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Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter

Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter

Titel: Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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sich daher, sie so weit wie möglich zu ignorieren. Die Ehrenwerte Ahnfrau blieb weiterhin mit ihr in Verbindung, aber sie machte kein Geheimnis aus der Tatsache, dass ihre kriegerische Enkelin sie enttäuschte. Wann immer sie Damra besuchte, beeilte sie sich, sie daran zu erinnern, dass ihre jüngere Schwester bereits sechzehn Kinder hatte und schon wieder schwanger war.
    Damra verweilte einen Augenblick am Schrein und schob einen Orchideenzweig in der Vase zurecht in der Hoffnung, die Ehrenwerte Ahnfrau würde nicht ausgerechnet diesen Augenblick für einen Besuch wählen. Der Schrein blieb leer.
    Ein wenig entspannter und ruhiger setzte sich Damra nieder, um sich ihrer eigenen Mahlzeit zu widmen. Sie hob einen Löffel der scharf gewürzten Ingwer-Kürbissuppe an die Lippen.
    »Esst das nicht, Damra von Gwyenoc«, sagte eine Stimme.
    Damra erschrak. Der Löffel zuckte in ihrer Hand, und Suppe floss auf ihren Schoß. Die Stimme war aus der Nähe des kleinen Schreins gekommen, aber es war nicht die Stimme der Ehrenwerten Ahnfrau. Damra spähte in die Richtung, aus der die Stimme erklungen war. Als sie keine geisterhafte Gestalt entdeckte, sah sie sich rasch um.
    »Wer seid Ihr, und warum sprecht Ihr aus dem Schatten zu mir?«, fragte sie. »Zeigt Euch, und dann sagt mir, warum ich die Mahlzeit, die mein Gastgeber mir angeboten hat, nicht zu mir nehmen sollte.«
    Eine Gestalt erschien in der Nähe des Schreins, kam hinter dem Schirm hervor. Das hier war kein Geist, weder ein freundlicher noch ein anderer. Dies war ein sterbliches Wesen, ein Elf aus Fleisch und Blut. Damra hatte keine Angst vor Attentätern – die Rüstung eines Paladin würde sie sofort vor Gefahr schützen, ob sie sie selbst wahrnahm oder nicht. Ihr erster Gedanke war Zorn auf sich selbst, weil sie sich nicht die Zeit genommen hatte, das Zimmer zu durchsuchen. Immerhin befand sie sich im Haus des Mannes, der ihren Mann gefangen genommen hatte und sein Leben bedrohte.
    Der Elf kam näher und trat in das Licht der einzelnen Kerze, die am Schrein brannte. Damra konzentrierte sich zunächst auf die Maske, die um seine Augen tätowiert war. Sie konnte sehr gut sehen, hatte die Augen eines Raben, aber bei diesem Mann konnte sie die Einzelheiten der Maske nicht erkennen, die um die Augen eines jeden Kindes tätowiert wird, um seine Herkunft kenntlich zu machen. Der Elf war alt, vielleicht der älteste, den Damra je gesehen hatte. Die tätowierte Maske war vom Alter verschwommen.
    Die Schultern des Elfen waren verkrümmt, sein Rücken gebeugt von der Last der Jahre, und er ging weniger, als dass er schlich. Er stützte sich schwer auf einen abgenutzten Holzstock. Sein faltiges Gesicht sah aus wie ein verschrumpelter Apfel. Sein Kopf war kahl; nicht ein einziges Haar war ihm geblieben. Zwei dunkle, mandelförmige Augen spähten Damra unter wimpernlosen Lidern her an, die gerötet und gespannt waren, so dass sie die dünnen Adern unter der Haut erkennen konnte. Seine Augen jedoch waren klar und nicht überzogen von der Trübung, die häufig im fortgeschrittenen Alter entsteht. Die Augen enthüllten nichts, reflektierten nur die stetige Kerzenflamme auf dem Tablett. Er sagte nichts mehr, sondern schien zufrieden damit, auf sie zu warten.
    So verärgert und gereizt sie zunächst gewesen war, tat dieser uralte Mann ihr nun Leid, denn sie nahm an, dass er aus Versehen ins Gästehaus gekommen war. Dennoch, seine Stimme hatte klar und deutlich geklungen, nicht bebend und verwirrt. Dieser Mann mochte senil sein, aber er war älter als sie und verdiente ihren Respekt.
    »Ehrenwerter Vater, Ihr kommt hier im Dunkeln hereingeschlichen, sprecht mit mir, als würdet Ihr mich kennen, und weist mich an, diese Suppe nicht zu essen. Ich möchte Euch darum bitten, mir dieses Rätsel zu erklären. Wer seid Ihr? Was ist Euer Haus, Euer Name?«
    Der Elf kam weiter auf sie zu, bis er sehr nahe am Tisch stand. Langsam und entschlossen setzte er das eisenbeschlagene Ende seines Stocks auf den Boden, so dass es keinen Lärm verursachte. Und die ganze Zeit über betrachtete er sie forschend aus rot geränderten Augen.
    »Mein Haus ist das Haus Kinnoth«, antwortete der Elf mit schwacher Stimme, als müsse jeder Atemzug sorgfältig bemessen und nicht auf Worte verschwendet werden, weil er ihn unbedingt brauchte, um sein Leben zu wahren. »Das verfluchte Haus. Und was meinen Namen angeht, so hatte er einmal Bedeutung und Ehre, aber ich habe beides verloren. Mein Name ist

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