Der Stalker
schlank, lange dunkle Haare, hübsch. Jäh machten seine Gedanken einen Satz vom Beruflichen zum Privaten wie eine defekte Plattennadel, die eine Rille überspringt. Marina . Er spürte, wie sich ein eisernes Band um seine Brust legte …
»Alles klar, Boss?« Anni sah ihn besorgt an.
»Alles bestens, ja«, sagte er rasch. Er musste sich zusammenreißen. »Also, denken Sie nach. Wenn es wirklich eine Verbindung zwischen den Fällen gibt, was für eine könnte das sein? Und warum?«
»Vielleicht brauchen wir doch einen Profiler, Boss«, merkte Mickey an.
Phil nickte und verbot sich, weiterhin an Marina zu denken. »Vielleicht. Warten wir ab, wen Fenwick uns anbringt.«
»Wenn man vom Teufel spricht«, meinte Anni trocken.
Sie deutete die Treppe hinunter. Gerade kam Fenwick um die Ecke, wie immer im makellosen Anzug und perfekt frisiert. Ihm folgte Rose Martin in Begleitung einer anderen Frau.
»Charlie und seine Engel«, spöttelte Anni gerade so laut, dass Phil und Mickey es hören konnten.
Fenwick erreichte ihren Treppenabsatz. »Phil. Sie und das Team sind schon hier. Gute Arbeit.«
»Sir«, sagte Phil. Er merkte, wie Rose Martin ihn ansah. Sie hatte einen seltsamen Ausdruck im Gesicht: eine Mischung aus hämischem Grinsen und blankem Hass. Er schenkte ihr ein Lächeln. »Rose. Wie geht es Ihnen?«
Sie machte sich nicht die Mühe, ihm zu antworten.
Auch Fenwick sagte nichts, stattdessen drehte er sich um und bat die unbekannte Frau zu sich. »Erlauben Sie mir, Ihnen die Antwort auf Ihre Gebete zu präsentieren«, verkündete er mit der für ihn charakteristischen Bescheidenheit. »Fiona Welch.«
Die Frau war klein und zierlich. Ihre mausbraunen Haare waren zu einem kurzen Bob geschnitten, sie trug eine Brille und nur wenig Make-up. Das geblümte Sommerkleid, das sie anhatte, deutete darauf hin, dass sie nicht oft Gelegenheit bekam, sich herauszuputzen. Ihre Hände waren vor dem Körper verschränkt und hielten eine übergroße Handtasche.
»Hallo«, sagte sie und deutete ein Winken an, wobei ihr um ein Haar die Tasche heruntergefallen wäre.
Phil erwiderte den Gruß, dann sah er Fenwick fragend an.
»Wissen Sie noch – wir hatten doch überlegt, einen Profiler hinzuzuziehen?«, sagte dieser anstelle einer Erklärung und machte eine dramatische Geste in Fionas Richtung. »Da ist sie!«
»Willkommen im Team«, sagte Phil, bevor er sich wieder an Anni und Mickey wandte.
»Ms Welch hat sowohl einen Bachelor als auch einen Master in Psychologie«, trug Fenwick vor, als zitiere er direkt aus ihrem Lebenslauf. »Sie arbeitet im Colchester General und lehrt nebenbei an der Universität.«
»Ich forsche dort für meine Dissertation in Viktimologie«, sagte Fiona mit einer Stimme, die wesentlich kräftiger war, als ihre zierliche Gestalt vermuten ließ. »In Teilzeit.«
Fenwick strahlte, als wäre sie seine Marionette und hätte soeben mit seiner Hilfe eine besonders komplizierte Bewegung ausgeführt.
»Aha«, sagte Phil. »Gut.« Dann stellte er Anni und Mickey vor. Fiona schenkte beiden ein scheues Lächeln, wobei ihr Blick vielleicht eine Idee länger an Mickey hängenblieb, als in einem beruflichen Kontext angemessen gewesen wäre. Mickey jedoch schien nichts davon zu merken.
»Also. Ich denke, wir müssen davon ausgehen«, begann Fenwick mit einem verschwörerischen Blick in die Runde, »dass es zwischen den beiden Morden einen Zusammenhang gibt.«
»Wir müssen von gar nichts ausgehen«, widersprach Phil ruhig. »Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, aber angesichts der fehlenden Ähnlichkeiten in der Vorgehensweise ist die Schlussfolgerung keineswegs gesichert.«
»Darf ich … dürfte ich vielleicht etwas sagen?«, meldete sich Fiona Welch zu Wort.
Die beiden Männer wandten sich ihr zu.
»Danke.« Sie errötete leicht und räusperte sich. »Ich habe, also … ich habe mir die Akte vom gestrigen Fall angesehen, und natürlich hat Ben mich zu diesem neuen Mord hier gebrieft«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln in Fenwicks Richtung, der erneut zu strahlen anfing. »Und ich muss sagen, es sieht mir ganz nach ein und demselben Mann aus. Und ein Mann ist es definitiv.«
Phil hob eine Braue. »Tatsächlich?«
»Oh ja«, sagte sie, und ihre Stimme gewann jetzt, da sie in ihrem Element war, mit jedem Wort an Kraft und Lebendigkeit. »Ich bin der Ansicht, dass wir es mit jemandem zu tun haben, der seine Taten im Blutrausch begeht.« Sie gestikulierte aufgeregt, wodurch ihre Handtasche wild an
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