Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
verlagerte.
»Ich warte hier draußen, Euer Hoheit«, sagte der Kerkermeister. »Wir sollten die Zellentür lieber offen lassen.«
»Wir wollen Euch nicht von Euren Pflichten abhalten«, erwiderte Dagnarus freundlich. »Das hier wird ein vertrauliches Verhör.« Er beugte sich näher zu dem Mann und fügte in verschwörerischem Tonfall hinzu: »Zaubererangelegenheiten, Ihr versteht schon.«
»Jawohl, Euer Hoheit.« Der Mann schaute allerdings zweifelnd drein. »Er ist ein übler Bursche, Euer Hoheit. Der schneidet Leuten die Kehle durch, wie andere ausspucken.«
»Ich bin gut bewaffnet«, entgegnete Dagnarus und zeigte ihm Schwert und Messer. »Und ich habe meine Männer, die ich vor der Tür postieren werde.« Er zeigte auf die beiden Soldaten, die sie begleiteten. »Nun müsst Ihr mir erlauben, das Verhör durchzuführen, wie ich es für angemessen halte, denn ansonsten, Kerkermeister, könnte ich auf den Gedanken kommen, dass Ihr meine Autorität in Frage stellt.«
Er sprach beinahe wie im Scherz, aber der Kerkermeister erkannte, dass er zu weit gegangen war. Er verbeugte sich tief und zog sich zurück, aber nicht, bevor er alle ermahnt hatte zu rufen, wenn sie etwas brauchten.
»Wie zum Beispiel frische Luft«, murmelte Dagnarus und zog die Nase kraus. »Wenn ich hier unten festsäße, dann würde ich mich darauf freuen, gehängt zu werden, nur weil mir das eine Gelegenheit gäbe, an die frische Luft zu kommen.«
»Ist Euch klar«, sagte Gareth, der sich entsetzt umsah, leise und tonlos, »dass man mich genau hier einsperren würde, wenn man mich dabei erwischte, wie ich die Magie der Leere praktiziere?«
»Hast du so wenig Vertrauen zu mir?«, fragte Dagnarus, und seine Augen blitzten. »Du weißt doch, dass ich so etwas nie zulassen würde.«
»Ich weiß, dass Ihr alles tun würdet, was Ihr könntet«, meinte Gareth verzweifelt, »aber … «
»Komm schon«, unterbrach ihn Dagnarus kalt. »Wir verschwenden nur unsere Zeit.«
Sie betraten die Zelle langsam und blieben in der Tür stehen, damit ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen konnten. Einige der anderen Zellen hatten kleine Fenster, die in den Felsen geschlagen waren, aber diese hier nicht. Offensichtlich fürchtete man, dass es dem Gefangenen gelingen könnte, durch ein sechs mal sechs Zoll großes Loch zu entweichen und dann eine beinahe senkrechte Wand hinabzuklettern, an deren Ende ihn der sichere Tod in den Wellen erwartete.
Gareth fiel plötzlich auf, dass sie zwar den Gefangenen nicht sehen konnten, er aber inzwischen einen sehr guten Blick auf sie haben musste. Er drängte sich dichter an Dagnarus, dem gerade dasselbe eingefallen war und der seine Hand an den Schwertgriff legte.
»Shakur«, sagte Dagnarus, und seine Stimme hallte laut in der Zelle wider. »Ich bin Prinz Dagnarus. Das hier ist Gareth, mein Freund und Berater. Wir wollen mit dir sprechen. Gareth, bring eine Fackel und schließe die Zellentür – nein, nicht ganz, nur so weit, dass wir unter uns sind.«
»Ich kann Licht machen, Euer Hoheit«, meinte Gareth, der nichts dagegen hatte, seine magischen Fähigkeiten zu benutzen, um vor seinem Freund und dem Gefangenen zu prahlen. Er hob die Hand und befahl dem Stein, Feuer zu fangen, was eine kleine Flamme inmitten der Zelle aufflackern ließ, die sich offensichtlich nur vom Felsen ernährte. Im Licht dieser Fackel sah er ein neues Geschwür auf seinem Handrücken. Er zupfte den Ärmel der Kutte darüber.
Das Feuer brannte hell und warf sein Licht auf den Gefangenen, der auf einer Strohmatratze am Boden gelegen hatte und sich nun aufsetzte, um zunächst das Feuer anzustarren, dann die beiden jungen Männer. Als Gareth das Gesicht des Gefangenen sah, wich er nach hinten zurück, bis er gegen die Zellenwand stieß.
»Was ist denn jetzt schon wieder?«, wollte Dagnarus gereizt wissen und drehte sich um, um seinen Freund anzustarren.
»Ich kenne diesen Mann!«, keuchte Gareth und zeigte auf Shakur, als gäbe es vierzig Insassen in der Zelle und er müsste einen von ihnen kenntlich machen. »Als ich noch klein war… ich war bei Hauptmann Argot. Er setzte mich auf sein Pferd. Dieser Mann dort war als Deserteur gefangen genommen worden. Er stieß mich vom Pferd und versuchte zu fliehen. Ich habe es Euch damals erzählt, Euer Hoheit. Ihr erinnert Euch doch sicher?«
»Nein, das tue ich nicht«, meinte Dagnarus achtlos und betrachtete den Gefangenen.
»Ihr müsst Euch erinnern! Ich hatte wochenlang
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