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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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einiger in der Nähe sitzender Mütter auf sich zog. Marina wandte den Blick ab und war dankbar für ihre Sonnenbrille, die die Traurigkeit in ihren Augen verbarg.
    Natürlich war sie, seit sie hier war, ihrer Entscheidung nicht ein Stück näher gekommen.
    Sie stand auf. Das Kindergeschrei begann an ihren Nerven zu zerren, außerdem hielt es sie vom Nachdenken ab. Sie musste hier weg. Irgendwohin, wo es still war. Wo sie Ruhe hatte.
    Sie machte einen Bogen und steuerte auf die Kathedrale zu. Dort würde sie ihre Ruhe haben.
    Er ist hinter dir …
    Nein, ist er nicht …
    Ist er doch. Er war immer hinter ihr und wartete auf eine Gelegenheit, sich unbemerkt anschleichen und sie erschrecken zu können. Phil konnte ihr auch nicht helfen. Sie war überzeugt davon, dass Phil ihr nicht helfen konnte.
    Sie hatten sich im Georgian Theatre ein Weihnachtsstück angesehen. Sie hatten sich an den Händen gehalten, lauthals gelacht und sogar mitgesungen. Phil hatte die anderen Familien beobachtet und die Hand auf ihren Bauch gelegt, dabei die ganze Zeit gelächelt. Sie waren so zuversichtlich, so voller Hoffnung gewesen. Voller Freude auf die Zukunft.
    Das alles schien sehr lange her zu sein. Eine ganze Ewigkeit.
    Danach hatten sie im Hotel das Weihnachtsmenü gegessen. Der Kellner hatte ihnen erzählt, dass Angelina Jolie während eines Drehs einmal im selben Hotel abgestiegen sei und nichts gegessen habe außer Salat und pochiertem Hühnchen. Lachend hatten sie Marinas dicken Bauch angeschaut. Ihr würde so etwas nicht im Traum einfallen, hatte sie gemeint.
    Tief in Gedanken ging sie auf den Eingang der Kathedrale zu.
    Die Entscheidung konnte noch ein wenig warten …
    Wieder spürte sie Phil in ihrer Nähe.
    Wusste, dass außer ihm noch jemand da war.
    42 Rose Martin hasste die Paternoster in der Bibliothek.
    Sie hatten keine Türen und waren kontinuierlich in Bewegung, und zwischen dem Boden des jeweiligen Stockwerks und dem des Aufzugs klaffte ein Spalt, der groß genug war, um bis ganz nach unten sehen zu können. Und was, wenn man mit dem Fuß darin hängenblieb?
    Sie holte tief Luft und verfluchte innerlich diejenigen, die sie erfunden und ihren Einbau genehmigt hatten. Dann stieg sie ein.
    Sie war auf der Suche nach Mark Turner. Zuerst hatte sie es in seiner Fakultät versucht und der erstbesten Sekretärin ihren Dienstausweis unter die Nase gehalten – mit dem Ergebnis, dass sie die völlig geschockte Frau erst einmal beruhigen musste. Sie wolle Mark Turner lediglich ein paar Fragen zu einer ehemaligen Bekannten stellen, mit der Universität habe es nicht das Geringste zu tun. Turners Aufenthaltsort war rasch ermittelt, und Rose hatte die Frau gebeten, niemandem etwas von ihrem Besuch zu sagen.
    Mark Turner war in der Bibliothek, einem riesigen würfelförmigen Gebäude aus Waschbeton und Glas, das bei seiner Erbauung vermutlich als kühne Vision der Zukunft gegolten hatte. Mittlerweile jedoch wirkte es nur noch schäbig und trist, erst recht im direkten Kontrast zum brandneuen, preisgekrönten Audimax gegenüber, das die neue Zukunftsvision verkörperte, sofern man davon ausging, dass in der Zukunft Gebäude rund und mit Alufolie verkleidet waren.
    Irgendwann fand sie Turner, der im dritten Stock in einer Arbeitsnische mit Blick auf den See saß. Bücher stapelten sich um ihn herum, vor ihm stand ein aufgeklappter Laptop. Diskret präsentierte Rose der neben ihm sitzenden Studentin ihren Dienstausweis und forderte sie mit einer unmissverständlichen Kopfbewegung auf, sich woandershin zu setzen. Das Mädchen gehorchte prompt. Rose setzte sich auf den frei gewordenen Stuhl, lehnte sich zu Turner hinüber und tippte ihm auf die Schulter.
    »Ist das Buch gut?«
    Er zuckte zusammen und fuhr zu ihr herum. Erst jetzt fielen ihr die weißen iPod-Stöpsel in seinen Ohren auf. Sie wollte nicht wissen, was er hörte, bezweifelte angesichts seiner schäbigen Kleidung und der merkwürdigen Art, wie er sich tags zuvor verhalten hatte, allerdings, dass es sich um irgendetwas handelte, das man auch nur ansatzweise als zeitgenössischen Mainstream hätte bezeichnen können.
    Er zog sich die Stöpsel aus den Ohren, und ein paar Takte blecherner Musik waren zu hören, bis er den iPod ausschaltete. Er musterte sie. In seiner Miene kämpften Unbehagen und Empörung miteinander.
    »Was wollen Sie denn schon wieder?«
    »Pst«, flüsterte Rose. »Wir sind in der Bibliothek.«
    Er beugte sich zu ihr. »Steigen Sie mir nach, oder was? Das

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