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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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endlich ihr Ziel erreicht zu haben. Mit strammen Ruderschlägen trieben sie die Knorr in den Ufersand und machten sie an einem der Pfähle fest, die Leifs Männer im letzten Sommer in den Boden gerammt hatten. Mit der Vorsicht eines erfahrenen Kämpfers befahl Thorwald vier Männern, darunter Hakon, die Siedlung zu erkunden, bevor sie an Land gingen. Auch wenn es keine Menschen gab, konnte es sein, dass sich wilde Tiere in den Häusern versteckten.
    »Wartet! Ich komme mit!«, meldete sich Byrnjolf. Noch bevor Thorwald etwas dagegen einwenden konnte, rannte er hinter den anderen Männern her.
    Mit dem Schild in der linken und dem Schwert in der rechten Hand lief Hakon geduckt die Uferböschung hinauf. Die erste Hütte, in die er blickte, war leer, in der zweiten sah er zwei kleine gefleckte Tiere, die sofort verschwanden, als er in der Tür erschien. Er ging in die Hütte hinein und berührte das Holz der Nachtlager, hartes Bauholz, wie man es in Eisland und Grünland vergeblich suchte. In der Asche lagen noch die Knochen eines Tieres, das Leif und seine Männer über dem Feuer gebraten hatten, in einer Kiste neben den Schlafstellen lagen einige Werkzeuge, die sie vergessen hatten.
    Ein bestialischer Schrei ließ Hakon herumwirbeln. Er rannte ins Freie zurück und beobachtete, wie sich Byrnjolf und die anderen Männer auf mehrere bronzehäutige Menschen stürzten und mit den Schwertern auf sie einschlugen. Blut spritzte nach allen Seiten. »Hört auf!«, rief er entsetzt. »Lasst sie am Leben! Das sind nicht unsere Feinde!« Doch die Männer schienen nur darauf gewartet zu haben, mit ihren Schwertern zuschlagen zu können, und stürzten sich mit einer solchen Mordlust auf die Eingeborenen, dass nicht einmal Thor sie zurückgehalten hätte, wäre er in diesem Augenblick aus Walhall herabgestiegen. Wie von Sinnen trieben sie ihre Schwerter in die bronzehäutigen Körper.
    Hakon rannte zu den Männern, um das Schlimmste zu verhindern, aber als er sie erreichte, war es schon vorbei. Acht Eingeborene lagen in ihrem Blut, von den Schwertern beinahe zur Unkenntlichkeit zerhackt. Wie Berserkir hatten die Nordmänner gewütet, ihre Kampfesgier mit lachenden Gesichtern an den Fremden gestillt. Mit ihren einfachen Waffen hatten sich die Eingeborenen kaum wehren können.
    Wie in einem schlechten Traum, in dem man gelähmt und zur Untätigkeit verdammt ist, blickte Hakon auf die Toten hinab. Unbewusst suchte er nach dem Gesicht aus dem Buch, denn diese Fremden hatten dieselbe Hautfarbe, doch es waren alles Männer. Gehörten sie zur selben Sippe wie die junge Frau aus dem Buch? Würden ihre Verwandten kommen, um sie zu rächen?
    »Wir haben sie im Schlaf überrascht«, bemerkte Byrnjolf grinsend. Er wischte sein blutiges Schwert im Gras sauber und steckte es in das Futteral an seinem Gürtel zurück. »Schade, einer ist uns entkommen!«

30
    Thorwald war außer sich vor Wut. Er zog sein Schwert und schien kurz davor zu sein, sich auf Byrnjolf zu stürzen, bekam sich nur mühsam in die Gewalt. »Wer hat euch befohlen, die Fremden zu töten?«, fuhr er den unbeherrschten Nordmann an. »Wenn wir hier siedeln wollen, brauchen wir die Unterstützung dieser Leute. Was ist, wenn sie eine Streitmacht schicken, um sich an uns zu rächen? Ihr habt unser ganzes Unternehmen gefährdet, wisst ihr das?«
    Byrnjolf spuckte verächtlich auf den Boden. »Wir sind Nordmänner und keine feigen Weiber wie du und dein Christenvolk. Wer sich so dumm anstellt wie diese Wilden, hat nichts anderes als den Tod verdient. Sieh dir die jämmerlichen Gestalten doch an. Sie haben sich nicht mal gewehrt. Selbst wenn eine Armee kommt … die erledigen wir mit wenigen Schwerthieben.«
    »Wir hätten in Frieden mit ihnen leben können.«
    »Mit diesen Wilden? Niemals!«
    Thorwald steckte sein Schwert weg und verzog geringschätzig die Lippen. Man merkte ihm an, wie schwer es ihm fiel, sich zu beherrschen. »Ich hätte dich nicht mitnehmen sollen, Byrnjolf. Du bist unbeherrscht und voller Mordlust. Es ist allein deine Schuld, wenn die Fremden zahlreicher sind, als wir denken, und uns aus diesem Land vertreiben. Warum denkst du nicht an die Männer, Frauen und Kinder, die hier siedeln könnten? In einem Land, das uns alles bietet, was wir in Grünland nicht haben. Warum denkst du nur an dich?«
    »Ich denke wie ein Nordmann«, erwiderte Byrnjolf wütend. »Ich lebe, um zu kämpfen, und wenn ich sterbe, werde ich mit den Walküren nach Walhall gehen und den Göttern

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