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Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis

Titel: Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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herunter. »Wie ist denn Euer Lehrer so?«, wechselte er das Thema. »Ist er gemein?«
    »Bah! Der Mann ist ein Weichling. Unterricht ist sowieso Zeitverschwendung. Ich lerne von Hauptmann Argot zehnmal mehr als von Evaristo. Normaler weise bin ich nicht mal hier, wenn er kommt.« Dagnarus blickte von seinen Soldaten auf. »Ich bin nur hier, weil anderenfalls…« Er hielt inne, runzelte die Stirn und brachte eine Reihe von Soldaten mit einem Fingerschnippen zu Fall.
    »Wenn Ihr nicht hier wäret, würden sie mich schlagen«, ergänzte Gareth, erwärmt von dem, was er für Mitgefühl seitens des Prinzen hielt.
    »Das ist es nicht«, schnaubte Dagnarus. »Immerhin ist es deine Pflicht, dich schlagen zu lassen. Es ist nur…« Er konzentrierte sich stirnrunzelnd wieder auf seine Soldaten. »Ich will nicht, dass sie dich wieder wegschicken«, sagte er schließlich leise.
    »Der Ehrenwerte Magus Evaristo«, verkündete der Kämmerer.
    Dagnarus verzog das Gesicht. Gareth blickte furchtsam auf, weil er neue Qualen befürchtete. Seine Angst schwand, als er den jungen Mann mit dem freundlichen Blick entdeckte, der das Zimmer betrat.
    Evaristo war dreißig, obwohl ihn sein schmales Gesicht und sein vergnügtes Lächeln jünger erscheinen ließen. Gekleidet war er in das Gewand seines Ordens, die braune Robe des Ordens des Wissens, und dessen Zeichen – ein goldener Schlüssel – hing an einer Kette um seinen Hals. Über dem Gewand trug er das den Magiern vorbehaltene rote Skapulier, das ihn auch in einer Menschenmenge sofort als solchen kenntlich machen würde. Er hatte mehrere dicke Bücher mitgebracht.
    Evaristo schien ausgesprochen verblüfft, den Prinzen zu sehen.
    »Euer Hoheit, was für eine angenehme Überraschung«, sagte er. »Womit habe ich diese Ehre verdient?«
    Dagnarus sah ihn wütend und aus blitzenden grünen Augen an. Offensichtlich gefiel es ihm nicht, wenn man sich über ihn lustig machte. Er sprang auf und starrte den Lehrer an.
    »Ihr solltet nicht in diesem Ton mit mir sprechen! Ich bin Euer Prinz!«
    »Ihr seid ein dummer kleiner Junge, der sich nicht um seine Studien kümmert und deshalb ein dummer erwachsener Mann sein wird«, erklärte Evaristo ganz ruhig. Er ignorierte Dagnarus' Zorn und lächelte auf Gareth nieder. »Und das ist wohl der Prügelknabe.«
    »Ich heiße Gareth«, sagte der Knabe und verbeugte sich tief.
    »Deine Anwesenheit hier hat schon eine Veränderung bewirkt, Gareth«, meinte Evaristo, legte die Bücher auf den Tisch und rückte die Stühle zurecht. »Es ist lange her, seit Seine Hoheit sich dazu herabgelassen hat, zum Unterricht zu erscheinen.«
    Evaristo war noch mit den Stühlen beschäftigt und bemerkte daher nicht das kleine spöttische Lächeln auf Dagnarus' Lippen. Obwohl Gareth Dagnarus am Vortag zum ersten Mal begegnet war, kannte er ihn doch schon besser als sein Lehrer. Dagnarus war an diesem Morgen hier, um dafür zu sorgen, dass sein neuer Gefährte nicht als Versager betrachtet und wieder weggeschickt wurde.
    Was Gareth anging, so hielt er Schläge für den gerechten Preis für eine gute Erziehung. Lesen und Schreiben zu lernen gehörte zu seinen glücklichsten Erinnerungen an ein Zuhause, das bereits aus seinem Gedächtnis verschwand wie ein Traum, der einem beim Aufwachen noch klar vor Augen steht, aber unter dem Einfluss der Tagesereignisse verblasst.
    Evaristo war ein weiser Mann, ein geduldiger Mann, ein hervorragender Lehrer für einen Schüler, der wirklich lernen wollte. An diesem ersten Tag arbeitete er eine Stunde lang mit Gareth – während Dagnarus gegen Tischbeine trat oder seine Feder benutzte, um Soldaten, die einander mit riesigen Schwertern durchbohrten, in die seltenen Bücher zu kritzeln.
    Endlich langweilte sich der Prinz dermaßen, dass er aufstand und zum Fenster ging, wo er sehnsüchtig die Soldaten beobachtete, die im Hof gedrillt wurden. Nachdem sie fertig und abmarschiert waren, amüsierte er sich damit, von der Fensterbank gestemmte Ziegelbröckchen auf das Pflaster hinunterzuwerfen, um ahnungslose Passanten zu erschrecken.
    Evaristo war dankbar, dass ihn endlich jemand zu schätzen wusste, und achtete nicht weiter auf den Prinzen. Gareth war, nachdem sich seine erste Schüchternheit gelegt hatte, ganz begierig darauf, die Anerkennung seines Lehrers zu erringen.
    Er las jeden Text, der ihm vorgelegt wurde, von den Lesebüchern, die seine Kinderfrau ihm gegeben hatte, damit er sie nicht bei ihrem Mittagsschlaf störte, bis hin zu einem

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