Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
drückte ihn an seine Brust. Er schaute von einem zum anderen. »Und was machen wir jetzt?«
»Schlafen«, erklärte die Großmutter nachdrücklich.
Es lag Damra auf der Zunge, ungeduldig zu verkünden, dass sie keine Zeit zum Schlafen hatten, sondern sofort gehen mussten. Das war nun einmal ihre Art – sofort handeln. Sie dachte bereits darüber nach, welche Ausreden sie dem Schild gegenüber verwenden sollte, wie sie zum Portal kommen konnten und was sie mitnehmen musste. Wenn sie sich erst einmal zu etwas entschlossen hatte, wollte Damra es immer sofort erledigen. Sie war eine schreckliche Mah-Jongg-Spielerin und gab jede Chance für einen
Kong
von Drachen auf, damit sie ein
Chow
erhalten konnte. So ging es ihr auch im Leben, sie drängte immer vorwärts und hielt nie inne, um über die Konsequenzen nachzudenken.
Sie hielt nie inne, um an andere zu denken.
Ruhig, Damra, versuchte sie sich zu zügeln. Dieses eine Mal bleib ruhig. Sieh sie dir an. Sie sind erschöpft. Sie werden in dieser Nacht nicht mehr weit kommen können. Und du brauchst Zeit zum Nachdenken. Die Tatsache, dass der Teil des Steins der Könige, der den Menschen zugefallen ist, wiederentdeckt wurde, ist wie ein Erdbeben, das eine gewaltige Kluft in die Landschaft reißen und selbst die Elfennation bis in ihre Grundfesten erschüttern wird. Du musst über die Auswirkungen nachdenken, du musst darüber nachdenken, was du dem Göttlichen sagen wirst und wann und wie du am besten für die Sicherheit des Steins sorgen und ihn geheim halten kannst. Diese Entdeckung könnte ihr durchaus einen Vorteil über den Schild verschaffen. Um Griffiths Leben zu retten, durfte sie nicht den einfachen Weg gehen, weil er der schnellste und leichteste war. Sie musste geduldig auf die Drachen warten.
»Habt ihr eine Zuflucht für die Nacht?«, fragte sie Arim.
Er nickte. »Die gleiche, in der ich immer übernachte. Du weißt, wovon ich rede.«
»Lasst nicht zu, dass jemand in eure Nähe kommt«, warnte Damra. »Niemand. Der Vrykyl kann alle möglichen Gestalten annehmen, um die Achtlosen zu überfallen.«
»Das hat Griffith mir einmal gesagt«, erklärte Arim leise. »Ich verstehe.«
»Gut.« Sie warf einen Blick zu Jessan, zu dem Bogen und den Pfeilen, die er bei sich trug. »Du solltest ihm ein Schwert besorgen. Wir brauchen alle Hilfe, die wir bekommen können. Wir treffen uns morgen in der Stadt in der Straße der Drachenbauer.«
Damra hielt Jessan die Hand hin. Er sah sie verblüfft an, aber dann lächelte er und ergriff ihre Hand. Damra schüttelte auch die Hand der Großmutter, die sich wie eine Vogelklaue anfühlte. Endlich schüttelte sie Bashaes Hand.
»Ich kann dir deine Last nicht abnehmen«, sagte sie, »aber ich kann dich bewachen, bis du dein endgültiges Ziel erreicht hast.«
»Und wo ist das?«, fragte Bashae.
Die Großmutter schubste ihn mit ihrem Stock.
»Morgen«, sagte sie, drehte sich um und verließ den Garten, wobei sie die Elfenwachen sehr verstörte, indem sie ihren Stock zu einem langen Blick hob, als sie vorbeistolzierte.
»Mögen eure Ahnen heute Nacht über euch wachen«, sagte Damra leise zu Arim.
Sie achteten sorgfältig darauf, sich zu verabschieden wie flüchtige Bekannte und nahmen einander nicht in den Arm wie die guten Freunde, die sie waren.
»Mögen deine Ahnen über dich wachen«, entgegnete Arim die rituellen Abschiedsworte.
Es mochte durchaus sein, dass die Ahnen wachten, aber sie waren nicht die Einzigen.
Als Damra ins Gästehaus zurückkehrte, warteten dort fünf Diener des Schilds geduldig auf sie, vier mit Tabletts und der fünfte mit einer Botschaft des Schilds, die besagte, er schicke ihr Delikatessen von seinem eigenen Tisch, da sie das Abendessen verpasst habe. Er verlieh seinem Bedauern Ausdruck, dass sie sich nicht noch einmal treffen und miteinander sprechen konnten, aber vielleicht würde eine weitere Begegnung in ein paar Wochen arrangiert werden können. Es bedrückte ihn sehr, dass sein voller Terminplan ihn daran hinderte, sie eher zu sehen. Er wäre allerdings entzückt über eine Botschaft von ihr und wünschte ihr eine sichere und angenehme Reise nach Hause, falls sie sich entscheiden würde zu gehen. Sollte sie bleiben wollen, müsse er sie zu seinem Bedauern in ein anderes Gästehaus verlegen, denn dies hier würde für Mitglieder der Familie seiner Frau benötigt.
Dies war eine höfliche Art ihr mitzuteilen, sie solle am nächsten Morgen verschwinden. Falls sie sich entschloss zu
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