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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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über seinen Blick im Rücken.
    Komischer Typ, dachte sie. Und seine Ex – die klang ja geradeso, als würde sie sich gewohnheitsmäßig irgendwelche Lügenmärchen zurechtspinnen. Das Gefühl hatte sie schon beim Durchgehen der Fallakte gehabt. Und genau das würde auch in ihrem Bericht stehen.
    Sie verließ das Haus und machte sich auf den Weg zu ihrem Wagen.
    Kaum war sie draußen auf der Straße, ertönte das Signal an der Bahnschranke erneut mit der Lautstärke eines Fliegeralarms.
    Rose hörte nicht hin, sondern dachte ganz fest an den Gin Tonic, der zu Hause auf sie wartete.
    30 Der Creeper schloss die Augen und stellte sich vor, wie die Nacht ihn umfing.
    Er hatte gelernt, die Dunkelheit zu lieben. Die Zeit des Jägers. Der Geheimnisse. Der Liebenden. Nur in der Dunkelheit fühlte er sich wahrhaft lebendig, bewegte er sich fließend und lautlos wie ein lebendiger Schatten. In der Dunkelheit sahen seine Augen schärfer. Die Welt war wirklicher. Und Rani sprach öfter zu ihm.
    Sie wisperte ihm ihre Geheimnisse zu. Erteilte ihm ihre Befehle.
    Beim Gedanken daran musste er lächeln.
    Früher hatte er die Dunkelheit gehasst. Gehasst und gefürchtet. Im Dunkeln lebten die Dämonen: Sie warteten bis zum Einbruch der Nacht, dann kamen sie hervorgekrochen, um ihn heimzusuchen. In Tücher gehüllt, nach Schweiß und Schnaps stinkend. Nach Geheimnissen und Lügen. Nach Schmerz und Angst.
    Zuerst hatte er sich versteckt, aber das hatte sie nicht täuschen können. Sie kannten alle seine geheimen Schlupfwinkel. Sie fanden ihn jedes Mal. Und quälten ihn.
    Aber das war lange vorbei. Der Junge von damals war im Feuer gestorben. Jetzt war er der Creeper und wusste sich zu wehren. Die Dämonen konnten ihm nichts mehr anhaben. Er hatte keine Angst mehr vor ihnen.
    Er hielt die Augen fest geschlossen, und trotzdem kam die Dunkelheit nicht schnell genug.
    Erneut musste er an die vergangene Nacht denken. Wie er neben Rani gekniet hatte, sein Kopf neben ihrem auf dem Kissen. Wie er an ihren Armen gerochen hatte. Wie ihn die feinen Härchen an seiner Nase gekitzelt hatten. Und dann später, wie er ihr das T-Shirt hochgeschoben und ihren Bauch geleckt hatte. Eine Spur vom oberen Rand ihrer Scham bis zum Bauchnabel. Sie hatte köstlich geschmeckt. Jetzt fühlte er ihren Geschmack erneut auf der Zunge und lächelte bei der Erinnerung.
    Doch gleich darauf verschwand das Lächeln wieder. Heute Nacht erwartete ihn nichts dergleichen.
    Nicht, solange die blonde Schlampe in der Wohnung war.
    Rani hatte sein Geschenk gefunden. Auch diesmal hatte es sie wieder zu Tränen gerührt. Er hatte sich darüber gefreut und war sich ganz sicher gewesen, dass sie die blonde Schlampe nach Hause schicken würde, damit sie allein sein konnten. Nur sie beide. Aber das hatte sie nicht getan. Stattdessen hatten sie gemeinsam eine Flasche Wein ausgetrunken, und es sah ganz so aus, als wollten sie auch noch eine zweite öffnen. Rani war immer wieder in Tränen ausgebrochen, und die blonde Schlampe hatte sie getröstet. Hatte genau dort gesessen, wo er hätte sitzen sollen, den Arm um seine Liebste gelegt.
    Er hätte ihr ein Lächeln ins Gesicht zaubern sollen, nicht sie. Er. Nur er .
    Seine Hände begannen zu zittern. Das war kein gutes Zeichen. Solange er denken konnte, hatte er diese Wut in sich gehabt. Wie der Tasmanische Teufel, diese Cartoon-Figur, die nichts anderes tat, als zu rasen und zu schlagen und zu treten. Bis Rani aufgetaucht war und er gelernt hatte, die Wut zu zügeln. Sie zu unterwerfen, statt sich ihr zu beugen. Am Anfang war es schwer gewesen, aber er hatte es geschafft. Trotzdem war sie immer noch da, war ein Schlängeln unter seiner Haut. Eine Drohung, dass alles wieder so werden konnte wie früher. Dass die Wut jederzeit wieder die Kontrolle übernehmen konnte.
    Er beobachtete die beiden weiter. Rani dankte der blonden Schlampe dafür, dass sie bei ihr blieb, und die Schlampe sagte, das sei das mindeste, was sie tun könne.
    Hör auf zu zittern. Atme weiter.
    Und noch immer hatte er ihre Stimme nicht gehört.
    Er schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. So konnte er seine Liebste besser sehen.
    Er spürte, wie er hart wurde. Spürte das Schlängeln in seiner Magengrube. Seine Hand wanderte an seinem Körper nach unten, ertastete den Bund seiner Hose. Er seufzte. Hielt die Augen fest geschlossen. Berührte sich.
    Was machst du gerade?
    Sofort zog er seine Hand zurück. Versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen.

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