Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
Magie der Leere zwar nicht geliebt, aber dennoch geachtet wurde. Und daher gibt es einen Raum, der der Leere geweiht ist. Ich fand ihn. Ich kennzeichnete ihn. Du wirst die Informationen in diesem Buch finden, das du da hast.
Ich ging durchs Dunkel. Das Gefühl, mich meinem Ziel zu nähern, wurde mit jedem Schritt größer – das Tröpfeln wurde lauter, wenn man es so ausdrücken will –, und ich wusste, dass ich auf der richtigen Spur war. Ich tastete mich vorsichtig weiter, denn du weißt, wie oft Leute auch nachts im Tempel unterwegs sind. Aber niemand sah mich. Das war gut so. So angespannt und überarbeitet wie ich war, hätte ich vermutlich jeden getötet, der mich bei meiner Suche gestört hätte.
Ich fand die geheime Kammer. Ich fand den Altar der Leere. Aber was ich suchte, war nicht dort! Ich heulte auf vor Zorn, und es war mir gleich, ob ich den ganzen Tempel weckte oder nicht. Ich glaubte, dass die Leere mit mir spielte, mich angelockt hatte, nur um mich zu verspotten. Aber als ich die Hand auf den schwarzen Altar legte, erhielt ich das Wissen.
Der Gegenstand befand sich in der Mitte des Tempels. Genau wie sich die Leere in der Mitte der vier Elemente befindet.«
»Das große Amphitheater«, warf Gareth ein. »In der Mitte der vier Altäre.«
»Ja. Und dorthin ging ich nun. Ich musste genau wissen, wo ich suchen sollte. Ich musste die exakte Mitte finden, zumindest so exakt, wie ich vermochte. Beginnend am Altar der Menschen ganz vorn, ging ich vorsichtig weiter in den Tempel hinein und zählte dabei die Schritte – eine ermüdende Angelegenheit –, bis ich zu dem gegenüberliegenden Altar der Elfen kam. Dann ging ich zum Altar der Orks, der sich in einem Winkel von neunzig Grad zu dem der Menschen befindet, und von dort zum Altar der Zwerge, immer noch meine Schritte zählend. Stell dir meine Freude vor, als ich merkte, dass sie genau gleich weit voneinander entfernt waren. Rasch berechnete ich, wo sich die Mitte befand. Ich legte die Entfernung zurück und zählte dabei die Schritte laut, damit ich in meiner Aufregung nicht durcheinander geriet.
Dann kam jemand herein, eine Novizin, die die Kerzendochte kürzen wollte.
›Wer ist da?‹ rief sie. ›Ach, Ihr seid es, Ehrenwerter Magus Zober. Was macht Ihr denn hier? Ihr solltet in Eurer warmen Zelle sein. Ihr zittert ja. Ich werde Euch…‹
›Nein, nein, nein!‹, sagte ich mit schriller Stimme und dem unvernünftigen Zorn eines störrischen alten Mannes. ›Lass mich allein! Ich bin zum Beten hierher gekommen!‹ Lautlos wiederholte ich immer wieder die Zahl von Schritten, die ich bereits zurückgelegt hatte, sodass ich nicht wieder von vorn anfangen musste. Das Tropfgeräusch erklang weiter wie diese riesigen Trommeln, die die Orks schlagen, damit die Ruderer den Takt halten.
Endlich ging die Frau, und ich machte weiter. Ich erreichte die Mitte des Raums, und dort war das Trommeln so laut, dass es in meinem Schädel widerzuhallen schien und mein Hirn in Schwingung versetzte. Ich stand zwischen zwei Reihen von Steinbänken. Ich schaute nach unten, und dort vor meinen Füßen lag dieser Dolch, lag einfach am Boden, als hätte ihn jemand fallen lassen. Was ich auch zunächst annahm. Ich hob ihn auf und entdeckte darunter einen schwarzen Kreis auf dem Steinboden. Der Kreis war klein, der Durchmesser entsprach etwa einer Fingerlänge, und das ganze Gebilde wirkte vollkommen unbedeutend. Zahllose Menschen hatten diesen Kreis gesehen, ohne ihn wahrzunehmen. Ich selbst war viele Male hier entlanggegangen und hatte ihn nicht bemerkt. Später stellte ich unschuldige Fragen danach. Warum war dieser Kreis dort? Welchem Zweck diente er?
Man erzählte mir, dass der Erbauer des Tempels ihn dort hinterlassen hatte, weil er ihn für seine Messungen brauchte. Selbstverständlich. Das war nicht anders zu erwarten. Aber du und ich – wir kennen die Wahrheit. Wie alle anderen Gläubigen haben auch wir Anhänger der Leere ein Abbild dessen im Tempel, was wir anbeten.
Ich hob den Dolch an die Lippen und küsste ihn und kniete zum Gebet auf dem schwarzen Kreis nieder. Und ich erfuhr, wie ich diesen Dolch benutzen sollte und zu welchem Zweck.«
»Und der wäre?«, fragte Gareth mit heiserem Flüstern. Sein Mund war trocken, seine Handflächen feucht. Er rieb sie an seinem Gewand.
»Töte einen Mann mit diesem Dolch«, sagte der alte Mann so leise, dass sich Gareth vorbeugen musste, um ihn zu verstehen, »und die Leiche wird deinen Befehlen folgen.«
»Was
Weitere Kostenlose Bücher