Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
wollte, und dennoch war sie ihm entkommen. Aber als er länger darüber nachdachte, wurde er wieder ruhiger. Sie mochte flattern, aber sie konnte sich nicht aus dem Netz befreien. Sie würde seine Bedingungen akzeptieren. Er hatte die Qual in ihrem Blick bemerkt. Sie würde ihren Mann niemals opfern.
»Pecwae… Trevinici…«, murmelte Valura leise.
Die liebreizende Lady Godelieve hatte die Gestalt eines Gärtnerlehrlings angenommen, den sie in Erwartung einer solchen Situation schon getötet hatte, und das Gespräch des Schilds mit dem Paladin belauscht. Sie hatte am Boden gekniet und so getan, als jäte sie Unkraut unter der Bougainvillea, und niemand hatte auf sie geachtet, denn ein Gärtnerlehrling war so unbedeutend, dass er für die meisten im Haushalt des Schilds so gut wie unsichtbar war. Valura war entschlossen, Damra zu folgen, behielt die Gestalt des Lehrlings bei und ging in den ersten Garten. Dabei nahm sie den Dienstbotenweg, denn es ziemte sich nicht, sich auf dem Hauptweg sehen zu lassen. Die Wachen bemerkten sie selbstverständlich, denn selbst der geringste Diener konnte ein Attentäter sein. Sie durchsuchten sie routinemäßig nach Waffen, fanden aber nichts. Die Magie der Leere verbirgt das Blutmesser vor neugierigen Blicken. Da der Dienstbotenweg kürzer war, erreichte Valura den Garten lange vor Damra und dem Hüter.
Sie sank hinter einer niedrigen Steinmauer auf die Knie und spähte vorsichtig über die Kante. Als sie die vier wartenden Besucher sah, legte sie die Hand auf das Blutmesser. »Shakur…« Der Name summte durch das Messer. Sie spürte seine Antwort. »Valura.«
Shakur verachtete sie. Er war eifersüchtig auf ihre Stellung bei Dagnarus. Das wusste sie genau, und sie genoss es – es war eines der wenigen Vergnügen, die ihr geblieben waren. Aneinander gebunden durch das Blutmesser und, wichtiger noch, durch den Dolch der Vrykyl, hatten sie keine andere Wahl als zusammenzuarbeiten. Vielleicht würde ein Zeitpunkt kommen, an dem sie gezwungen wären, einander zu vernichten, aber es war noch nicht so weit. Sie arbeiteten für das gleiche Ziel – den Aufstieg ihres Herrn. »Du hast mir von einem Trevinici-Jungen und zwei Pecwae erzählt. Du sagtest, es wäre möglich, dass sie etwas mit dem Teil des Steins der Könige zu tun haben, der den Menschen zugefallen ist.«
»Ja… Warum? Hast du etwas von ihnen gehört?«
»Hast du eine Beschreibung? Wie sehen sie aus?«
»Sie sehen aus wie ein verfluchter Trevinici und zwei verfluchte Pecwae«, entgegnete Shakur.
»Gibt es nichts Besonderes an ihnen?«
»Einer – der Trevinici – hat Svelanas Blutmesser.« Valura spähte über die Mauer. Der junge Trevinici-Krieger ging im Garten auf eine Weise auf und ab, die für seinen elfischen Gastgeber äußerst beleidigend war, denn man erwartete von allen, die den Garten betraten, dass sie in Staunen und Bewunderung versanken. Der Nimoreaner sprach mit ihm, legte ihm die Hand auf die Schulter, versuchte, ihn zu beruhigen. Wie ein Hai selbst die winzigste Menge von Blut im gewaltigen Ozean spürt, spürte Valura die Präsenz des Blutmessers in der gewaltigen Leere. Der Trevinici trug tatsächlich das Messer bei sich.
»Ja, er hat es, Shakur.«
»Auf diese Weise bin ich ihm gefolgt, denn er war dumm genug, es zu benutzen, um zu töten. Inzwischen muss man ihn jedoch gewarnt haben, denn er hat es viele Wochen lang nicht verwendet. Wo bist du? Und was wichtiger ist, wo sind sie?«
»Der Trevinici und seine Begleiter befinden sich im ersten Garten im Palast des Schilds in Glymrae.«
»Was im Namen der Leere machen sie da?« Shakur war verblüfft.
»Sie sind hergekommen, um mit einem Paladin zu sprechen – einer gewissen Damra von Gwyenoc. Es geht um die letzte Bitte eines Sterbenden.«
»Das ist es!« Shakur war begeistert. »Es muss mit dem Stein der Könige zu tun haben! Zumindest müssen sie etwas darüber wissen. Ich bin bei unserem Herrn, in der Nähe des Tromek-Portals. Wenn ich ein paar Pferde töte, kann ich in – «
»Nicht früh genug«, erklärte Valura kühl. »Bleib du bei unserem Herrn. Ich kümmere mich darum.«
Sie konnte ihr Glück kaum fassen – in der Lage zu sein, Dagnarus gleich zwei Teile des Steins der König zu überreichen, den der Elfen und den der Menschen! Besonders den der Menschen, den er seit zweihundert Jahren suchte, für den er getötet hatte und für dessen Besitz er beinahe gestorben wäre. Er würde sie dafür ehren und vielleicht sogar wieder
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