Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
dass er hierher gehört. Dass er einer von uns ist.«
Der Paladin ließ sich auf ein Knie nieder. Zum Teil tat er dies, weil er von der gebückten Haltung langsam Rückenschmerzen bekam, aber zum anderen auch, weil er glaubte, dass diese Kinder seinen Respekt verdient hatten.
»Ich bitte euch demütigst um Verzeihung«, sagte er. »Ich habe es nicht verstanden und mein Urteil zu schnell gefällt. Bitte nehmt meine Entschuldigung entgegen, Hüter des Steins.«
»Wir nehmen sie an, Lord Gregor«, sagte das Mädchen mit einem ein wenig altmodischen Ernst, der gut zu dem von König Helmos gepasst hätte. »Und nun sagt uns, warum Ihr zur Stadt der Pferdelosen gekommen seid.«
»Ich kam, um mit Lord Dunner zu sprechen«, erwiderte Lord Gregor. »Er hat den Stein der Könige von meinem König entgegengenommen, um ihn im Dienst eures Volkes zu benutzen. Als er den Stein erhielt, hat Lord Dunner auch einen Eid geschworen, dass die Zwerge den Stein zurückgeben würden, falls mein König ihn jemals brauchen sollte, um uns in einem Kampf zu helfen. Nun ist mein König in großer Not«, fuhr der Paladin schlicht fort, »und er hat mich geschickt, um darum zu bitten, dass dem Schwur Folge geleistet wird. Ich hatte gehofft, mit Lord Dunner sprechen zu können.«
Die Kinder sahen einander an. Sie schienen bei diesem Blick zu einer Art Übereinkunft zu kommen. »Wir kennen Lord Dunner«, sagte das Mädchen. »Er ist der Einzige außer uns, der hierher kommt, um dem Stein die Ehre zu erweisen. Aber wir wissen nicht, wo er ist.«
»Hätte er gewusst, dass Ihr unterwegs seid«, fügte der Junge hinzu, »dann wäre er jetzt sicher hier.«
»Ich habe keine Botschaft vorausgeschickt«, erklärte Lord Gregor und hatte mehr und mehr das Gefühl, von Anfang an alles falsch gemacht zu haben. »Ich bin eilig aufgebrochen. Unser Königreich ist in schrecklicher Gefahr.«
»Wer hat diesen Krieg angezettelt?«, fragte das Mädchen.
Lord Gregor erklärte alles, so gut er konnte. Er erzählte ihnen, wie sich Prinz Dagnarus dem Bösen zugewandt hatte und dass er nun versuchte, König zu werden, obwohl er kein Recht auf den Thron hatte.
»Ein Krieg zwischen Brüdern«, meinte das Mädchen, um für sich noch einmal zu bestätigen, was sie gehört hatte.
»Ja, das ist wahr«, gab Gregor zu.
»Mein Vater ist der Anführer seines Klans«, erzählte das Mädchen. »Wenn er und mein Onkel gegeneinander kämpfen würden, würden die Menschen uns dann ihren Teil des Steins der Könige schicken, um dem einen zu helfen, den anderen zu besiegen?«
»Ich… nun ja…« Der Paladin konnte nicht lügen. Schon der Gedanke war selbstverständlich absurd. Er versuchte, diesen Kindern beizubringen, dass eine Familienfehde unter Zwergen etwas anderes war als der Krieg zwischen dem König von Vinnengael und seinem Dämonenbruder.
»Und woher wollen die Menschen wissen, welcher Bruder im Recht ist?«, fragte ein Junge. »Vielleicht ist der Klanhäuptling ein schlechter Anführer. Vielleicht wäre sein Bruder ein besserer. Vielleicht hat der Bruder verdient, der Anführer zu sein. Ihr Menschen würdet das nicht wissen. Ihr könntet dem Falschen den Stein schicken.«
»Ihr Menschen würdet den Stein überhaupt nicht schicken«, warf ein anderer Junge ein und bedachte Lord Gregor mit einem durchdringenden Blick. »Oder?«
»Es besteht da ein gewaltiger Unterschied«, versuchte Lord Gregor zu erklären. »Vinnengael ist ein immenses Reich; das mächtigste Königreich auf dem ganzen Kontinent! Was immer in Vinnengael geschieht, wird sich auf alle auswirken – auch die Zwerge. Während das, was innerhalb eines einzelnen Zwergenklans geschieht… nun… nicht so wichtig ist«, schloss er ein wenig unsicher.
»Für uns ist es schon wichtig«, sagte das Mädchen. »Für jene, die dem Klan angehören, ist dieser Klan ihr Kontinent. Er ist die mächtigste Kraft ihrer Welt. Dieses Reich Vinnengael, von dem Ihr sprecht, ist weit weg von uns.«
»Und ebenso, wie sich kein Klan in die Angelegenheiten eines anderen einmischen wird«, sagte der Junge, »sollten wir Zwerge uns nicht in die Angelegenheiten von euch Menschen einmischen.«
»Wir werden unseren Teil des Steins der Könige behalten«, erklärte das Mädchen. »Wir wissen, dass er hier in Sicherheit ist und wir ihm jeden Tag Ehre erweisen.«
Sie nahm den Stein vom Hals und legte ihn voller Respekt wieder auf die Pferdedecke zurück. Die Zwergenkinder versammelten sich um den Stein und verbeugten sich vor
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