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Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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als du mich jetzt vor dir siehst. Sie hielten mich für etwa neunzig. Tatsächlich war es mir mit Hilfe der Leere gelungen, ein zweites Leben zu führen, und ich zählte in Wahrheit bereits einhundertneunzig Jahre. Sie hielten mich für senil. Und ich spielte ihnen diese Rolle vor. Gestraft mit den Schwächen hohen Alters, wurde ich von allen bemitleidet, sie schauten auf mich herab, und ich war vollkommen frei. Ich konnte überall hingehen, alles tun, alles sagen. Sie schüttelten die Köpfe und sagten: ›Das ist nur Zober. Er ist ein alter Mann. Achtet nicht auf ihn.‹«
    »Mit Kindern machen sie denselben Fehler«, erklärte Gareth, der an seine eigene Kindheit denken musste, an die Leichtigkeit, mit der er sich in den verbotenen Bereichen des Tempels herumgetrieben hatte, und die geringen Strafen, die er erhalten hatte, wenn man ihn erwischte.
    »Unterbrich mich nicht«, befahl der alte Mann gereizt. Er atmete jetzt schnell und flach. »Wir haben nicht mehr viel Zeit. Tamaros kam in den Tempel. Ich wusste, dass der König mit den Göttern sprechen wollte. Ich wusste, er wollte sie um etwas bitten – um die Fähigkeit, Paladine zu schaffen, Ritter des Guten, die ihm und Vinnengael dienen würden. Er hatte bereits zuvor mit dem Ehrenwertesten Hohen Magus gesprochen, ein vertrauliches Gespräch, das ich nichtsdestoweniger durch die Wand belauschte, indem ich die Macht nutzte, die die Leere mir verliehen hatte.
    Es bestand eine gewisse Gefahr in der Schaffung von Paladinen. Der Ehrenwerteste Hohe Magus wusste das ebenso wie ich. Was die Götter mit einer Hand gewähren, können sie mit der anderen wieder nehmen. Damit Etwas sein kann, muss es auch das Gegenteil davon geben – Nichts. Es muss Dunkel geben, damit es Licht geben kann. Die Götter würden Tamaros die Macht geben, Paladine zu schaffen, ja. Aber gleichzeitig würden die Götter der Welt die Macht geben, sie zu vernichten.
    Zehn Ritter des Guten.« Der alte Mann zeigte auf den Dolch. »Zehn Ritter des Bösen.«
    »Beim Himmel!«, sagte Gareth und starrte den Dolch an. »Ich hatte keine Ahnung, dass er so… machtvoll sein würde!«
    »Der Hohe Magus versuchte Tamaros davor zu warnen, aber der König entschied, dass er es trotzdem wagen wollte. Das Gute an den Paladinen würde doch sicher das Böse auf wiegen? Er fuhr fort, mit den Göttern zu sprechen. Zur gleichen Zeit wandte ich mich an die Leere. Die Fähigkeit, die Paladine zu vernichten, würde im selben Augenblick geschaffen werden, in dem Tamaros die Macht erhielt, Paladine zu schaffen. Und es war an mir herauszufinden, wie dies geschah.
    Was für eine anstrengende Zeit! Tamaros fastete und betete. Ich fastete ebenfalls, eingeschlossen in meiner Zelle. Ich wagte es nicht, mich von etwas ablenken zu lassen, nicht von Essen, nicht einmal von Wasser. Ich wagte nicht zu schlafen. Ich lauschte dem Dunkel, lauschte Tamaros' Worten auf der anderen Seite der Dunkelheit, Worten, die ich kaum hören konnte, als stünde ich tief in einem Abgrund und er hoch über mir. Aber ich wusste es.
    Ich wusste, in welchem Augenblick er den Segen erhalten hatte. In diesem Augenblick trat der Fluch ins Leben. Aber wo?
    Ich öffnete die Augen und sah mich in meiner Zelle um. Ich suchte überall, unter dem Bett, in meinen Papieren. Ich dachte sogar in meiner ersten Aufregung daran, meinen Schreibtisch zu zerhacken und in den Holzsplittern zu suchen. Ich konnte die Magie der Leere spüren. Es war, als hörte ich ein leises Wassertröpfeln in der Nacht und könnte nicht herausfinden, woher es kommt oder wie es aufzuhalten ist. Ein leises Geräusch, aber nach Stunden des Lauschens dröhnte es schrecklich und monoton in meinem Kopf. Ich konnte nicht schlafen. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als diesem Geräusch ein Ende zu machen. Ich hatte schon vor, weiter danach zu suchen, ziellos wenn nötig, denn ich hatte keine Ahnung, wohin ich mich wenden sollte, als ich mich wieder fasste. Ich beruhigte mich. Ich musste es logisch durchdenken.
    Der Gegenstand war aus der Leere entstanden und würde in der Leere zu finden sein. Ich lauschte dem Dunkel, sog es ganz in mich auf. Du weißt immer noch nicht, was ich fand?«
    »Nein, Meister«, erwiderte Gareth, »ich habe keine Ahnung.«
    »Einen Raum im Tempel, der der Leere geweiht war!« Der Alte grinste triumphierend und genoss den entsetzten Blick seines Schülers.
    »Nein! Wirklich? Im Tempel? Aber wie…«
    »Der Tempel ist alt. Er wurde in jenen Tagen errichtet, als die

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