Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
zu.
Rigiswald nutzte das allgemeine Durcheinander und begab sich an einen Platz, wo Tasgall ihn sehen konnte.
Der Kriegsmagier schaute Rigiswald an, dann kniff er die Lippen zusammen und wandte den Blick ab.
Rigiswald begriff langsam, wieso man ihn hierher gerufen hatte. Zuerst hatte er gehofft, Tasgall hätte über seine Äußerungen bezüglich des Vrykyl noch einmal nachgedacht und sei bereit, ihm jetzt zu glauben. Nun erkannte der alte Magier, dass Tasgall ihm nur zeigen wollte, wie wenig er ihm glaubte. Er war enttäuscht. Er hatte den Kriegsmagier für vernünftiger gehalten.
»Seine Majestät versteht eure Sorgen«, erklärte die Regentin, als sie sich über den Tumult hinweg wieder verständlich machen konnte. »Und wir werden sie uns alle anhören und darüber reden. Als Erstes möchte ich jedoch einen wichtigen Besucher vorstellen, den Mönch Nu'Tai, der vom Drachenberg hierher gereist ist.«
Diese Ankündigung rief bestürztes Schweigen hervor.
Ein gebeugter, faltiger, vertrockneter alter Mann betrat den viel zu stillen Saal, begleitet von zwei riesigen Kriegern, welche in Pelze gekleidet waren. Bei dem kleinen alten Mann handelte es sich um den Mönch. Die beiden Riesen, die ihn begleiteten, gehörten dem Stamm der Omarah an, welcher am Drachenberg lebt und sein Leben dem Schutz der heiligen Mönche widmet.
Die Mönche vom Drachenberg zeichnen alle wichtigen Ereignisse auf ihren Körpern auf, indem sie sich die Haut tätowieren. Wenn sie sterben, werden ihre Mumien in besonderen Grüften im Kloster für zukünftige Generationen von Historikern aufbewahrt. Alle im Saal dachten nun das Gleiche: War der Mönch hier, um den Fall von NeuVinnengael für zukünftige Generationen aufzuzeichnen, so wie seine lange verstorbene Vorgängerin den Fall von AltVinnengael auf ihrer Haut dokumentiert hatte?
Der Mönch verbeugte sich vor dem König, der seinerseits auf dem Thron vorwärts rutschte und nickte. Die Regentin hieß den Mönch willkommen und rief einige wichtige Persönlichkeiten zu sich, um sie ihm vorzustellen. Rigiswald gehörte nicht dazu. Er behielt den König im Auge.
Die Füße des kleinen Hirav berührten den Boden nicht. Er baumelte mit den Beinen und fing dann an, unruhig gegen die Seiten des Throns zu treten. Dem machte ein Flüstern des Kämmerers schließlich ein Ende.
Tasgall warf Rigiswald einen Blick zu, und der alte Magier vermochte die Gedanken seines ehemaligen Schülers so gut zu lesen, als hätte Tasgall sie laut ausgesprochen.
»Dieses Kind soll ein Geschöpf der Leere sein?«
Rigiswald faltete die Hände, wiegte sich auf die Fersen und dann wieder auf die Fußballen, um den Kreislauf in seinen Beinen in Gang zu halten, und fragte sich, wie all das enden sollte. Schlimm, vermutete er.
Die Regentin erklärte, der Mönch sei nach Neu-Vinnengael gekommen, um ihnen traurige Nachrichten zu bringen. Gustav, Lord des Wissens, ein edler und hoch geehrter Paladin, war tot. Er war in einem fernen Land gestorben und von den barbarischen Trevinici unter einem Erdhügel begraben worden. Die Regentin schlug vor, eine Delegation solle ins Treviniciland ziehen und die Leiche des edlen Lords für ein richtiges Begräbnis zurückbringen.
Die Menge wurde während dieser bombastischen Ansprache ruhelos. Umgeben von zehntausend Dämonen der Leere dachten die Vinnengaelier eher an ihren eigenen Tod, nicht an einen alten Ritter, der ohnehin nicht mehr bei Verstand gewesen war. Mit seiner verrückten Idee, den Stein der Könige finden zu wollen, hatte Gustav den Rat der Paladine eher blamiert. Als sie von seinem Tod erfahren hatten, waren sie eigentlich nur erleichtert gewesen.
Rigiswald fragte sich, ob der Mönch der Regentin erzählt hatte, dass Gustav den Teil des Steins der Könige gefunden hatte, der für die Menschen gedacht gewesen war. Aber Clovis erwähnte den Versammelten gegenüber nichts davon. Rigiswald konnte es ihr nicht übel nehmen. Sie konnte dieser explosiven Menge ja wohl kaum mitteilen, dass man den Stein der Könige gefunden hatte, aber niemand wusste, wo er sich nun befand. Die meisten würden sofort den Schluss ziehen, dass die Kirche ihn versteckt hatte, um ihn später für ihre eigenen Zwecke zu nutzen.
Der Mönch zog sich in den Hintergrund zurück und ließ sich auf einem der Stühle nieder, welche man an der Wand aufgestellt hatte. Die Omarah ragten hoch über dem verschrumpelten alten Mann auf. Alle Augen wandten sich wieder der Regentin zu. Die Anwesenden warteten
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