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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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sie.
    Suzanne atmete tief durch die Nase ein. Vielleicht konnte sie irgendwelche Gerüche herausfiltern, aus ihrer Umgebung oder von ihrem Entführer. Nichts. Der Gestank des Sacks überlagerte alles.
    Aber sie hörte etwas. Ein gleichmäßig brummendes Geräusch wie ein Motor im Leerlauf. Ein Generator?
    Sie wurde weitergezerrt, die gefesselten Hände wie zum Gebet vor dem Körper. Sie hatte Mühe, mit ihrem Entführer Schritt zu halten.
    »Wer … wer sind Sie? Warum machen Sie das mit mir?«
    Keine Antwort.
    »Sind Sie der Typ, der in meiner Wohnung war? In meinem Schlafzimmer?«
    Keine Antwort.
    »Bitte … sagen Sie doch was. Ich will wissen, was los ist … bitte!«
    Nichts.
    Suzanne lief weiter, bis die Hand sie fester packte und zum Stehenbleiben zwang.
    »Hier«, sagte die Stimme. »Die Toilette.«
    Suzanne wurde vorwärtsgeschubst. Sie riss die Hände hoch, um ihren Oberkörper zu schützen, aber es waren ihre Schienbeine, die zuerst gegen etwas Hartes stießen. Suzanne jaulte auf vor Schmerz.
    Der Rand einer WC-Schüssel.
    »Mach schnell«, befahl die Stimme.
    Sie gehorchte. Bei einer Rucksacktour über die griechischen Inseln hatte sie einige sehr unangenehme Erfahrungen mit Toiletten gesammelt, aber das hier übertraf alles Bisherige um Längen. Trotzdem schaffte sie es, ihre Blase zu leeren, und fand sogar etwas Toilettenpapier, das sie benutzen konnte. Als sie fertig war, betätigte sie die Spülung, hörte allerdings kein Wasser rauschen.
    »Fertig?«
    Schon wurde sie erneut gepackt und den Weg zurückgeschleift.
    Ihr Herz krampfte sich zusammen, als ihr klar wurde, dass sie gleich wieder in ihrer Kiste stecken würde. Sie würde sich hinlegen müssen, er würde die Öffnung zunageln, und sie wäre erneut gefangen.
    Sie unternahm einen letzten verzweifelten Versuch.
    »Warum machen Sie das mit mir? Warum?«
    Sie versuchte sich loszureißen.
    »Lassen Sie mich los. Lassen Sie mich sofort los!« Ihre Hände fuhren zum Sack über ihrem Kopf. »Ich zieh mir den Sack runter. Ich mach’s wirklich, und dann weiß ich, wie Sie aussehen. Ich sage Ihnen, ich tu’s …«
    Sie hatte keine Möglichkeit, sich gegen den Schlag zu wappnen. Er traf sie seitlich am Kopf und riss sie von den Füßen. Sie kam hart auf dem Betonboden auf, und der Aufprall presste alle Luft aus ihrer Lunge. Schmerz schoss wie ein heißer Draht ihr linkes Knie hinauf.
    »Los, komm hoch!«
    Die Hand zerrte sie auf die Füße.
    Kurz darauf platschte sie wieder durchs kalte Wasser, und dann wurde sie in ihren Sarg gestoßen. Dasselbe Knirschen und Knarren wie zuvor, als die Kiste verschlossen wurde.
    Sie riss sich mit gefesselten Händen den Sack herunter, dankbar, dass sie endlich wieder frei atmen konnte. Sie lauschte auf Geräusche, hörte aber nichts.
    Suzanne fand ihre Stimme wieder. »Wie, das war’s schon? Was ist mit was zu essen? Wann kriegen wir was zu essen?«
    Keine Antwort.
    »Hallo? Hallo!«
    Nichts.
    Sie legte sich zurück und seufzte. Dabei fühlte sie etwas an ihrer Wange. Hart und rund. Eine Dose. Sie drehte sich auf die Seite, und es gelang ihr, sie mit beiden Händen zu greifen. Oben am Deckel war eine Aufreißlasche. Sie öffnete die Dose und schnupperte daran. Fleischig. Geleeartig. Kein angenehmer Geruch. Undefinierbar, aber was blieb ihr übrig? Sie steckte die Finger in die Dose und schob sich einen Bissen in den Mund. Es schmeckte widerlich. Jetzt wusste sie auch, was es war.
    Hundefutter.
    Ihr erster Impuls war, es sofort wieder auszuspucken, aber dann besann sie sich. Wenn sie das tat, dann war alles zu Ende. Dann würde er sie verhungern lassen, das wusste sie ganz genau. Also aß sie weiter. Aß alles auf.
    Die Tränen, die ihr dabei die Wangen hinabliefen, das Schluchzen, das sich tief in ihrem Körper regte, bemerkte sie kaum.
    Sie aß, als wäre es die beste Mahlzeit, die sie je in ihrem Leben bekommen hatte.
    52 Phil blickte nachdenklich durch den Einwegspiegel. Nebenan im Vernehmungsraum saß Anthony Howe. Er schien nervös und aufgewühlt, sah sich immer wieder nach allen Seiten um und unternahm mehrmals vergeblich den Versuch, den Uniformierten an der Tür in ein Gespräch zu verwickeln. In seinem Gesicht spiegelten sich Angst und Fassungslosigkeit.
    »Sind Sie sicher, dass Sie das übernehmen wollen?« Neben Phil stand Ben Fenwick und spähte ebenfalls durch die Scheibe.
    »Wieso denn nicht?«
    »Nun ja, es ist schon spät, Sie arbeiten Tag und Nacht, Sie sind gerade Vater geworden … Wollen Sie

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