Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
Lachen an, das ihm jedoch auf den Lippen erstarb. »Im Ernst?«, rief er ungläubig.
»Ernst!« Gareth starrte seinen Freund wütend an. »Ernst! Ich war zehn Jahre alt, als Ihr mir die Leere gezeigt habt. Zehn Jahre, als Ihr mich dazu gebracht habt, Euch aus Büchern über die Magie der Leere vorzulesen! Ich habe seitdem eine Lüge gelebt, ich habe meinen Frieden, mein Glück geopfert… und Ihr fragt mich, ob ich es ernst meine!«
»Du hättest es jederzeit bleiben lassen können«, erwiderte Dagnarus kühl. »Ich habe dich nie dazu gezwungen, deine Studien der Leere fortzusetzen. Die hast du aus eigener Initiative unternommen.«
»Ich weiß«, antwortete Gareth müde. »Ich weiß, was ich getan habe. Ich würde es auch wieder tun… vielleicht. Verzeiht, Euer Hoheit. Vergebt mir meinen Ausbruch. Ich habe nicht geschlafen. Ich habe die ganze Nacht damit verbracht, so viel wie möglich über diesen Dolch nachzulesen.« Er nickte zu der Waffe hinüber.
»Sag es mir. Wozu ist er gut?«, fragte Dagnarus, und diesmal wirkte er erheblich respektvoller.
»Er kam zur selben Zeit in die Welt, als Eurem Vater die Macht gewährt wurde, Paladine zu schaffen«, fuhr Gareth fort in der Hoffnung, dass dies das Interesse des Prinzen noch mehr schüren würde. Er würde vom Aufflackern einer Flamme in Dagnarus' grünen Augen belohnt. »Ebenso wie der König diese Macht erhielt, kam auch die Macht zur Zerstörung in die Welt. Wer immer diesen Dolch benutzt, kann das finstere Gegenteil eines Paladins erschaffen, einen Schatten, ein untotes Geschöpf mit magischer Kraft und außergewöhnlichen Fähigkeiten, ein Geschöpf, das treu demjenigen dient, der den Dolch benutzt. Aber während ein Paladin seine Magie aus der Lebensenergie bezieht, benutzen die Vrykyl – denn so nennt man diese Geschöpfe – den Tod.«
»Vrykyl. Das klingt elfisch. Was bedeutet es?«
»Es ist tatsächlich ein elfisches Wort. Es bedeutet ›Leichenfresser‹.«
Dagnarus verzog das Gesicht. »Nicht gerade appetitanregend. Wie funktioniert es? Was muss man tun? Welche Zaubersprüche braucht man?«
»Der Bann ist an den Dolch gebunden. Jeder kann ihn benutzen, aber es ist nicht so einfach«, fügte er warnend hinzu, denn er hatte das aufgeregte Aufblitzen in Dagnarus' Augen bemerkt.
»Sag es mir, Fleck«, befahl Dagnarus, und nun streckte er die Hand nach dem Dolch aus.
»Als Erstes erwählt sich der Dolch seine Opfer selbst. Der Dolch muss den geeigneten Kandidaten finden. Daher muss das Opfer jemand sein, der sich der Leere geweiht hat.«
Dagnarus lächelte, und Gareth konnte sich vorstellen, was der Prinz dachte.
»An diese Regel muss man sich unbedingt halten, Euer Hoheit«, betonte er. »Der alte Mann, der mir den Dolch vererbt hat, hat versucht, auf anderem Weg Vrykyl zu schaffen. Es hat nicht funktioniert.«
Dagnarus zog eine Braue hoch und zuckte die Achseln. »Also gut, dann halten wir uns eben an die Regeln. Es sollte nicht zu schwierig sein, jemanden zu finden, den der Dolch akzeptieren kann. Und dann lässt er also die Toten weiterleben. Denk doch nur an die Möglichkeiten, die das aufwirft!«
»Es ist ein unheiliges Leben«, mahnte Gareth schaudernd. »Ein Leben, das dieses Geschöpf nur erhalten kann, indem es tötet.«
»Wir töten jeden Tag, um unser Leben zu erhalten«, stellte Dagnarus fest.
»Ich spreche nicht von Hühnern«, entgegnete Gareth zornig. »Ich spreche von Personen. Ein Vrykyl ernährt sich von den Seelen anderer. Ein Vrykyl hat eine magische Rüstung, genau wie die eines Paladins, aber sie ist schimmernd schwarz. Die Rüstung bedeckt den Vrykyl von Kopf bis Fuß und bleibt ihm erhalten bis zum Tod … «
»Ich dachte, du hättest gesagt, diese Vrykyl seien bereits tot.«
»Dazu komme ich noch, Euer Hoheit. Nachdem ein Vrykyl geschaffen wurde, schmiedet er sich als Erstes einen Dolch aus einem Stück seiner eigenen Knochen. Das ist für ihn recht einfach, da er keinen Schmerz spürt und nicht blutet. Er kann sich einfach einen Arm abschneiden. Dieser Arm ist geschützt von der magischen Rüstung, und er braucht ihn nicht wirklich. Die Rüstung selbst dient als Arm. Sobald das Messer hergestellt ist, benutzt der Vrykyl dieses Knochenmesser, um die Seele eines Opfers zu stehlen und auf diese Weise sein eigenes Leben zu erhalten. Wenn er das nicht tut, wird er irgendwann wieder zu seinem ursprünglichen Zustand zurückkehren. Sein Körper wird damit beginnen, sich langsam aufzulösen, bis schließlich jeder, der den
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