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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Wahrscheinlich, aber es war alles so schnell gegangen. In einer Sekunde war die Gestalt noch am Fußende des Betts, in der nächsten schon auf ihr. Eine Hand war fest auf ihren Mund gepresst und drückte ihr den Schrei ab. Die Luft zum Atmen.
    Sie erinnerte sich noch daran, dass jemand sie hochgehoben und weggetragen hatte. Sie hatte versucht, um Hilfe zu rufen und um sich zu treten, aber sie hatte nicht das Geringste ausrichten können, so fest war sein Griff um ihre Hände und Füße. Und dann …
    Oh Gott.
    Zoe. Wie sie da lag, in der Küche, auf dem Fußboden. Überall Blut. So viel Blut. Dass so viel überhaupt in einen einzigen Körper passte …
    Der klaffende Schnitt in der Kehle ihrer besten Freundin. Die Beine so eigenartig verrenkt, die Hände, das Gesicht …
    Oh Gott, ihr Gesicht …
    Erneut begann Suzanne zu schreien und sich hin und her zu werfen. Sie schrie und zappelte und trat, bis ihr Körper die Woge der Angst und Wut überwunden hatte, danach lag sie keuchend da. Sie versuchte ihre Augen zu zwingen, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, etwas von ihrer Umgebung zu erkennen.
    Sie lag in irgendeiner Kiste. Als sie tief einatmete, roch sie Holz. Eine Holzkiste. Groß genug, um ausgestreckt darin liegen zu können.
    Ein Sarg, durchfuhr es sie.
    Sie versuchte, ihrer Hysterie Herr zu werden. Denk nach.
    Die Kiste war fest verschlossen, aber sie konnte atmen, also musste es irgendwo Luftlöcher geben, irgendeine Verbindung nach draußen. Sie spähte in die Schwärze hinein. Blinzelte. Versuchte dann, nicht direkt hinzusehen, sondern aus dem Augenwinkel, so wie man in einer wolkenlosen Nacht nach Sternen Ausschau hält.
    Da, genau über ihrem Gesicht. Da waren ein paar Löcher. Kreisrund. Bohrlöcher. Dahinter herrschte ebenfalls Dunkelheit, aber die Farbe war ein bisschen anders. Ob es Tag oder Nacht war, ließ sich nicht feststellen.
    Ihre Hände waren ihr vor dem Körper gefesselt. Sie versuchte, sie frei zu bekommen, doch davon schmerzten ihr nur die Handgelenke. Die Fesseln waren entweder scharfkantiges Plastik oder Draht. Was auch immer, wenn sie daran zog, machte sie es jedenfalls nur noch schlimmer. Dasselbe galt für ihre Fußgelenke. Außerdem war sie barfuß und fror. Sie war in eine alte raue Decke gewickelt, aber sie fror trotzdem. Es war keine unerträgliche Kälte, ihr war bloß nicht richtig warm.
    Suzanne lag still und lauschte auf Geräusche außerhalb der Kiste. Vielleicht ließ sich so herausfinden, wo man sie hingebracht hatte.
    Nichts. Totale Stille.
    Sie seufzte. Tat ihr Bestes, die Angst in Schach zu halten. Sie litt seit Ewigkeiten an Klaustrophobie, das war schon schlimm genug. Aber da gab es noch etwas.
    Vor ein paar Jahren hatte sie einen Film gesehen. Boxing Helena . Er handelte von einem verrückten Arzt, der eine junge Frau in einer Kiste gefangen hält und ihr nacheinander Beine und Arme amputiert, so dass schließlich nur noch ihr Kopf und Torso übrig sind. Sie hatte den Film zusammen mit ein paar Kommilitonen eines Nachts in ziemlich beschwipstem Zustand angeschaut, und die anderen hatten sich totgelacht und immer wieder gesagt, was für ein kranker Schwachsinn die Geschichte sei. Suzanne hatte als Einzige nicht mitgelacht, denn für sie war das Szenario ihr im wahrsten Sinne schlimmster Alptraum.
    Seit sie ein Kind war, hatte sie einen immer wiederkehrenden Traum. Darin waren ihre Arme und Beine wie gelähmt, sie reagierten einfach nicht auf die Befehle ihres Gehirns. Sie wusste, dass sie weglaufen musste, und sie versuchte es auch jedes Mal, aber sie konnte sich nicht rühren. Keinen Finger, keinen Zeh. Bis sie irgendwann aufwachte.
    Der Traum fühlte sich immer so real an, so echt, dass er sie den ganzen darauffolgenden Tag nicht losließ. Er saß unauslöschlich in ihrem Kopf wie eine Tätowierung.
    Und jetzt hatte sie diesen Traum schon wieder.
    Nur dass er diesmal Wirklichkeit war.
    Eine erneute Welle der Panik erfasste sie, und sie schrie aus vollem Hals, so laut und so lange sie konnte. Sobald ihr der Atem ausging, holte sie Luft und schrie erneut. Dabei trat sie mit ihren gefesselten Füßen um sich und trommelte mit ihren gefesselten Händen gegen den Deckel der Kiste. Das Holz war dick, ihre Schläge blieben wirkungslos. Ebenso gut hätte sie versuchen können, mit einem Spielzeughammer in Fort Knox einzubrechen.
    Schwer atmend ließ sie sich zurücksinken. Schweiß juckte ihr im Gesicht und lief ihr über den Körper. Sie wartete, bis ihr Puls sich ein

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