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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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nahm es ihr mit einer leichten, selbstverständlichen Bewegung aus der Hand und fuhr damit über die Kommode. »Lass dir von keinem was gefallen. Wenn du das erst einreißen lässt, wirst du dich nie durchsetzen. Wenn du dich deswegen mit jemandem anlegen musst, dann tu’s – auch wenn du weißt, dass du nicht gewinnen kannst.«
    Mallory stellte einen intensiven Augenkontakt her, bis ihr Gegenüber verunsichert den Blick senkte, dann trat sie noch näher an den Sessel heran und beugte sich zu Lilith hinunter, sodass jetzt der blonde und der schwarze Kopf sich schwesterlich nah waren. »Mach den Mistkerl fertig.« Und jedes Wort betonend, fügte sie flüsternd hinzu: »Mach das zu deinem obersten Gebot.«
    Mit einer raschen Bewegung zog sie der Anfängerin den Revolver aus dem Holster und legte ihr die Mündung an die Schläfe. »Ach ja, und noch was: Es gibt für einen Cop nichts Schlimmeres, als sich von einem Gefangenen die Dienstwaffe wegnehmen zu lassen.«
    Lilith Beaudare war sichtlich geknickt, ließ sich aber keine Angst anmerken. Das gefiel Mallory. Es gefiel ihr sogar sehr. Die Kleine war vielversprechend. Sie setzte sich auf die Bettkante. »Jetzt will ich dir sagen, warum der Sheriff dich wie Dreck behandelt. Weil du eine blutige Anfängerin bist und er mit dir als Deputy deshalb nichts anfangen kann.«
    Und weil du vielleicht eine Spionin bist, Lilith Beaudare. Die Frage ist nur, ob dich der Staat oder der Bund geschickt hat.
    »Im Augenblick bist du ihm keine Hilfe, sondern fängst dir am Ende noch eine Kugel ein.« Mallory hob Liliths Revolver ein wenig höher, um ihre Worte zu unterstreichen. »Alles klar?«
    Lilith nickte.
    Mallory drehte den Revolver um und gab ihn der Anfängerin zurück, die große Augen machte, zögerte – und dann schnell zugriff und den Lauf auf Mallory richtete.
    Die tat, als sehe sie die drohende Revolvermündung überhaupt nicht. »Ende der Unterrichtsstunde. Ich hab dir gesagt, was Sache ist, und hab dir wahrscheinlich das Leben gerettet. Die Kanone lässt du dir bestimmt nicht noch mal wegnehmen. Dafür hab ich einiges bei dir gut, Mädel.«
    »Für Sie immer noch Deputy Beaudare.«
    »Jetzt hast du’s erfasst. Denk dran: Der Sheriff glaubt, dass mit dir nichts anzufangen ist. Sieh zu, dass sich das ändert.«
    Mallory war vor allem deshalb zu dem Schluss gekommen, dass die Stellvertreterin des Sheriffs vom Bund eingeschleust worden war, weil noch kein Bericht der Fingerabdruckexperten vorlag. Dass man ihr über die Seriennummer ihrer Smith & Wesson auf die Spur kommen könnte, bereitete ihr keine Sorgen, denn den Computereintrag hatte sie schon vor Jahren geändert. Doch die Ergebnisse der Untersuchung der Fingerabdrücke hätte Sheriff Jessop schon längst haben müssen.
    Mordfälle hatten stets Priorität. Der Name Mallory, Alter und Beschreibung allein besagten zwar nicht viel, aber so, wie sie den Sheriff kannte, hatte er die Verbindung zwischen »Mallory« und »Kathy« hergestellt, wodurch der Spielraum automatisch kleiner wurde. Die Feds hielten also etwas zurück – aber warum?
    Als der Sheriff zurückkam, stand seine Stellvertreterin, einen Müllsack voller Federn in der Hand, auf dem Gang vor der vergitterten Zelle. Anerkennend musterte Tom Jessop den sauberen Zellenboden. »Gut gemacht. Sieht aus, als ob du doch ganz brauchbar wärst. Du erinnerst dich an Mr. Butler, den Riesen mit der langen Nase?«
    Lilith nickte.
    »Du fährst jetzt zum Festplatz raus und bringst ihn nach Dayborn zurück, wenn er fertig ist. Und dass mir keine Beulen an den Wagen kommen! Er ist der Einzige, den wir haben, bis die Karre von Travis aus der Werkstatt kommt.«
    Lilith zog ab. Als der Sheriff sich zu Mallory umdrehte, lächelte sie ihm zu – das erste Entgegenkommen, seit sie in Haft war.
    Er erschrak sichtlich – fast so, als hätte er einen Geist gesehen doch dann entspannte sich seine Haltung. »Jetzt erkenne ich meine Kathy wieder«, sagte er leise. Es klang fast wie ein Seufzer.
    Noch immer lächelnd sagte Mallory: »Hereinspaziert, Sheriff. Holen Sie sich einen Stuhl heran.«
     
    »Ach so, das Leuchtschild …« Malcolm Laurie winkte ab, als habe Charles die Botschaft schlicht und einfach missverstanden.
    »Wir leben in einer Kommerzwelt, Charles. Ich muss alle Möglichkeiten nutzen, um Kontakt mit meiner Herde zu halten.« Da war wieder das charmante Jungenlächeln.
    »Sie verkaufen also in Wirklichkeit keine Wunder?«
    »Doch, doch, natürlich. Die Menschen

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