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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Schloss die Augen. Konzentration. Die Zeit lief ihnen davon. Er hörte die Uhr in seinem Innern ticken. Es gab nur zwei Dinge, die zwischen Suzanne Perry und dem grausamen Schicksal standen, das Julie Miller ereilt hatte: Er und seine Arbeit.
    Aber irgendwie hatte er das Gefühl, als entglitte ihm der Fall. Indem Fenwick ihm zuerst Rose Martin und jetzt auch noch Fiona Welch zugeteilt hatte, hatte er auf eine Weise in die Ermittlungen eingegriffen, die fast schon an Sabotage grenzte. Sicher, Phil war die Methoden seines Vorgesetzten gewohnt. Normalerweise hätte er Wege gefunden, damit umzugehen. Aber diesmal nicht. Diesmal war alles anders.
    Er war einfach nicht richtig bei der Sache. Marina und Josephina waren seine Welt, und auf einmal waren sie nicht mehr da. Normalerweise gelang es ihm, Arbeit und Privatleben zu trennen, aber immer öfter vermischten sich die beiden, sein Kopf tat ständig weh, seine Gedanken waren wirr. Er war kaum in der Lage zu entscheiden, was als Nächstes zu tun war.
    Fiona Welch kam aus dem Schlafzimmer.
    »Tja«, meinte sie. »Ihre Leute sind hier sehr gründlich gewesen. Von Julie Miller ist so gut wie nichts mehr da.«
    »Tut mir leid«, sagte er abwesend.
    »Das macht nichts. Ich kann das in mein Profil mit einbeziehen. Wollen wir dann?« Sie ging auf die Tür zu.
    Phil folgte ihr und schloss die Wohnungstür hinter sich.
    Wieder einmal waren seine Gedanken nicht bei Suzanne Perry, sondern bei Marina.
    41 Sie hätte nicht herkommen sollen, das war Marina klar. Sie wusste nicht, wohin sie sonst hätte fahren sollen, aber bestimmt nicht hierher.
    Ein neuer wunderschöner Tag in einem neuen Park. Sie war mit Josephina zum Spielplatz gegangen und saß jetzt auf einer der Bänke, die Hand wie immer am Griff des Kinderwagens. Sie wusste natürlich, dass ihre Tochter noch viel zu klein war, um mit den anderen Kindern zu spielen – außerdem schlief sie –, aber wenn sie irgendwo anders hingegangen wäre, hätte sie ein schlechtes Gewissen gehabt.
    Noch etwas, weswegen sie sich geißeln konnte.
    Sie schloss die Augen und lauschte dem Lärm der tobenden Kinder. Schaukeln, Rutschen, Karussells – davon konnten Kinder nie genug bekommen. Vor und zurück, rein und raus, rauf und runter, bis ihnen schwindlig wurde und sie außer Atem waren, dann eine kurze Pause, und schon ging es weiter. Wildes Kreischen und Gelächter. Der Augenblick war alles.
    Im Leben war es genauso. Zumindest hätte es genauso sein sollen.
    Bei ihr sah es weiß Gott anders aus.
    Sie hätte niemals herkommen dürfen.
    Bury St Edmunds war ein kleiner Ort in Suffolk. Ein malerisches Städtchen mit alten Häusern und Kirchen, das sogar eine Klosterruine und ein Schloss vorweisen konnte. Wie seit neuestem auch ein ultramodernes Shopping-Center aus Glas und Stahl, das von den Einheimischen erwartungsgemäß mit Inbrunst gehasst wurde.
    Eigentlich der ideale Ort, um in Ruhe nachzudenken. Endlich zu einer Entscheidung zu kommen. Aber ganz egal, wohin Marina ging, überall sah sie Phil. Sein Bild folgte ihr auf Schritt und Tritt. Er schlenderte zwischen den in strenger geometrischer Ordnung angelegten Blumenbeeten umher. Saß in der Klosterruine auf einer Mauer. Spazierte über die hölzerne Fußgängerbrücke oder bestaunte die farbenprächtigen Vögel, die aufgeregt in ihrer Voliere umherflatterten.
    Überall.
    Im Hotelzimmer stand er am Fuß des Betts, wenn sie einschlief, und morgens beim Aufwachen war er immer noch da. Er saß neben ihr im französischen Restaurant, in dem sie gestern zu Abend gegessen hatte.
    Überall.
    Sie war am Georgian Theatre vorbeigegangen, und auch das hatte sie an ihn erinnert.
    Sie hatten ihr letztes Weihnachtsfest hier verbracht. Ihr erstes als Paar. Falls sie jemals gebeten würde, bei einer Umfrage des Guardian mitzumachen, hatte sie Phil damals gesagt, und man ihr die Frage stellte, wo und wann sie am glücklichsten gewesen sei, würde sie antworten: genau hier, jetzt in diesem Moment. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte es Dinge gegeben, die zwischen ihnen standen und über die sie nicht sprechen konnten, aber sie hatten versucht, sich davon in ihrem Glück nicht stören zu lassen. Beide hatten sie gedacht: Damit setzen wir uns später auseinander.
    Doch es war nie dazu gekommen. Und deswegen war Marina jetzt wieder hier, ohne Phil.
    Aber er war trotzdem immer bei ihr.
    Und er war nicht der Einzige.
    Der Seufzer, der ihr entfuhr, war lauter als beabsichtigt, wodurch sie prompt die Aufmerksamkeit

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