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Der Stein der Wikinger

Der Stein der Wikinger

Titel: Der Stein der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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Mann. Und ich kann genauso viel leisten wie jeder Nordmann. Ich habe es bewiesen.«
    Erik blickte seinen Sohn an. »Stimmt das?«
    »Er ist ein guter Ruderer«, antwortete Thorwald.
    »Nun gut«, gab Erik nach. »Anscheinend werde ich älter, und die Dinge ändern sich schneller, als ich vermutet habe. Mir soll’s egal sein. Hier in Grünland kann jeder so leben, wie er will, und wenn ihr vor einem Gott auf den Knien rutschen wollt, der anderen verzeiht und Sklaven ablehnt … meinetwegen.« Er spuckte missmutig auf den Boden. »Und jetzt kommt rein und lasst uns ein paar Hörner trinken! Mal sehen, was ihr vertragen könnt!«

28
    Hakon bezahlte mit der Hälfte seines Silbers für die Schafe, die Erik der Rote auf seine Weide treiben ließ, und konnte sich glücklich schätzen, dass der Mann, der wie ein König über Grünland herrschte, nicht den Wucherpreis verlangte, den er sonst von neuen Siedlern forderte. Als Gegenleistung für den Besitz, den er von Erik übernahm, verpflichtete sich Hakon, für Erik zu arbeiten und beim Hüten und Scheren der Schafe zu helfen.
    Das Haus, in dem Hakon und Edwin wohnten, war so alt und heruntergekommen, dass sie einige Zeit für die Reparaturen brauchten. Da es auf Grünland so gut wie kein Holz gab, mussten sie neue Steine aus dem Fluss herankarren. Die Grassoden stachen sie aus einem nahen Hügel. Edwin erwies sich als ausdauernder Arbeiter, seitdem Hakon ihm die Freiheit geschenkt und einen Anteil des Erlöses versprochen hatte, den sie im Frühjahr aus dem Verkauf der Jungtiere und der Schafwolle erzielen würden.
    Hakon war auf einem Bauernhof aufgewachsen, er kannte sich mit Schafen aus und wusste, wie man sie behandeln musste. Eine große Hilfe war ein schwarzer Hund, den sie auf der Jagd in einem benachbarten Tal fanden und nach Hause mitnahmen. Er hinkte stark und war wohl deswegen von seinen Besitzern ausgesetzt worden. »Hinkebein« bedankte sich bei Hakon für die Aufnahme, indem er die Herde fast allein zusammenhielt.
    Auch seine Eltern hatten einen Hund besessen. Wenn Hakon die Augen schloss, sah er jetzt noch, wie sein Vater ihm einen Klaps gab oder ihn am Hals kraulte. Er vermisste seinen Vater, sein wehmütiges Lächeln, wenn er von seiner Jugend erzählte, und seine dunkle Stimme. Im Winter hatten sie fast jeden Abend am Herdfeuer gesessen und seinen Geschichten gelauscht. Er wäre ein guter Skalde geworden. Seine Mutter war immer stolz auf ihre langen blonden Zöpfe gewesen, und er erinnerte sich noch an ihr befreites Lächeln, als sein Vater von einem Raubzug zurückgekehrt war und ihr eine wertvolle Fibel aus Bernstein mitgebracht hatte. Ivar der Einarmige hatte ihre Zweisamkeit auf grausame Weise mit dem Schwert zerstört.
    Bei Odin, sie haben den Tod nicht verdient, dachte er.
    An einem Spätsommertag, als Hakon und Edwin zu Eriks Hof unterwegs waren, um bei der Schafschur zu helfen, beobachteten sie von einem Hügelkamm, wie sich ein Schiff mit rotweißem Segel der Anlegestelle näherte. Der durchdringende Klang eines Horns tönte über die Weiden und verkündete die Ankunft von Leif Eriksson, der nach einem Jahr aus der Ferne zurückkehrte. »Leif ist zurück! Leif ist zurück!«, hörten sie einige Männer rufen. Von allen Seiten strömten Schaulustige zur Küste hinab, um ihn und seine Mannschaft zu begrüßen.
    Hakon und Edwin standen am Wegesrand, als Leif mit seinen Eltern und seinem Bruder den Pfad heraufstieg. Der Heimkehrer war etwas größer und kräftiger als Thorwald und strahlte die gleiche Energie aus wie sein Vater. Er ging mit weit ausholenden Schritten, als hätte er die letzten Tage nicht auf hoher See verbracht, und grüßte stolz nach allen Seiten. Unter seinem Lederhelm ragten strohblonde Haare hervor, sein Umhang war dunkelrot und wurde ähnlich wie der seines Bruders von einer goldenen Fibel zusammengehalten. Anscheinend hatte er sein Festtagsgewand für die Heimkehr angezogen.
    Im Langhaus schüttelten auch Hakon und Edwin die Hand des berühmten Mannes. Hakon wollte ihm nur eine entscheidene Frage stellen, er übte sich aber in Geduld und tröstete sich damit, dass Leif während des Abendmahls ausgiebig von seiner Reise berichten würde. Die Frauen waren bereits damit beschäftigt, ein junges Karibu über dem Feuer zu braten, während die Sklaven die einfachen Arbeiten übernahmen, beaufsichtigt von Thjodhild, die sie mit entschlossener Stimme zur Eile antrieb. Erik kümmerte sich um den Met, gab einige Kräuter hinzu, um den

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