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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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ab, und ein heiserer Schrei zeigte ihnen, dass zumindest ein Pfeil getroffen hatte. »Vorwärts! Greift die verdammten Feiglinge an!«
    Die Männer griffen zu den Rudern, hielten aber schon nach wenigen Schlägen inne, denn die Angreifer waren verschwunden, als hätte der Fluss sie verschluckt, und sie wussten nicht, wohin sie rudern sollten. Die Skr æ lingar hatten vor dem riesigen Schiff Reißaus genommen und waren verschwunden.
    Byrnjolf ließ die Eingeborenen verfolgen, wollte sich unbedingt für die Schmach rächen, ihnen beinahe in die Falle gelaufen zu sein, und gab erst auf, als sie die Biegung erreicht hatten und auf dem Fluss bis zum fernen Horizont kein einziges Kanu zu sehen war. Sie ruderten nach Leifsbudir zurück und vertäuten die Knorr, verdoppelten die Wachen und schickten sie weiter vor, um nicht noch einmal von den Skr æ lingar überrascht zu werden.
    Hakon, Edwin und zwei andere Männer trugen den verletzten Thorwald ins Langhaus und legten ihn auf einige Bärenfelle. Einer kannte sich mit Krankheiten aus, feuchtete einige Kräuter an, die er in einem Lederbeutel mit sich führte, und presste sie auf die Wunde. Thorwald stöhnte vor Schmerzen. Er war kaum noch bei Bewusstsein und blinzelte erschöpft, als Hakon seine Hand hielt und sich über ihn beugte. »Bete … bete für mich, mein … mein Freund!«, kam es leise über seine Lippen.
    Man brauchte kein Heiler zu sein, um zu erkennen, dass die Wunde schlimmer war, als man zuerst angenommen hatte. Bis zum Abend schwoll sie stark an, die Stelle entzündete sich, und Thorwald fand kaum noch die Kraft zum Atmen. Hakon blieb die ganze Nacht bei ihm und betete leise, zuerst zum Gott der Christen und dann zu Odin und allen anderen Göttern, doch noch vor dem Morgengrauen erschlaffte Thorwalds Körper und er verließ die Erde. Im unruhigen Schein der Öllampe, die neben seinem Nachtlager flackerte, zeigte sein Gesicht ein schwaches Lächeln, als hätte er das Jenseits so vorgefunden, wie er es sich vorgestellt hatte. »Gelobt sei Jesus Christus!«, sagte Hakon so leise, dass die anderen es nicht hörten.
    Sie begruben Thorwald nach Christenart in einer tiefen Grube. Hakon zimmerte ein Holzkreuz und steckte es in die offene Erde, sehr zum Missfallen einiger Männer, die ihm dabei zusahen, und schickte eine Botschaft zu dem neuen Gott: »Mögest du ihm das geben, was er sich von dir erhofft hat, und Odin, zürne mir nicht, aber Thorwald glaubte fest an den Christengott und ist in seinem Reich am besten aufgehoben.«
    Während der folgenden Tage schickte Byrnjolf zahlreiche Suchtrupps in die Wälder, um nach den Skr æ lingar zu suchen und eine Möglichkeit herauszufinden, wie man sie überraschen und töten könnte, doch die Männer kehrten unverrichteter Dinge zurück, und Byrnjolf wurde immer ungeduldiger. Er war kein Bauer, der Felder bestellte oder Vieh hielt, er war ein Kämpfer, der nur glücklich war, wenn er in den Krieg ziehen durfte. In einem Land, in dem die Feinde sich versteckten, war er falsch. »Was wollen wir noch hier?«, fragte er eines Abends. »Wir wissen jetzt, wie Vinland aussieht, und dass man hier siedeln kann. Warum sollen wir den Winter in dieser Einöde verbringen, wenn die Skr æ lingar zu feige sind, um gegen uns zu kämpfen? Noch sind die Tage lang genug. Noch schickt Thor keinen Sturm und keinen Regen und Njörd glättet die Wellen und verspricht uns eine sichere Oberfahrt. Lasst uns nach Grünland zurückkehren. Ich will mit dem nächsten Schiff in die alte Heimat zurückfahren und in den Krieg ziehen.«
    »Byrnjolf hat recht«, stimmte ihm ein anderer Mann zu. »Hier gibt’s ja nicht mal Weiber. Lasst uns umkehren, bevor der nächste Winter kommt!«
    »Ich bleibe hier«, entschied Hakon zum Erstaunen der anderen Männer. »Die Götter wollen, dass ich in Vinland bleibe und ein neues Leben beginne.«
    Byrnjolf bedachte ihn mit einem spöttischen Grinsen. »Dann musst du einiges verbrochen haben, wenn die Götter dir ein solches Leben zumuten.«
    »Mein Entschluss steht fest«, sagte Hakon. »Alles, was ich von euch erbitte, ist das Beiboot und einige Werkzeuge. Ich gebe euch Silber dafür.« Er kramte sein restliches Silber hervor und reichte es dem neuen Anführer.
    Dessen Grinsen wurde breiter. »Abgemacht!«
    »Sagt Erik dem Roten, dass ich ihm für alles danke«, sagte Hakon zu den Männern, als sie ihre Vorräte verladen hatten und an Bord gingen. Das Beiboot lag im Ufersand, die Werkzeuge hatte der Schmied in

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