Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
niedergeschlagene Miene seines Freundes bemerkte, sagte er zerknirscht: »Es tut mir Leid, Jessan. Ich weiß, dass du unbedingt mit deinem Onkel gehen wolltest. Welchen Grund für seine Entscheidung hat er dir genannt?«
»Mein Onkel sagt, dass dieser Auftrag, für den die Götter selbst mich auserwählt haben, wichtiger ist, als mich in Dunkarga der Armee anzuschließen. Das kann ich immer noch tun, wenn ich zurückkomme. Ich habe darüber nachgedacht. Vielleicht hat er ja Recht. Es wird ein Abenteuer sein, wie du sagst. Wir reisen ins Elfenland! Niemand aus unserem Dorf ist je so weit gekommen.«
Bashae vollführte einen kleinen Tanz und klatschte in die Hände. »Und ich werde der erste Pecwae sein, der dorthin reist«, meinte er stolz. »Ich bin froh, dass du mitkommst. Ich hätte schreckliche Angst gehabt, wenn ich allein hätte gehen müssen; aber wenn du dabei bist, habe ich keine Angst.«
Jessan seufzte und schüttelte den Kopf. Er wünschte sich, ebensoviel Begeisterung aufbringen zu können. Aber er war zu bitterlich enttäuscht. Als er zur Sonne aufblickte, sah er, dass sie schon vor einiger Zeit ihren Höchststand erreicht hatte und nun nach Westen weiterzog. »Ich muss gehen. Mein Onkel möchte bald aufbrechen. Geh du zum Ritter. Wir treffen uns dort.«
Jessan drehte sich um und ging.
»Das hier war zweifellos der schlimmste Tag meines Lebens«, murmelte er leise. »Ich werde froh sein, wenn er vorüber ist.«
Aber zumindest, dachte er und verspürte einen seltsam schmerzlichen Trost, ist schon alles schief gegangen, was schief gehen konnte. Er vermochte sich nicht vorzustellen, dass ihm noch Schlimmeres zustoßen könnte.
Er war noch nicht weit gekommen, als er hinter sich aufgeregte Schritte und eine atemlose Stimme hörte, die seinen Namen rief. Als er sich umdrehte, kam Bashae auf ihn zugerannt.
»O Jessan! Bin ich froh, dass ich dich noch eingeholt habe! Ich habe ganz vergessen, dir die gute Nachricht zu überbringen«, sagte Bashae, der vor Begeisterung ganz außer Atem war. »Die Großmutter hat beschlossen, uns zu begleiten.«
Rabenschwinge hatte alles gepackt und war nun zum Aufbruch bereit. Das halbe Dorf war gekommen, um ihm Glück zu wünschen, ebenso wie dem Zwerg. Wolfram hielt das Pferd am Zügel, streichelte die Nase des Tieres und redete leise auf es ein. Rabe sollte das Pferd des Ritters reiten. Der Krieger hatte sich zunächst geweigert, ein solch königliches Geschenk anzunehmen, aber Gustav hatte ganz richtig erklärt, dass er nie wieder reiten würde. Gustav wusste genau, dass die praktisch denkenden Trevinici das Pferd nur vor den Pflug spannen würden, wenn man es im Dorf zurückließ. Es war besser, wenn dieses stolze Tier sein Leben auf einem Schlachtfeld beendete.
Rabe unterhielt sich mit den Dorfältesten, die sich alle um ihn versammelt hatten, um den wunderbar gearbeiteten Ledersattel des Pferdes und die Zügel zu bewundern. Eine ordentlich zusammengerollte Plane war hinter den Sattel geschnallt. Rabes Satteltaschen enthielten seine Kleidung und ein paar Vorräte. Der Krieger trug lange Lederhosen mit Fransen und ein Lederhemd, und er hatte so viele Trophäen angelegt wie möglich.
Als Jessan näher kam, teilte sich der Kreis der Menschen, die sich um Rabe gesammelt hatten, um den jungen Mann durchzulassen.
»Nun, Neffe, ich bin bereit aufzubrechen«, sagte Rabe und wandte sich lächelnd Jessan zu. Er legte dem jungen Mann die Hand auf die Schulter. »Mögen die Götter dich auf deinem Weg begleiten.«
»Ich werde sie brauchen«, sagte Jessan mürrisch. »Die Großmutter hat beschlossen, mit uns zu kommen.«
Die Vorstellung zweier stolzer, junger Männer, die sich zum Abenteuer ihres Lebens aufmachten und dabei von einer Großmutter begleitet wurden, stand Rabe deutlich vor Augen. Seine Mundwinkel begannen zu zucken. Als er die trostlose Miene seines Neffen und dessen Niedergeschlagenheit sah, schluckte er sein Lachen hastig herunter.
»Dann hast du wahrhaft eine große Verantwortung zu tragen, Jessan«, erklärte er ernst. »Wir vertrauen dir unser höchstes Gut an.«
Die Dorfältesten nickten feierlich.
»Ich hoffe, du wirst dich dieser Aufgabe würdig erweisen«, fügte Rabe hinzu, »damit ich auf dich stolz sein kann.«
Jessan hob den Kopf. Seine Miene hellte sich auf. Rabe hatte ihm seine Ehre zurückgegeben. »Das werde ich tun, Onkel.«
Rabe umarmte und küsste seinen Neffen. Er umarmte auch die Ältesten und tauschte mit ihnen die rituellen Küsse
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