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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Kein Laut. Josephina schlief bestimmt längst. Er legte den Wagenschlüssel auf den Tisch und ging in die Küche, um sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank zu holen. Er öffnete sie, ging damit ins Wohnzimmer zurück und ließ sich in dem Sessel nieder, in dem Marina eine Weile zuvor gesessen hatte. Er nahm einen tiefen Schluck, seufzte, schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken, um seine verspannten Muskeln zu lockern.
    Dann schlug er die Augen wieder auf, und sein Blick ging unruhig durch den Raum. Im Gegensatz zu seinem alten Haus war hier alles ungewohnt, alles hatte einen anderen Platz. Er bemühte sich, das neue Haus als sein Heim zu betrachten, Marina und Josephina als seine Familie. An beidem musste er noch arbeiten.
    Er stand auf und schaute nach, welche CD eingelegt war. Midlake. Er spielte kurz mit dem Gedanken, die Anlage anzuschalten, wollte aber Marina und das Baby nicht wecken. Also hob er erneut die Bierflasche an die Lippen und setzte sich wieder.
    Er war ruhelos. Aufgewühlt. Er versuchte sich einzureden, dass es der Fall war, der ihm so zusetzte, wusste aber, dass es nicht stimmte. Es gab andere Gründe. Bei jedem Schritt, den er in diesem Haus tat, stieß er auf unsichtbare Wände, die er nicht überwinden konnte.
    Es war ein milder Frühsommerabend, die Sonne war noch nicht ganz untergegangen. Direkt vor ihrer Haustür bot sich ein wunderschöner, friedvoller Blick, die Promenade am Fluss. Sie hätten noch zu dritt einen Spaziergang machen können, mit Josephina im Kinderwagen. Sie hätten am Wasser entlangschlendern, danach vielleicht im Rose and Crown noch ein Glas trinken können, draußen sitzen und den Booten zuschauen, die im flachen Wasser sanft auf und ab schaukelten. Den Sonnenuntergang genießen.
    Sich am Leben freuen. An der Gesellschaft des anderen. Einfach leben.
    Ärger stieg in ihm hoch. So hatte er es sich ausgemalt, als sie nach Wivenhoe gezogen waren. Genau so hätte ihr Leben zu dritt aussehen sollen. Entspannt sein. Gemeinsam Spaß haben. Das Familienleben genießen.
    Stattdessen lebte Marina neben ihm her, als befände sie sich in einem hermetisch versiegelten Glaskasten. Er konnte sie sehen und hören, sie aber nicht erreichen, sie nicht berühren. Bei jedem anderen Menschen hätte ihm das nicht viel ausgemacht, aber bei ihr schon. Niemand sonst bedeutete ihm so viel wie sie. Alles. Sie schloss ihn aus ihrem Leben aus, und es tat weh. Es tat so wahnsinnig weh.
    Er nahm den letzten Schluck aus der Flasche und ging in die Küche, um eine neue zu holen. Im letzten Moment überlegte er es sich anders. Nein, dachte er. Das ist auch keine Lösung.
    Stattdessen ging er nach oben. Ganz langsam, um die beiden nicht aufzuwecken.
    Gestern war es genauso gewesen. Marina hatte schon geschlafen, als er nach Hause gekommen war. Oder hatte zumindest so getan. Ja, er war sich ziemlich sicher gewesen, dass sie sich nur schlafend gestellt hatte. Ganz still hatte sie dagelegen, bis er das Licht ausgemacht hatte und eingeschlafen war.
    Wenn er nur wüsste, warum.
    Er drückte die Klinke der Schlafzimmertür herunter, langsam und vorsichtig. Schaute als Erstes zur Wiege auf Marinas Bettseite hinüber und erwartete Josephina mit ihrem winzigen, vollkommenen Gesichtchen dort liegen zu sehen.
    Doch sie war nicht da.
    Er öffnete die Tür ganz, und jetzt war es ihm egal, ob er Lärm machte.
    Die Wiege war leer, genau wie das Bett.
    Er sah in den anderen Zimmern nach, rief ihren Namen. Keine Antwort.
    Ging noch einmal nach unten, warf einen Blick in alle Räume. Nichts.
    Sie muss mit Josephina spazieren gegangen sein, dachte er, und Neid regte sich in ihm. Ein Spaziergang, den er so gerne mit den beiden unternommen hätte. Sie alle gemeinsam als Familie.
    Er sah nach dem Kinderwagen. Weg.
    Dann ging er zurück ins Wohnzimmer, sah sich auch hier um. Sein Blick fiel auf das Buch. Erst jetzt fiel ihm auf, dass etwas darunter hervorschaute. Er ging zum Tisch und hob das Buch auf. Darunter lag ein gefaltetes Stück Papier mit seinem Namen darauf. Er faltete es auseinander und las das erste Wort.
    Verzeih …
    Dann las er den Rest.
    Und ließ sich in den Sessel fallen.
    »Nein. Das kann nicht sein. Nein …«
    Sie waren fort. Marina, Josephina. Seine Familie.
    Fort.
    29 »Sicher?« Rose sah Martin Turner scharf an. »Sind Sie ganz sicher, dass außer Ihnen niemand hier ist?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Meine Freundin. Meine neue Freundin. Sie ist … sie ruht sich gerade aus.«
    Rose

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