Der Stalker
verkniff sich ein Schmunzeln. »Verstehe. Also, zurück zu Suzanne. Sie waren wie lange zusammen?«
»Zwei Jahre.«
»War es eine glückliche Beziehung?«
Er zuckte mit den Schultern. »Klar. Eigentlich schon. Sie wissen ja, wie das ist. Höhen und Tiefen.«
»Fehlt sie Ihnen?«
Er antwortete nicht sofort. Stattdessen schielte er wieder zur Treppe. »Es war einfach vorbei.«
Rose nickte. Mark Turner hatte sich zurückgelehnt, es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Er schien sich ganz allmählich zu entspannen und seine Unbeholfenheit abzulegen. Sein Selbstvertrauen wuchs, nun, da er mit Fragen konfrontiert wurde, auf die er mit Leichtigkeit eine Antwort wusste.
Alles vollkommen unverdächtig, dachte sie. Noch ein paar Fragen, dann konnte sie endlich nach Hause gehen.
»Was ist mit Anthony Howe? Was wissen Sie über den?«
Sofort schlug Turners Stimmung um. Er versteifte sich, saß auf einmal kerzengerade. »Er … fragen Sie doch Suzanne.« Die Worte klangen unangenehm, und er zog beim Sprechen die Oberlippe hoch. »Fragen Sie doch sie.«
Das letzte Wort spuckte er aus wie etwas Ekliges.
»Ich frage aber Sie.«
Turners Finger wurden unruhig, bewegten sich wie bei einem Schlagzeuger, dem man die Stöcke weggenommen hatte. »Das ist …« Sein Atem ging schneller. Es schien, als müsste er sich am Riemen reißen, um nicht das zu sagen, was er eigentlich sagen wollte. Dann ließ er sich in die Polster fallen. »Nein. Es gibt Lügen, und es gibt Lügen. Fragen Sie sie selbst.«
Rose wusste, dass sie zu dem Thema nicht mehr aus ihm herausbekommen würde. »Wo waren Sie gestern Nacht, Mr Turner?«
»Hier.« Er runzelte die Stirn. »Wann genau gestern Nacht?«
Rose lächelte milde. »Falsche Reihenfolge.«
»Was?«
»Eigentlich müssten Sie doch zuerst fragen, um welche Zeitspanne es geht, bevor Sie mir sagen können, dass Sie hier waren.«
Seine Miene verzog sich, und in seinen Augen loderte mit einem Mal ein wütendes, fast grausames Feuer auf. Wieder schien es so, als müsste er sich dazu zwingen, nicht das zu sagen, was ihm auf der Zunge lag. »Ich bin nicht bei ihr eingebrochen. Ich hab sie nicht zusammengeschlagen, oder was auch immer. Ich war hier. Die ganze Nacht.«
»Allein?«
Er zögerte. »Nein.«
»Sondern mit …«
»Meiner Freundin.«
»Hat die Freundin auch einen Namen?«
»Sie hat nichts mit der Sache zu tun. Ich will nicht, dass sie … nicht mit Suzanne, bitte.«
»Wenn sie Ihr Alibi ist, hat sie sehr wohl etwas damit zu tun. Sie ist gerade oben?«
Er nickte. »Sie … schläft. Ich will sie nicht stören.«
»Sie schläft ziemlich laut.«
»Ja«, sagte er matt. »Das stimmt.«
»Also. Sie beide waren die ganze Nacht über hier. Was haben Sie gemacht?«
»Ich … keine Ahnung.« Wieder sah er angestrengt zur Treppe, als wolle er seine Freundin dazu bringen, die Frage für ihn zu beantworten. Als versuche er, sie mit der Kraft seines Geistes herbeizurufen.
»Haben Sie gelesen? Ferngesehen? Eine DVD angeschaut?«
Turner sah von Rose zur Treppe und wieder zurück. »Wir … also, ich –«
Sein Handy klingelte. Beide fuhren zusammen.
Er warf Rose einen entschuldigenden Blick zu, fischte das Handy aus seiner Hosentasche und nahm das Gespräch an. Nach der Begrüßung wandte er Rose den Rücken zu. Er sagte nicht viel, nickte nur und gab ab und zu einen bejahenden Laut von sich. Er legte auf, dann drehte er sich wieder zu ihr um. Der Glanz in seinen Augen war auf einmal ein anderer. Klar und selbstsicher.
»Wir haben gearbeitet«, erklärte er.
»Entschuldigung?«
»Gestern Abend. Wir haben gearbeitet. Bis spät in die Nacht. Hier.« Er sprach die Behauptung mit einer Bestimmtheit aus, als handle es sich dabei um ein Naturgesetz.
Wer auch immer am Telefon gewesen war, hatte Turner neue Zuversicht eingeflößt. Er saß aufrecht und schien insgesamt gewachsen zu sein. Seine Augen waren klar und wach. Ein kleines Lächeln tanzte um seine Mundwinkel, und es lag eine Art grausamer Triumph darin – wie bei jemandem, der immer nur Opfer ist und plötzlich über die Macht des Peinigers verfügt.
»Außerdem finde ich, Sie sollten jetzt gehen, Detective. Detective Sergeant Martin.« Seine Stimme wurde mit jedem Wort deutlicher und kräftiger. Er stand auf, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen.
Rose erhob sich ebenfalls und klappte das Notizbuch zu. »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, sagte sie und ging zur Tür. Dabei spürte sie die ganze Zeit
Weitere Kostenlose Bücher