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Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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Graupel prasselte mehr gegen das Fenster, der Wind drosch nicht mehr auf die Tür ein. Und der alte Mann hatte aufgehört zu atmen.
    Gareth ging zu ihm, griff nach dem Handgelenk des Alten. Es war kalt und schlaff. Der alte Mann war tot.
    Gareth zog die Decke über die leblose Gestalt und glaubte, so etwas wie Trauer verspüren zu müssen – er war seit fünf Jahren heimlich hergekommen, um den Alten zu besuchen –, aber er empfand nichts. Er hatte den Mann niemals wirklich gemocht, und nun fühlte er einfach nur Erleichterung. Es war vorüber. Er hatte den Dolch. Er hatte das Buch, in dem stand, wie er den Dolch benutzen sollte. Er hatte die Macht, das Gegenteil der Paladine in die Welt zu rufen – Geschöpfe von ungeheurer Magie, die Sklaven desjenigen sein würden, der den Dolch benutzte.
    Gareth hob den Dolch ins Feuerlicht und sah, wie sich die Flammen auf der glitzernden Stahlklinge spiegelten. Er gestattete sich einen kurzen Augenblick lang zu glauben, dass er eine Wahl hatte. Dass er dieses finstere Artefakt einfach wegwerfen konnte. König Tamaros würde so friedlich sterben wie dieser böse alte Mann. Helmos würde ein guter und verehrter und sehr beliebter König werden. Die Welt würde sich in unsicherem Frieden weiterdrehen. Er stellte sich das in vollkommener Klarheit vor, und Tränen der Sehnsucht und des Bedauerns liefen ihm über die Wangen.
    Er wischte die Tränen mit dem Ärmel ab.
    Er hatte keine Wahl. Nicht wirklich. Nicht mehr. Er hatte sich schon vor langer Zeit entschieden.
    Du wirst es tun,
hörte er Dagnarus sagen,
weil du mich liebst.
    Gareth griff nach dem Buch und steckte es in die Tasche. Er wickelte den Dolch in ein Stück Tuch, das er aus der Decke des alten Mannes schnitt, und steckte ihn zu dem Buch. Er sah sich ein letztes Mal in der Hütte des Alten um und konnte nichts entdecken, was noch nützlich sein könnte. Gareth öffnete einen Krug Lampenöl, den er schon vor ein paar Tagen für diesen Zweck mitgebracht hatte. Er schüttete es auf das Bettzeug des alten Mannes. Eine Geste Gareths ließ die Flammen aus der Feuerstelle springen. Gierig verschlangen sie das ölgetränkte Tuch. Das Bett ging in Flammen auf.
    Gareth verließ das Haus schnell, bevor der Geruch nach brennendem Fleisch ihn erreichte. Er ging rasch die Gasse entlang, hielt sich im Schatten, obwohl zu dieser Nachtzeit niemand, der noch bei Verstand war, draußen sein würde, vor allem nicht bei solchem Wetter. Als er das Ende der Gasse erreichte, warf er einen Blick zurück und sah, dass die Flammen bereits das Dach erreicht hatten.
    Er bog wieder auf die Südstraße ein. Keine Seele war zu sehen. Der Sturm hatte sich ausgetobt, aber es war immer noch windig, und kalte Luft blies vom aufgewühlten See herein. Der Wind würde das Feuer rasch verbreiten. Bis jemand die Flammen bemerkte, würde die Hütte schon vollkommen zerstört sein, die Leiche verkohlt und nicht mehr zu erkennen.
    Die Seele des Alten war schon in die Leere eingegangen.

Der Dolch der Vrykyl
    »Euer Hoheit«, flüsterte Silwyth dem Prinzen leise ins Ohr, sodass die anwesenden Adligen es nicht hören konnten, »Gareth bittet Euch, ihn heute zur Mittagszeit in dem alten Spielzimmer zu treffen. Er hat Euch etwas sehr Wichtiges mitzuteilen.«
    »Tatsächlich?«, fragte Dagnarus und nippte an seiner heißen Schokolade.
    »Ihr seid heute früh ungewöhnlich guter Laune, Euer Hoheit«, stellte einer der Schmeichler fest.
    »Danke, Lord Malory, ich bin hervorragender Laune. Vielleicht, weil das Wetter so gut ist.«
    »Gutes Wetter, Euer Hoheit?«, sagte der Lord verblüfft.
    »Letzte Nacht gab es einen schrecklichen Sturm, Euer Hoheit«, erklärte Silwyth leise und beugte sich vor, um das Frühstückstablett des Prinzen abzuräumen.
    Dagnarus hatte die Nacht in Valuras Armen verbracht, verborgen in einer Geheimkammer in einem der inneren Flügel des Schlosses, einem Teil des Palastes, der hervorragend für Liebesaffären geeignet war, da er nur für besondere Festlichkeiten geöffnet wurde. Dagnarus hatte weder Wind noch Regen wahrgenommen. Versunken in Seligkeit, hatte er nichts anderes gehört als das Rauschen seines eigenen Blutes. Die beiden Liebenden hatten sich widerstrebend eine Stunde vor der Morgendämmerung getrennt, Valura, um in das kleine Zimmer hinter der Schlafkammer der Königin zurückzuschleichen (ihr Gemahl wohnte allein in ihrem Haus in der Stadt, da Valura darauf bestanden hatte, dass sie in der Nähe der Königin bleiben müsse),

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