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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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in ihrem letzten Kampf gegen die bösen Riesen beistehen. Mit diesem feigen Christengott will ich nichts zu tun haben. Seitdem du vor ihm in die Knie gehst, redest du nur noch von Frieden und Vergebung. Ich will nicht so werden wie du.«
    »Auch Christen kämpfen«, sagte Thorwald. »Aber wir greifen nur zum Schwert, wenn wir dazu gezwungen werden. Wäre es denn nicht besser gewesen, in Frieden mit den Fremden zu leben? Warum musstest du sie töten?«
    »Pah!«, erwiderte Byrnjolf nur und ging davon.
    Thorwald hatte das Gefühl, eine Niederlage erlitten zu haben, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Mit gewohnt ruhiger Stimme erteilte er seine Befehle: »Löscht die Ladung! Bringt eure persönliche Habe in eines der beiden Langhäuser und legt sie auf die Pritschen! Schafft die Vorräte in die Lagerhäuser!« Er rief vier Männer auf, darunter auch Hakon. »Ihr verteilt euch um das Dorf und haltet Ausschau. Wir wissen nicht, wie viele dieser Eingeborenen es gibt. Schlagt sofort Alarm, wenn sie angreifen!«
    Hakon verständigte sich mit den anderen Wachposten und zog sofort los. Um seine Habe würde sich Edwin kümmern. Westlich von ihrem Dorf, zwischen einigen Felsen am Flussufer, fand er ein ideales Versteck. Von dort konnte er den breiten Fluss bis zur nächsten Biegung überblicken, und falls die Angreifer in Booten kämen, wäre noch genug Zeit, die anderen zu warnen.
    Er legte seinen Schild griffbereit auf den Boden und lehnte sich gegen einen der Felsen. Sein Blick streifte über den Fluss und den Wald, der sich still und voller Geheimnisse an den Ufern erhob. Zwischen den Bäumen ließen sich Rehe blicken, im Ufersand tummelten sich die gefleckten Kleintiere, die er in der Hütte gesehen hatte. Im Wasser waren die silbernen Schatten fetter Fische zu sehen. Der Vogel mit den großen Schwingen glitt über den Fluss und blickte neugierig auf ihn herab. Ein geheimnisvolles Land, dieses Vinland, dachte er.
    Was lag wohl hinter der Biegung? Sobald sie sich häuslich in Leifsbudir eingerichtet hatten und die wichtigsten Reparaturen erledigt waren, würde Thorwald kleine Trupps losschicken, um die nähere Umgebung zu erkunden. Leif Eriksson war mit seinen Leuten ungefähr zwei Tagesreisen ins Landesinnere vorgedrungen, aber weder Eingeborenen noch anderen Menschen begegnet. Warum sich die Fremden ihm nicht gezeigt hatten, vermochte Hakon nicht zu sagen. »Viele Bäume, viel Wasser, viel Wild«, so hatten die Männer, die mit Leif gefahren waren, das Land beschrieben, und viel mehr sah auch Hakon nicht von seinem Versteck. Aber er ahnte, dass weit hinter der Biegung des Flusses noch etwas anderes lag. Eine neue Welt voller Geheimnisse, das »Land der Verheißung«, wie es Brendan in seinem Buch genannt hatte, die Heimat der bronzehäutigen Frau, die er schon seit so langer Zeit suchte. Er war ihr nahe, das spürte er, nahe wie nie zuvor.
    Zwei Tage und zwei Nächte vergingen, ohne dass etwas Nennenswertes geschah. Andere Männer hatten die Wache am Fluss übernommen, aber weder von ihnen noch von einem der anderen Wachposten kam ein Alarmruf. Hakon richtete sich wohnlich ein und beteiligte sich an den Reparaturarbeiten des Daches, das zur Hälfte eingestürzt war und mit neuen Grassoden bedeckt werden musste. Aus dem Schmiedehaus drangen Hammerschläge herüber, und die Zimmerleute, die mitgekommen waren, bearbeiteten einen der großen Bäume, den sie mit ihren Äxten gefällt hatten. Die fünf Ziegen, die im Frachtraum mitgefahren waren, labten sich an dem süßlichen Gras am Waldrand.
    Am dritten Tag ging Hakon mit zwei anderen Männern, beide erstklassige Bogenschützen, auf die Jagd und erlegte ein Reh, das sie mit den Beinen an einen stämmigen Ast banden und durchs Unterholz zum Dorf transportierten. Unterwegs hatte er für kurze Zeit das Gefühl, beobachtet und verfolgt zu werden, ein unbestimmtes Gefühl nur, das er sich nicht erklären konnte. Als er stehen blieb und die Umgebung absuchte, sah er keine verdächtige Bewegung, und außer dem Rauschen des Windes in den Baumwipfeln war kaum ein Laut zu hören. »Seltsam«, sagte er leise, »ich dachte, da wäre jemand.«
    »Unsinn«, erwiderte einer seiner beiden Begleiter. »Hier ist niemand. Die Skr æ lingar haben sich verzogen, die kommen nicht mehr.« »Skr æ lingar« hatte Byrnjolf die Eingeborenen getauft. »Feiglinge« oder »hässliche Menschen«. Obwohl Thorwald dagegen war, bürgerte sich der Begriff ein, und nach wenigen Tagen benutzten ihn

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