Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
wie er die großen Adler einführen konnte, die es im Zwergenland nicht gab.
Die Zeit galoppierte für die Großmutter, Jessan und Ulaf auf schnellen Pferden dahin, als sie in Richtung Heimat ritten. Für Rigiswald, der mit einer Weinhändlerkarawane nach Krammes unterwegs war, bewegte sie sich im Kanter. Er hatte sich bei den Kaufleuten als Heiler verdingt, im Austausch gegen Schutz, Gesellschaft und genügend Wein, um den bitteren Nachgeschmack wegzuwaschen, welcher von seinen Erlebnissen in Neu-Vinnengael zurückgeblieben war.
Die Zeit drängte alle weiter, die mit dem in Berührung gekommen waren, was man vielleicht Ritter Gustavs Stein nennen konnte – mit einer Ausnahme. Für Rabe, der mit den Taan unterwegs war, bedeutete Zeit einen langen Tagesmarsch, das Abbrechen eines Lagers und das Errichten eines anderen und weitere Märsche. Der Trevinici versuchte, die Tage zu zählen, denn ein Krieger auf Urlaub muss wissen, wie viele Sonnenaufgänge er bei seinem Volk erleben kann, bis er wieder auf seinen Posten zurückkehren sollte. Aber für Rabe war die Zeit im Grunde stehen geblieben. Er musste nirgendwohin, und es gab keinen Ort, an dem man ihn zurückerwartete.
Rabe blickte zurück durch die Zeit und sah, wie sein vergangenes Leben in der Ferne verschwand. Er beobachtete ohne Bedauern, wie es immer mehr verblasste. Er würde nie mehr zu diesem Leben zurückkehren können, denn für einen Trevinici, welcher im Kampf gefangen genommen und als Gefangener davongeschleppt worden war, während seine Kameraden gekämpft hatten und gestorben waren, gab es im Leben keine Ehre mehr.
Dass es ihm gelungen war, den Taan zu töten, der ihn gefangen genommen hatte, war wie ein helles Leuchtfeuer auf Rabes Weg. Er hatte sich an dem Feind gerächt, der ihn beschämt, verspottet und ausgelacht hatte. Indem er seinen Feind Qu-tok getötet hatte, hatte sich Rabe außerdem eine zweifelhafte Ehre erworben – er war einem der schauerlichen untoten Vrykyl aufgefallen, einem Albino-Taan namens K'let, welcher Rabe in seine Leibwache aufgenommen hatte. Darüber hinaus – und das bedeutete Rabe erheblich mehr – brachte der Taanstamm, mit dem er unterwegs war, ihm jetzt einen gewissen Respekt entgegen.
Rabe war kein Gefangener mehr, sondern ein Krieger der Taan mit vollem Status. Man hatte ihm Qu-toks Waffen, sein Zelt und seinen Ehrenplatz im äußeren Kreis der Krieger gegeben, dazu alle Besitztümer von Qu-tok, darunter auch eine Halbtaan-Sklavin namens Dur-zor. Rabe konnte die meisten von Qu-toks Besitztümern nicht brauchen. Der Taan hatte eine schöne Rüstung besessen, die man ihm als Belohnung für Tapferkeit in der Schlacht geschenkt hatte, aber sie passte Rabe nicht, und so schenkte er sie ein paar anderen Taan im Stamm und erwarb sich damit weiteres Wohlwollen. Das schönste Stück – einen Helm, welchen Qu-tok von dem Taangott Dagnarus persönlich erhalten hatte – gab Rabe Dagruk, der Nizam und Anführerin des Stamms. Dag-ruk war von dem Geschenk sehr angetan, ebenso wie von dem Schenkenden. Wenn Rabe gewusst hätte, wie sehr die Taan sich freute, hätte er den Helm im tiefsten Loch vergraben, das er finden konnte, und wäre dann hinterher gekrochen. Aber er hatte keine Ahnung. Dur-zor wusste Bescheid, denn sie sah, wie Dag-ruk Rabe anschaute, und sie verstand, was wirklich hinter den schmeichelnden Bemerkungen der Nizam stand. Aber es stand Dur-zor nicht zu, Rabes Ruhm im Weg zu stehen, und so schwieg sie.
Die Tage vergingen, überwiegend unbemerkt von Rabe, und es fiel ihm immer leichter, von einem Augenblick zum anderen zu leben. Er weigerte sich, an die Vergangenheit zu denken oder der Zukunft ins Auge zu blicken. Er hatte genug zu tun, um sich nicht zu langweilen, und dafür war er dankbar. Dag ruks Stamm hatte sich dafür entschieden, sich mit anderen Stämmen unter dem rebellischen Taan K'let zusammenzutun.
Dag-ruks Stamm hatte gegen K'lets Stämme gekämpft, aber der Vrykyl hatte nicht gegen seine Mittaan in die Schlacht ziehen wollen. Er wollte sie von seiner Sache überzeugen. Er hatte mit Dag-ruk und ihren Leuten gesprochen und ihnen gesagt, dass dieser Gott, den sie anbeteten, dieser Dagnarus, überhaupt kein Gott war, sondern nur ein Mensch – ein Mensch, dem die Taan nicht annähernd so viel bedeuteten, wie er behauptete, sondern der sie benutzte, um die Herrschaft über die verweichlichten und kriecherischen Völker von Loerem zu erlangen. Wenn Dagnarus mit den Taan fertig war, so behauptete
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