Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit

Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit

Titel: Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
Vom Netzwerk:
kribbelnden Gefühl im Bauch, das immer einem schrecklichen Ereignis vorausgeht. Einige nannten es Vorahnung und behaupteten, es käme von den Göttern. Rigiswald glaubte, dass es aus dem Hirn kam, das die ganze Nacht, während der Körper schlief, fleißig weiter gearbeitet hatte. Er hatte ganze Tage damit verbracht, alles zu lesen, was er über den Stein der Könige finden konnte, ebenso wie alles über König Tamaros, Prinz Dagnarus und den armen König Helmos, welchen ein so tragisches Schicksal ereilt hatte. Am hilfreichsten hatte sich der Bericht eines gewissen Evaristo erwiesen, der Dagnarus einmal als Hauslehrer gedient hatte.
    Evaristo war zwar ein Bewohner von Alt-Vinnengael gewesen, aber er hatte sich nicht in der Stadt aufgehalten, als Dagnarus – schon damals Lord der Leere – seine Armee gegen Vinnengael geführt hatte. Evaristo behauptete, es sei reines Glück gewesen, das ihn und seine Familie veranlasst hatte, sich auf eine Reise von zweihundert Meilen zu begeben und den Onkel seiner Frau in Krammes zu besuchen. Rigiswald ging eher davon aus, dass Evaristo von seinem anderen ehemaligen Schüler vor der drohenden Invasion gewarnt worden war. Gareth war damals schon ein mächtiger Magier der Leere gewesen, und es hieß, ihm sei der Zauber zuzuschreiben, der das Wasser aus dem Hammerklauenfluss umgelenkt und damit eine der Hauptverteidigungen der Stadt wirkungslos gemacht hatte, so dass Dagnarus' Leute Vinnengael überraschend einnehmen konnten.
    In seinen Memoiren machte Evaristo kein Geheimnis aus der Tatsache, dass er Gareth immer gern gehabt und getan hatte, was er konnte, um Dagnarus' seltsame Macht über den Jungen zu brechen, der einmal sein Prügelknabe gewesen war. Evaristo hatte versagt. Gareth liebte Dagnarus und war stets sein treuer Freund geblieben. Dass sich diese Freundschaft für Gareth als tödlich erweisen würde, daran hatte Evaristo nie gezweifelt, denn Dagnarus besaß nicht nur den Charme einer Giftschlange, sondern auch ungefähr so viel an Skrupeln wie ein tödliches Reptil.
    Von Evaristo hatte Rigiswald vieles über Dagnarus' Persönlichkeit erfahren, und daher war er als Einziger in Neu Vinnengael nicht überrascht angesichts der Tatsache, dass der Lord der Leere nicht sofort angriff. Es überraschte ihn auch nicht, als einer der Kriegsmagier ihn im Speisesaal aufsuchte, wo er sich gerade dafür entschädigte, das Abendessen verpasst zu haben.
    »Die Ehrenwerte Hohe Magierin entsendet ihre Grüße, Sir«, sagte der Kriegsmagier – ein Mann, der normalerweise nicht ausgeschickt wurde, um Botschaften zu überbringen. »Ihre Gnaden bittet Euch, so schnell wie möglich in den Palast zu kommen.«
    Rigiswald beschäftigte sich weiterhin in aller Ruhe mit seinem geschmorten Huhn. Dass er trotz der drohenden Gefahr noch solchen Appetit verspürte, hatte ihm den Neid mehrerer jüngerer und äußerst verängstigter Novizen eingebracht.
    »Stehe ich unter Arrest?«, fragte er nun.
    Der Kriegsmagus schien verblüfft zu sein. »Nein, Sir. Ihr seid einer von mehreren geachteten Ältesten des Tempels, die in den Palast gerufen wurden, um mit der Regentin und Seiner Majestät zu sprechen.«
    Gestern Abend war ich noch ein Krimineller, heute bin ich ein geachteter Ältester, dachte Rigiswald mit einem innerlichen Kichern. Er erklärte, er werde bald nachkommen, aß sein Huhn, kehrte in sein Zimmer zurück, um seine besten Sachen anzuziehen, und ging dann über den Platz, der den Tempel vom Palast trennte.
    Es war grau und wolkig, und leichter Nebel senkte sich herab. Die Straßen waren bis auf die Patrouillen und ein paar streunende Hunde verlassen. Die Wolken, der Nieselregen, die leeren Straßen und das Wissen um die Dinge, die er fürchtete, bedrückten ihn – ein Gefühl, das für Rigiswald recht ungewöhnlich war.
    Rigiswald war Pragmatiker. Er sah seine Mitmenschen so, wie sie waren: häufig dumm, im Allgemeinen gutmütig, manchmal herausragend. Da er nicht viel von seinen Mitmenschen erwartete, wurde er selten von ihnen enttäuscht. Er war zu dem Schluss gekommen, dass es auf der Welt ebenso viel Böses gab wie wirklich Gutes und dass die meisten Menschen irgendwo dazwischen angesiedelt waren.
    Man musste sich nur diesen Dagnarus ansehen: Wie viel einfacher wäre es doch, dachte Rigiswald, wenn er einfach nur böse wäre – eine Art monströser Perversion wie ein Troll, der nur dafür lebte, anderen Schmerz zuzufügen.
    »Aber er ist kein Troll«, sagte Rigiswald nun zu sich selbst.

Weitere Kostenlose Bücher