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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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weiß. Er führte sie an den nächstbesten Tisch, weil er befürchtete, sie könnte umfallen. Wann hatte sie wohl das letzte Mal geschlafen?
    »Warten Sie hier, ich hole den Kaffee.«
    Eigentlich hatte er ihr nur die Tasse Kaffee bringen wollen, die sie bestellt hatte, aber während er sich in der Schlange vorschob, stellte er auch eine Portion gesundes Gemüse auf das Tablett und ein Stück Fleisch, das verdächtig grau war und in einer spülwasserähnlichen Soße schwamm. Als Nachtisch packte er noch ein in Zellophan eingewickeltes Stück Schokoladenkuchen dazu. Er wollte sie ein wenig aufpäppeln.
    Als er das Tablett vor sie hinstellte, lachte sie.
    Das war immerhin etwas.
    Er setzte sich zu ihr und gab ihr den Brief des Dallheim-Instituts. Als sie ihn gelesen hatte, fiel ihr das Blatt aus der Hand. »Sie wollen Ira also wirklich nehmen?«
    »Allerdings. Inzwischen sind sie sogar schon sehr gespannt auf ihn. Essen Sie doch was! Und nicht nur wegen der Vielfachbegabung. Den Ausschlag hat wohl Iras verschwundener Stern gegeben.«
    Tagelang war er dem Leiter des Instituts mit den Geschichten über Ira, die er von Betty, Mallory und Augusta erfahren hatte, auf die Nerven gegangen, bis Darlenes Sohn keine Bewerbernummer, sondern ein lebendiger Mensch war und den Sprung auf den ersten Platz der langen Warteliste geschafft hatte.
    »Sie wollen ihn haben, sobald er sich gesundheitlich die Reise nach New Orleans zumuten kann. Im ersten Vierteljahr dürfen Sie ihn nicht besuchen, aber später können Sie ihn übers Wochenende mit nach Hause nehmen.«
    »Er hat also wirklich eine Chance, später ein selbstständiges Leben zu führen?«
    »Ja, und das verdankt er Ihnen. Hätten Sie nicht darauf bestanden, dass er die Therapie fortführt, wäre er inzwischen ein hoffnungsloser Fall. Bitte essen Sie doch etwas. Wir müssen mit jahrelanger Arbeit rechnen, aber früher oder später wird er sich auch außerhalb des Instituts behaupten können.«
    »Wenn mir also etwas zustoßen sollte ...«
    »... braucht er nicht in einem Heim zu leben.«
    Minutenlang strahlte ihr Gesicht vor Glück. Plötzlich aber wurden ihre Augen wieder traurig, und er konnte sich denken, was sie bedrückte.
    »Das ist wunderbar«, sagte sie leise. »Ich ... da ist noch etwas, was ich erledigen muss, ich wollte nur ...«
    »Probieren Sie das Fleisch, Darlene. Ich möchte zu gern wissen, von welchem Tier es stammt.«
    Sie griff nach Messer und Gabel, schnitt einen Augenblick an dem Fleisch herum und legte dann kraftlos das Besteck aus der Hand.
    »Nicht besonders appetitanregend, was? Tut mir Leid.«
    »Ich muss mit dem Sheriff sprechen«, sagte sie. »Ich habe da ...«
    »Haben Sie von Tom Jessops Theorie gehört, dass Babe von Fred Laurie umgebracht worden ist?«
    »Fred war es nicht.« Sie stieß an ihre Kaffeetasse, und eine braune Lache schwappte über den Tisch.
    »Ich weiß.« Charles zog Papierservietten aus dem Metall-
    Ständer und tupfte den verschütteten Kaffee auf. »Aber diese Theorie hat überall große Zustimmung gefunden, und Sie könnten deshalb einige Mühe haben, dem Sheriff Ihr Geständnis aufzudrängen. Probieren Sie das Gemüse.«
    »Sie haben es gewusst?« Sie fuhr sich mit den mageren Fingern einer Hand durchs Haar. »Ich wollte es Tom sagen. Tagtäglich hab ich es ihm sagen wollen. Nachts kann ich kein Auge mehr zu tun. Ständig höre ich den Stein an Babes Schädel schlagen.«
    »Sie brauchen nicht davon zu sprechen.«
    »Ich möchte es aber«, sagte sie ein bisschen zu laut. Am Nebentisch drehte man sich nach ihr um. Darlene senkte den Kopf. Flüsternd fuhr sie fort: »Mit irgendjemandem muss ich einfach sprechen.« Sie schob ihren Trauring am Finger hin und her. »An der Tankstelle hab ich gesehen, wie Babe ausstieg und zu der Brücke über den Upland Bayou ging. Ich bin ihm nachgegangen, während die Ärzte meinen Jungen behandelten. Aber es ist nicht so, wie Sie denken. Ich habe es nicht getan, weil er Ira die Hände gebrochen hat.«
    Der Ring saß locker an dem abgemagerten Finger.
    Charles fixierte sein Spiegelbild in dem metallenen Serviettenständer, um nicht sehen zu müssen, wie sie sich quälte, als sie den Mord auf der Straße zu Cass Shelleys Haus schilderte.
    »Ich wusste nicht, ob ich ihn umgebracht hatte. Als ich das viele Blut sah, hab ich geschrien und bin zu meinem Wagen gerannt. Ich hab bestimmt gedacht, jemand hätte mich gehört oder gesehen. Ich hab ihn auf der Straße liegen lassen, bin ins Krankenhaus

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