Er beobachtete den Wagen und wartete unruhig darauf, dass er den Blinker setzte.
Der Nemo blinkte rechts. Mickey tat es ihm nach.
Der Nemo fuhr ab. Mickey versuchte, nicht zu ungeduldig zu werden, weil er nicht wusste, wohin das Auto direkt vor ihm abbiegen würde. Stattdessen konzentrierte er sich ganz darauf, den Nemo nicht aus den Augen zu verlieren. Der Wagen vor ihm bog links ab.
Der Nemo war jetzt direkt vor ihm.
Mickey erlaubte sich ein erleichtertes Lächeln.
Am nächsten kleineren Kreisverkehr bog der Nemo erneut rechts ab, in die St Andrews Avenue. Mickey folgte ihm. Der Fahrer blinkte und wechselte auf die rechte Spur.
Mickeys Grinsen wurde breiter. Jetzt wusste er, wohin der Nemo unterwegs war.
Er überlegte kurz, übers Funkgerät seinen Standort und das vermeintliche Ziel durchzugeben, aber da er auf der zweispurigen Schnellstraße unmittelbar hinter dem Nemo fuhr, wollte er lieber nichts tun, was der Fahrer vor ihm im Rückspiegel hätte sehen können. Er sollte nicht misstrauisch werden.
Rechts in die Boundary Road. Jetzt war sich Mickey ganz sicher, wohin der Fahrer wollte.
Zur Universität.
Er hatte über Funk mitbekommen, dass das Haus in der Greenstead Road Fiona Welch und ihrem Freund gehörte. Damit stand eindeutig fest, dass die beiden in die Sache verwickelt waren.
Der Nemo bog auf den Parkplatz der Universität ein. Mickey folgte ihm. Der Nemo parkte, Mickey fuhr an ihm vorbei und suchte sich einen Platz in der Nähe. Er fand einen in der nächsten Reihe schräg gegenüber. Er ließ den Motor im Leerlauf und wartete.
Ja, der Fahrer war definitiv ein Mann. Schlank. Als er die Mütze abnahm, kamen darunter mittellange, schlecht gepflegte Haare zum Vorschein. Typisch Student, dachte Mickey.
Der Fahrer blieb sitzen und streifte seine Armeejacke ab. Darunter trug er ein T-Shirt mit einem Slogan auf der Brust. Als Nächstes sah es so aus, als zöge er sich etwas über die Hüften nach unten. Vermutlich die Hose. Dann stieg er aus, lehnte sich noch einmal in den Wagen, holte eine Segeltuchtasche aus dem Fußraum hinter dem Fahrersitz und hängte sie
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