Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
nachäfften. R'lt ging zu den Kriegern, die ihm sofort Platz machten und in ihren inneren Kreis ließen. Seine Schüler – falls die jüngeren Taan so etwas darstellten – hockten sich in einiger Entfernung vom Kreis hin und wachten aufmerksam über ihren Meister.
Nachdem das Lager sauber war, begannen die Arbeiter mit dem Kochen. Die Taan hatten in den vergangenen Tagen mehrere Wildschweine auf der Jagd erlegt, und diese brieten nun in einer Grube. Wildschweine waren starkes Essen, hatte Dur-zor Rabe erzählt, und waren es wert, an einem Gottestag gegessen zu werden.
Der Geruch nach Wildschweinbraten war quälend für Rabe, der erst bei Sonnenuntergang zu essen bekommen würde, und dann zweifellos nichts vom Wildschwein. Das würde als Erstes an die Krieger gehen, und wenn es noch Reste gab, fielen die an die Arbeiter und Kinder. Sklaven und Halbtaan erhielten schwaches Essen: Kaninchen, Reh, Eichhörnchen.
Rabe beobachtete alles, was im Lager vor sich ging, in der Hoffnung, Dur-zor irgendwo zu entdecken und sie auf sich aufmerksam machen zu können. Er hegte allerdings kaum Hoffnung, denn während sie arbeitete, schaute Dur-zor nie in seine Richtung. Daher verblüffte es ihn, als sie an diesem Morgen zu ihm hinsah, und er war ausgesprochen erfreut, als sie auf ihn zukam.
»Qu-tok hat mich geschickt«, sagte sie und stellte Rabe eine Schale mit Essen hin. »Er will, dass du jetzt isst, damit du stark aussiehst, wenn der Erwählte der Götter kommt, um zu entscheiden, was die Sklaven wert sind.«
»Dur-zor«, bat Rabe, »bleib noch einen Moment. Sag mir, was passieren wird.«
Dur-zor hielt inne und warf einen unsicheren Blick zu Qu-tok hinüber. »Ich habe viel zu tun – «, meinte sie.
»Wenn du nicht hier bleibst, werde ich nicht essen«, sagte Rabe und schob die Schale mit dampfendem Fleisch weg. Er tat es ungern, denn er wusste, dass Dur-zor bestraft werden würde, wenn er nichts aß. Sie würde vermutlich ohnehin bestraft werden, aber er hatte keine andere Wahl. Er war verzweifelt.
»Also gut«, sagte sie und hockte sich neben ihn. »Heute früh reinigen wir das Lager und machen es bereit für die Anwesenheit des Gottes oder seines Auserwählten, falls der Gott zu viel zu tun hat, um herzukommen. Wenn die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, werden die Kdah-klks beginnen.«
»Was sind diese… Dinger?« Rabe hätte das Wort Kdah-klks nicht aussprechen können, ohne dabei zu ersticken.
»Wettkämpfe zwischen Kriegern. Vor langer Zeit, in der Heimatwelt der Taan, wurden die Nizam unter den stärksten Kriegern auserwählt. Um zu entscheiden, wer der Stärkste war, kamen die Krieger zusammen und kämpften um die Ehre, Stammesoberhaupt zu sein. Der Kampf ging bis zum Tod. Wenn der Verlierer nicht starb, wurde er aus dem Stamm ausgeschlossen, was dem Tod gleichkam. Unser Gott sagt, das sei Verschwendung, denn auf diese Weise würden zu viele starke Krieger getötet. Er sagt, von nun an würden die Kdahklks ihm zu Ehren stattfinden. Nun kämpfen die Krieger um Preise, die der Gott aussetzt, um Waffen oder Rüstung und um die Ehre. Verstehst du, was ich meine?«
Rabe antwortete nicht sofort. Er kaute nun langsamer und dachte nach. »Was wird mit mir und den anderen Sklaven geschehen?«
»Für gewöhnlich kommt unser Gott oder einer seiner Auserwählten, um sich die Kdah-klks anzusehen, denn unser Gott mag diese Wettbewerbe. Wenn die Kdah-klks vorüber sind, wird er Preise verleihen. Dann ruft er nach den Sklaven. Die Taan, die Sklaven genommen haben, bringen sie zu unserem Gott, und er bestimmt ihren Wert, und dann tauscht er Waffen und Rüstung gegen jeden der Sklaven, die er als seine Diener auserwählt. Alle Sklaven, die er bezeichnet, werden dann in die Minen gebracht oder wohin unser Gott sie sonst schicken will. Die Frauen bleiben wahrscheinlich hier. Du kannst sicher sein, dass man dich in die Minen schickt, denn unser Gott braucht starke Sklaven, die dort arbeiten.«
Bildete er es sich nur ein, oder klang das, als täte es ihr ein wenig Leid? Rabe hatte sich schon gefragt, ob ihre täglichen Gespräche ihr irgendetwas bedeuteten, ob es ihr gefiel, mit ihm zu sprechen, oder ob es nur eine weitere Arbeit darstellte. Er hatte angenommen, dass es nur Pflichterfüllung war, aber nun zweifelte er daran.
Er schwieg und kaute langsam den letzten Rest Fleisch. Durzor warf weiter beunruhigte Blicke über die Schulter zu Qutok. Zum Glück lauschte der Krieger gebannt der Geschichte eines anderen Kriegers
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