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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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er zu dem Sandwichmann.
    Der Mann nahm seine Hände weg, griff in die Tasche und holte ein Foto von Dr. Cass heraus. »Schau dir das an, Ira. Denk an den Tag, an dem sie gestorben ist. Ich weiß, dass du dabei warst. Was hast du gesehen?«
    Ira schwieg. Der Sandwichmann packte ihn erneut bei den Schultern. Sein Gesicht kam näher.
    »Steine!«, stieß Ira hervor und verkrampfte sich. Er wusste, dass es Spielregeln gab. Die musste der Mann einhalten. Tatsächlich: Der Sandwichmann ließ ihn los. So verging eine Stunde. Der Mann kam auf ihn zu, Ira konzentrierte sich auf das, was er fragte, und wenn er eine Antwort gegeben hatte, ließ der Lange von ihm ab.
    »Wer hat die Steine geworfen? Erinnerst du dich, ob der Deputy dabei war? Deputy Travis?«
    Iras Hände zuckten. Der Mann kam näher. Ira hielt sich die Ohren zu und wiegte sich verzweifelt hin und her. Der Sandwichman zog Ira die Hände weg. »War der Deputy da?«, fragte er mit erhobener Stimme. »Ein Mann in Uniform?«
    Ira nickte, aber der Sandwichmann hielt seine Hände immer noch fest, denn das Nicken reichte ihm nicht. Auch Ira wusste, dass er sich an die Spielregeln halten musste.
    »Hat er mit Steinen nach Cass geworfen?«
    »Er hat mit Steinen nach dem Hund geworfen.«
    Der Mann ließ Iras Hände los. »Hast du gesehen, wie jemand mit Steinen nach Cass geworfen hat?«, fragte er leiser.
    »Sie haben sich den blauen Brief angehört. Cass hat kein Wort gesagt. Und dann war sie rot. Der Hund lag im Dreck. Er hat geheult. Der Deputy hat noch mal einen Stein geworfen, da hat der Hund sich nicht mehr gerührt. Cass war ganz rot. Dann sind sie gegangen. Ganz still.«
    Er war weggelaufen, war vor den blutenden Leibern von Hund und Herrin von der Straße in den Fluss geflüchtet. Er hatte sich selbst geschlagen, weil er wissen wollte, wo sein Körper aufhörte und der Bayou anfing. Immer wieder stürzte er, das Wasser lief ihm in den Mund und drohte ihn zu ersticken.
    Als er die trübe Brühe in den Bayou zurückspuckte, begriff er, wo die Grenze zwischen dem Ich und dem Wasser war, noch ehe sein Vater mit einem Aufschrei in den Finger Bayou watete, seinen Sohn ans Ufer zurückbrachte, nach Hause fuhr und immer wieder fragte: »Was wolltest du denn da, Ira?« Aber Ira konnte nicht antworten, er sah noch immer, wie sich das Blut von Cass mit dem des Hundes mischte.
    Der Sandwichmann kam wieder auf ihn zu. »Ich brauche eine direkte Antwort auf eine direkte Frage. Weißt du, wer mit Steinen nach Cass geworfen hat? Hast du gesehen ...«
    »Daddy.« Ira wiegte sich immer schneller. Der Trost, der von seinem eigenen Körper ausging, war der einzige, der ihm zur Verfügung stand. Von draußen kam nie Trost, sondern immer nur Schmerz und Leid.
    »Was?«
    »Daddy hat den ersten Stein nach Dr. Cass geworfen.« Ira schlug den Kopf gegen die Wand.
    Der Sandwichmann hielt ihn zurück. »Dein Vater gehörte zu der Meute?«
    »Ja!«, schrie Ira heraus und rutschte rücklings an der Wand herunter, bis er auf dem Fußboden saß. »Daddy. Daddy hat mit Steinen nach Cass geworfen.«
    »Das reicht.« Iras Mutter stand in der offenen Tür. Sie hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und zitterte.
    »Mommy, mach, dass er geht.«
    Und seine kleine Mutter drängte tatsächlich den Sandwichmann aus dem Zimmer und aus dem Haus und knallte die Tür hinter ihm zu.
    Jetzt fiel sie vor Ira, der sich zu einer Kugel zusammengerollt hatte, auf die Knie. Ihre Hände flatterten wie verängstigte Vögel über sein Gesicht und seinen Körper und wagten ihn nicht zu berühren aus Angst, ihm damit neue Schmerzen zuzufügen.

19
    Als Charles bei Augusta klopfte, machte Henry Roth auf und hob warnend die Hand. »Sie hat Besuch.«
    Riker hielt in der Küche Augusta Trebec Dienstmarke und Ausweis zur Begutachtung hin.
    Sie kniff die Augen zusammen und beugte sich tief über die Karte mit dem Foto des Sergeant. »Dazu brauche ich meine Brille. Bin gleich wieder da.« Sie nickte Charles im Vorbeigehen kurz zu und verschwand in dem Zimmer gegenüber der Diele.
    Brille?
    Charles hatte sie bisher noch nie mit Brille gesehen. Bei ihrer ersten Begegnung hatte er gestaunt, wie gut sie die kleine Schrift auf seiner Visitenkarte lesen konnte.
    Er wandte sich an Riker, der sich höchst interessiert im Zimmer umsah.
    »Soll ich raten? Du bist Henry gefolgt.«
    »Stimmt.« Riker drehte sich zu dem Bildhauer um und sprach langsam, weil er dachte, Henry müsse ihm die Worte von den Lippen ablesen. »Nicht Ihre Schuld,

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