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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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schätzen nur das, was etwas kostet. An so was zu glauben fällt ihnen leichter. Und in meiner Branche ist der Glaube so mit das Wichtigste. Wenn Jesus Christus heute wiederkäme und seine Bergpredigt kostenlos hielte – ich sag Ihnen, kein Mensch würde hingehen.«
    »Soviel ich weiß, gab’s als Zugabe zu der Predigt eine wunderbare Brot- und Fischvermehrung«, konterte Charles. »Zu so etwas würde ich schon gehen wollen.«
    »Hey, Mal!« Ein Mann mit einem Klemmbrett in der Hand kam auf sie zu. Er sah Malcolm sehr ähnlich, nur die Augen waren kleiner und sehr dunkel. Charles wurde er als Fred Laurie vorgestellt. Während Malcolm sich mit dem Klemmbrett beschäftigte, sah Charles den Wagen des Sheriffs auf den Parkplatz fahren. Die versprochene Eskorte war da. Er würde sich bald von Malcolm verabschieden müssen.
    Als Fred Laurie gegangen war, fragte er: »Was sind das für Wunder, die Sie verkaufen, Malcolm?«
    »Von mir kann jeder haben, was er will.«
    Über den Kopf des kleineren Malcolm Laurie hinweg sah Charles, wie Lilith Beaudare ausstieg und sich umsah. Jetzt hatte sie ihn entdeckt, was kein Kunststück war. Er überragte fast alle Umstehenden und war der Einzige, der einen Anzug mit Weste trug. Ein Betrunkener stolperte auf Lilith zu und zog sie ins Gespräch. Vor Charles ging eine Gruppe von Arbeitern vorbei, die ihm die Sicht auf die junge Frau nahm. »Angenommen, ich kaufte Ihnen ein Wunder ab, das bewirkte, dass ich bei einem Mord ungestraft davonkäme?«
    Malcolms Lächeln verrutschte ein wenig, und man sah ihm an, dass er nicht recht wusste, woran er mit seinem Gesprächspartner war. »Zu jedem Wunder wird eine Garantie mitgeliefert. Die Gewichte von Himmel und Hölle sind im Gleichgewicht, und für jede zerstörerische Tat zahlt der Mensch einen hohen Preis, sodass Sie möglicherweise gar keinen Wert mehr auf diese Art von Wunder legen würden.«
    Jetzt wusste auch Charles nicht mehr, woran er war. Hatte Malcolm die Frage wörtlich – vielleicht allzu wörtlich – genommen? Wurde so ein Ansinnen vielleicht häufiger an ihn gestellt?
    Die Arbeiter gingen weiter und gaben den Blick auf Lilith frei, die in eine hitzige Debatte mit dem Betrunkenen verwickelt war.
    »Und wenn ich nur dieses eine Wunder kaufen will?« Charles behielt ein wenig besorgt Lilith im Auge, die immer stärker von dem Betrunkenen bedrängt wurde. Als er sah, dass sie lächelte, wandte er sich beruhigt wieder Malcolm zu und wiederholte: »Würden Sie mir dieses Wunder verkaufen?«
    »Ja, aber Sie würden es teuer bezahlen müssen.« Es gab eine Pause. Vielleicht wartete der Wunderverkäufer nur darauf, dass Charles nach dem Preis fragte, um mit dem Feilschen beginnen zu können. Doch Charles schwieg.
    »Meine Garantien sind Gold wert«, sagte Malcolm. »Im Namen des Herrn geschrieben.«
    Charles lächelte. Die Verbindung von Gold und Religion veranschaulichte deutlich die Weltsicht der Neuen Kirche: erst das Geld, dann die Verzückung.
    »Aber wenn ich mich recht erinnere, Charles, habe ich Ihnen schon ein Wunder kostenlos angeboten. Haben Sie zu diesem Mirakel kein Zutrauen mehr – vielleicht weil Sie es nicht haben bezahlen müssen?«
    Charles lächelte nun nicht mehr, denn das Spiel war verzwickter geworden. Er hätte nicht sagen können, welche Strategie der Mann neben ihm verfolgte.
    Als er über Malcolms Schulter sah, fiel der Betrunkene gerade vor Lilith zu Boden, wälzte sich mit tränenüberströmtem Gesicht auf dem struppigen Rasen herum, während die junge Frau sich neben ihn hinkniete, ihm die Hände auf den Rücken drehte und Handschellen anlegte. Neben ihr stand ein großer, breiter Kerl und brüllte sie an: »Das war ein Scheißnierenhaken. Er hatte Ihnen den Rücken zugekehrt.« Drohend hob er die geballten Fäuste.
    Doch seine Arme sanken rasch wieder herab, als Lilith Beaudare sich mit einer geschmeidigen Bewegung erhob und die Hand fest an die Waffe im Holster legte. Die drei waren so weit weg, dass Charles die Fortsetzung des Gesprächs nicht verfolgen konnte, aber der Große hob beschwichtigend eine Hand und bewegte sich rückwärts von Lilith weg. Offenbar fand er es jetzt gar nicht mehr so schlimm, dass sie dem Betrunkenen einen Hieb versetzt hatte, während er ihr den Rücken zudrehte.
     
    Lächelnd betrat Lilith Beaudare mit ihrem Gefangenen das Büro des Sheriffs. Sie hatte Charles Butler wohlbehalten in seinem Hotel am Marktplatz abgesetzt und überdies noch diese schöne, wenn auch stark

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